Wer seiner Streupflicht nicht ausreichend nachkommt, begeht einen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht, warnt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Einen solchen Verstoß begeht auch, wer nur mit Hobelspänen streut. Er muss haften, wenn eine Person auf dem Weg stürzt. Denn Hobelspäne entfalten keine abstumpfende Wirkung, wie das Oberlandesgericht Hamm am 24. November 2011 (AZ: I-6 U 92/12) entschieden hat.
Streupflicht bei Eis- und Schneeglätte
Im zugrunde liegenden Fall war eine Frau im Januar 2011 auf dem Gehweg vor einem Haus gestürzt und hatte sich den Arm gebrochen. Ursache für den Sturz war Glätte. Die Frau war der Meinung, dass der Hauseigentümer gegen seine Verkehrssicherungspflicht verstoßen habe. Er habe lediglich Holzspäne als Streumittel eingesetzt.
Gericht: Hobelspäne kein geeignetes Streumittel bei Winterdienst
Nachdem das Landgericht die Klage noch abgewiesen hatte, hatte die Berufung der Frau vor dem Oberlandesgericht Erfolg. Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass ein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht vorlag. Ein Sachverständiger hatte ausgeführt, dass Hobelspäne keine abstumpfende Wirkung entfalten. Diese würden sich vielmehr mit Feuchtigkeit vollsaugen, so dass sie zu einer „Art Eisflocken mit Rutscheffekt“ würden.
Der Hauseigentümer verteidigte sich damit, dass aufgrund der lang andauernden winterlichen Witterung kein geeignetes Streumittel auf dem Markt verfügbar gewesen sei. Dies überzeugte das Gericht nicht. Es fehlten nähere Angaben, auch ob und wenn ja in welchem Umfang sich der Eigentümer vor Wintereinbruch bevorratet habe. Ebenso hätte er prüfen müssen, ob sich Hobelspäne überhaupt eigneten.
Eigentümer hat Verkehrssicherungspflicht, Klägerin Mithaftung
Das Gericht ging aber trotzdem davon aus, dass die Frau zu 50 Prozent selbst haften müsse. Sie habe eine erkennbar nicht ausreichend bestreute glatte Fläche betreten und sei deshalb gestürzt. Daher habe sie selbst die gebotene Vorsicht außer Acht gelassen.
Winterdienst: Streusalzknappheit keine Ausrede
Die DAV-Verkehrsrechtsanwälte warnen davor, pauschal zu behaupten, dass es keine Streumittel mehr auf dem Markt gegeben hätte. Das muss detailliert nachgewiesen werden können, wenn es zu einem Unfall kommt. Wer für den Winterdienst zuständig ist, sollte sich rechtzeitig eine ausreichenden Vorrat an Streumitteln anlegen. Greift man auf ein alternatives Streumittel zurück, muss man prüfen, ob dies überhaupt geeignet ist.
Die Entscheidung zeigt außerdem: Die Klägerin wurde für ihre Hartnäckigkeit belohnt. Obwohl das Landgericht die Klage abgewiesen hatte, war sie mit ihrer Berufung erfolgreich.
Quelle: www.verkehrsrecht.de
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- red/dpa