Von unlauterem Wettbewerb sprechen Juristen immer dann, wenn Unternehmen entgegen der „guten Sitten“ operieren. Aktuell haben Richter am Bundesgerichtshof (BGH) diesen Vorwurf gegen Mediamarkt geprüft. Der Anlass: eine Werbeaktion, die sich an Schüler richtete. Der Elektronikkonzern stand wegen einer Werbeaktion vor Gericht. Die richtete sich an Schüler. Zwei Euro Rabatt auf sein Warensortiment versprach der Händler Kindern für jede Eins auf ihren Zeugnissen.
Werbung um Kinder ist nicht generell verboten
Geklagt hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Die Kampagne des Elektronikmarktes würde Schüler in unzulässiger Weise zum Kauf auffordern, argumentierten die Verbraucherschützer. Media Markt nutze die Unerfahrenheit dieser Kinder aus – ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.
Der BGH hat diesen Vorwurf nicht bestätigt. Damit folgten die Richter in ihrer Entscheidungsfindung den Vorinstanzen. Bereits das Landgericht hatte in der Berufung des Falls darauf verwiesen, dass die Werbung weder einen unangemessenen Einfluss auf die angesprochenen Kinder ausübe noch deren Unerfahrenheit ausn
Das Wettbewerbsrecht definiert sehr eng, wann Werbung um Kinder unlauter ist. „Kinder müssen zum einen unmittelbar aufgefordert werden“, sagt Oliver Brexl. Der Rechtsanwalt ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Geistiges Eigentum & Medien im Deutschen Anwaltverein (DAV). Es sei nicht generell verboten, Kinder zu umwerben. Ein gezielter Kaufapell sei Unternehmen allerdings nicht gestattet. „Zum anderen muss sich eine Werbung ausschließlich an Minderjährige und nicht etwa auch an Erwachsene richten, um als Werbung gegenüber Kindern als unzulässig eingestuft zu werden“, so Brexl.
Aus der Zeugnisaktion von Media Markt gehen Kinder als Adressaten klar hervor. Allerdings gewährte der Händler Schülern den Rabatt auf das gesamte Sortiment und verstößt deshalb nicht gegen die Verbotsnorm, auf die sich die Kläger unter anderem berufen. Demnach hätte der Elektronikmarkt ein einzelnes Produkt umwerben müssen, um gegen das Wettbewerbsrecht zu verstoßen.
Lego siezt seine Zielgruppe Kinder
Unternehmen wissen sich in der Regel vor Angriffen zu schützen. Der Spielzeughersteller Lego etwa siezt seine Zielgruppe Kinder im Online-Shop des Unternehmens. Da heißt es: „Erstellen Sie neue Charaktere mit witzigen Ergebnissen“ um einen Roboter aus Legosteinen zu umwerben. Oder: „Feiern Sie den 75. Geburtstag von Batman“. Rechtsanwalt Brexl findet diese Strategie auf den ersten Blick kurios: „Man würde genau an dieser Stelle eigentlich damit rechnen, dass der Kunde geduzt wird.“ Die verwendete Umgangssprache sei aber ein Indiz dafür, dass hier Kinder angesprochen werden sollen. Das „Sie“ werde von Lego eingesetzt, um nicht wegen unlauteren Wettbewerbs abgestraft zu werden.
Wettbewerber steigen sich nicht gegenseitig aufs Dach
Dass nun die Verbraucherzentrale gegen Media Markt vorgeht, findet Brexl symptomatisch. „Die Wettbewerber haben kein Verfolgungsinteresse“, sagt der Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Theoretisch hätte auch jeder Wettbewerber den Händler abmahnen können. Davon sähen in der Praxis Unternehmen aber ab: Firmen hätten schließlich kein Interesse daran, dass Werbung um Kinder strenger geahndet wird: „Da hackt keine Krähe der anderen ein Auge aus“, sagt der Rechtsanwalt.
„Wo kein Kläger, da kein Richter“
Deutlich wird dieses Prinzip zum Beispiel auch an Matratzen-Händlern. „Die werben andauernd unzulässig mit Rabatten und Ausverkauf“, so Brexl. Allerdings gehe dagegen niemand vor und deswegen würden die Verstöße auch nicht geahndet.
Fazit
Das Werbeverbot rund um die Zielgruppe Kinder ist eng gefasst. Unternehmen bleibt aber ein gewisser Spielraum, unlauteren Wettbewerb zu umgehen: Zum Beispiel, indem sie wie Lego ihre Zielgruppe Kinder siezen anstatt sie mit einem "Du" gezielt anzusprechen.
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- Datum
- Aktualisiert am
- 27.06.2014
- Autor
- kgl