Abgezockt?

Vertrags­ab­schluss am Telefon: Das sind Ihre Rechte

Vertragsabschluss am Telefon: Ist das erlaubt?

Verträge schließt jeder Mensch permanent ab: beim Kauf von Lebens­mitteln oder beim Entwerten eines Bus-Fahrscheins etwa. Dafür müssen die Vertrags­ge­gen­stände weder schriftlich aufgeführt, noch eine Unterschrift darunter gesetzt werden. Auch wer eine nichtun­ter­schriebene Rechnung erhält, kann dagegen nichts tun: Sie ist gültig.

Für einen gültigen Vertrag ist entscheidend, dass sich die zwei Vertrags­partner darüber einig sind, welche Leistung für welche Gegenleistung erbracht werden soll. Demnach ist ein mündlich und am Telefon geschlossener Vertrag, etwa über einen Mobilfunk­vertrag, genau so gültig wie ein im Handy-Shop unterschriebener. Es herrscht Vertrags­freiheit.

Widerrufsrecht bei Verträgen am Telefon

Doch gelten besondere Regeln für den Verkauf am Telefon bzw. für Verbrau­cher­verträge, wie Jürgen Widder erklärt. Der Rechts­anwalt ist Vorsit­zender im Landes­verband Nordrhein-Westfahlen des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) und erklärt: „Das Widerrufsrecht bei am Telefon abgeschlossenen Verträgen beträgt 14 Tage.“ Diese Frist gelte ab dem Moment, wo die Belehrung schriftlich beim Verbrauchen eingeht – und sie müsse eingehen, andernfalls ist die mündlich geschlossene Verein­barung nicht gültig. „Der Kunde ist also in einer entspannten Situation: ohne ordnungs­gemäße Belehrung keine Ingang­setzung der Frist“, sagt Rechts­anwalt Jürgen Widder.

Sollte der Kunde die Frist aber verstreichen lassen, wird es schwierig, sich aus dem mündlich verein­barten Vertrag heraus­zu­winden. So genannte Wieder­ein­set­zungs­mög­lich­keiten sind bei Fristver­säum­nissen grundsätzlich nur in den gesetzlich geregelten Fällen möglich. Solche Regeln gibt es u.a. im Zivilprozess oder in der Abgaben­ordnung. In Widerrufs­fällen eines mündlich geschlossenen Vertrags ist eine Wieder­ein­setzung nicht vorgesehen. Allerdings hat der Kunde ja hier auch den Vorteil, dass er etwas bestellt hat. Er kann also selber steuern. Das ist der Unterschied zu einer Klage oder einem behörd­lichem Bescheid.

Im Streitfall: Beweislast liegt beim Verkäufer

Im Falle eines (Rechts-)Streits um die verein­barten Vertrags­inhalte, ist die Beweis­führung kompliziert. Zwar können Gespräche aufgezeichnet werden, dies aber nur mit Einver­ständnis des Angerufenen – „und wenn er diese nicht erteilt hat, ist ein solcher unrecht­mäßiger Mitschnitt als Beweis­mittel auch nicht verwendbar“, sagt Rechts­anwalt Widder. Und auch wenn ein Mithörer ohne Kenntnis des Vertrags­partners das Telefon­ge­spräch belausche, komme er als Zeuge nicht in Betracht, so Widder. „Unzulässige Methoden können nicht zulässige Beweis­mittel schaffen.“

Sollte Aussage gegen Aussage stehen und es keinerlei Beweise für das Zustan­de­kommen des Vertrags geben (wie eben eines genehmigten Mitschnitts oder einer Widerrufs­be­lehrung, der die Vertrags­inhalte zusammenfasst und dem nicht widersprochen wurde), hat der Verbraucher gute Aussichten, dass er einen möglichen Rechts­streit gewinnt. Denn die Beweislast liegt in solchen Fällen beim Verkäufer.

Verbotene „Kalte Werbeanrufe“: Vertrag kann trotzdem gelten

Allein im ersten Quartal 2006 kam es laut einer Umfrage der Gesell­schaft für Konsum­for­schung zu über 80 Millionen unaufge­for­derten Anrufen in Deutschland. So genannte „Kalte Werbeanrufe“ sind seit 2009 verboten und können nach einem damals verabschiedeten Gesetz  mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Sie sind nur dann erlaubt, wenn der Angerufene zuvor ausdrücklich erklärt hat, dass er Anrufe dieser Art erhalten möchte.

Ansonsten aber sind sie verboten, doch kommen unerlaubte Werbeanrufe noch immer vor. Was passiert aber, wenn man bei einem solchen eigentlich unerlaubten Anruf einen Vertrag eingeht? „Gegen diese ‚cold calls’ gibt es viele Möglich­keiten der Gegenwehr“, sagt Jürgen Widder. Der Verbraucher könne sich mit Unterlas­sungs­an­sprüchen ebenso wehren, wie er sich an die Bundes­netz­agentur wenden könne. „Trotzdem ist ein so zustande gekommener Vertrag nicht automatisch nichtig. Hier hilft im Zweifel nur der Widerruf“, so Rechts­anwalt Widder.

Bestimmte Verträge müssen schriftlich festge­halten werden

Die Vertrags­freiheit gilt gleichwohl nicht in jeder Angele­genheit. Sehr wohl braucht es bei bestimmten Geschäften ein schrift­liches und unterschriebenes Dokument. Hierzu zählen Mietverträge von Wohnungen, die länger als ein Jahr laufen sollen. Und auch bei Bürgschafts­er­klä­rungen, Abzahlungs­ge­schäften, Testamenten oder Schuld­an­er­kennt­nissen müssen beide Parteien ein Papier unterzeichnen.

Fazit: So sollten sich Verbraucher bei Verträgen am Telefon verhalten

  1. „Nein“ sagen: Die sicherste Variante ist ein selbstbewusstes „Nein“ am Telefon. So geht man keinen Vertrag ein und muss auch keine bösen Überraschungen fürchten.

  2. Vertragsinhalte mündlich doppelt checken: Per se ist ein mündlicher Vertrag aber auch kein schlechter Vertrag und selbstverständlich gibt es viele seriöse Unternehmen, die Verträge übers Telefon abschließen. Da der Verbraucher aber keinen Text vor sich liegen hat, sollte er am Ende des Gesprächs den Verkäufer um eine Zusammenfassung der besprochenen Inhalte bitten.  
  1. Vertrag schriftlich zusenden lassen: Wem das nicht reicht, oder wer eine zusätzliche Absicherung will, sollte den Verkäufer bitten, ihm die Vertragsinhalte schriftlich zur Unterschrift zuzuschicken. Rechtsanwalt Widder weiß: „Seriöse Vertragspartner haben damit kein Problem.“
  1. Die Widerrufsbelehrung wahrnehmen: Mit dem Eingang der Widerrufsbelehrung bleiben 14 Tage Zeit, um schriftlich einen Widerspruch gegen den Vertrag einzulegen. Wer sich also anders entscheidet, kann dies direkt beheben.
  1. Anwalt einschalten: Sollten Sie sich über die Vertragsinhalte getäuscht haben – oder wurden Sie getäuscht – bleibt immer noch der Weg des Rechtsstreits. Zwar ist auch dieser Weg keine Sicherheit, dass Sie aus dem Vertrag herauskommen. Doch liegt immerhin die Beweislast beim Verkäufer.

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