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- Seite 1 – Schadensmeldung nach zwei Tagen ausreichend
- Seite 2 – Schadensmeldung nach sechs Monaten zu spät
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Erfolgt die Schadensmeldung zwei Tage nach dem Unfall, ist dies immer noch „unverzüglich“. Die Ansprüche gegenüber der Versicherung erlöschen damit nicht. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 11. Dezember 2015 (AZ: 4 C 575/13).
Die Frau war mit ihrem Auto über einen Wildschweinkadaver gefahren. Bei ihrer Versicherung hatte sie eine Teilkaskoversicherung abgeschlossen, die auch Wildunfälle einschloss. An dem Auto entstand ein Schaden von rund 4.500 Euro, insbesondere an der Lenkung.
Die Versicherung wollte aus verschiedenen Gründen nicht zahlen. Zunächst einmal glaubte sie nicht an einen Wildtierunfall. Darüber hinaus hätte Autofahrerin den Unfall früher, nämlich unverzüglich, melden müssen.
Das Gericht holte ein Sachverständigengutachten ein und befragte mehrere Zeugen. Dabei stellte sich heraus, dass zum fraglichen Zeitpunkt tatsächlich Wildschweinkadaver an und auf der Fahrbahn lagen. Zuvor war ein Fahrzeug in eine Wildschweinrotte gefahren. Dabei verendeten fünf Tiere. Ein Polizeibeamter war daran beteiligt gewesen, die Wildschweine zur Seite zu transportieren.
Der Sachverständige kam außerdem zu dem Ergebnis, dass die Schäden an dem Fahrzeug durch das Auffahren auf einen „weichen“ Gegenstand entstanden waren.
Damit stand für das Gericht fest, dass es den Unfall wirklich gegeben hatte und die Frau nicht einfach nur versuchte, Altschäden geltend zu machen. Auch in der Meldung des Versicherungsfalls zwei Tage nach dem Unfall sah das Gericht keine schuldhafte Verzögerung durch die Frau. Dies sei immer noch „unverzüglich“. Im vorliegenden Fall habe sich die Klägerin einen Tag nach dem Unfall zumindest telefonisch bei der Versicherung gemeldet.
In einem anderen Fall musste die Versicherung für den Unfallschaden nicht mehr aufkommen, weil der Versicherte ihn zu spät gemeldet und bereits reparieren gelassen hatte. Der Mann meldete seiner Versicherung Mitte Juni 2016, dass die linke Seite seines Fahrzeuges streifenartig beschädigt worden sei. Den Unfallschaden habe er im Januar 2016 begutachten und dann noch im Januar für etwa 5.600 Euro reparieren lassen. Am Unfalltag habe er an seinem Porsche einen Zettel mit einem Namen und einer Mobilfunknummer vorgefunden. Damit habe er aber keinen Schädiger ermitteln können.
Die Versicherung meinte, sie müsse wegen der späten Meldung des Unfallschadens nicht zahlen. Zudem halte sie das Schadensbild für nicht plausibel und das vom Kläger eingeholte Gutachten für unbrauchbar. Daraufhin klagte der Mann, scheiterte aber nicht nur beim Landgericht in Essen, sondern auch beim Oberlandesgericht in Hamm.
Dem Gericht zufolge hätte der Mann, nach den Versicherungsbedingungen den Unfallschaden innerhalb einer Woche der Versicherung melden müssen - und nicht erst sechs Monate später. Es sei auch allgemein bekannt, dass ein Schadensfall zeitnah gemeldet werden müsse, so das Gericht weiter. Die Verpflichtung zur Schadensmeldung bestehe unabhängig davon, ob man einen Schädiger ermitteln könne.
Die Kaskoversicherung musste keinen Schadensersatz zahlen, weil der Kläger eine vertragliche Obliegenheit verletzt hat, die sogenannte Anzeigenobliegenheit (Oberlandesgericht Hamm, Entscheidung vom 21. Juni 2017, AZ: 20 U 42/17).
Grundsätzlich sind die Versicherten verpflichtet, alles dafür zu tun, den Schaden gering zu halten. Dazu gehöre auch, ihre Versicherung unverzüglich, also schnell, zu informieren. Dadurch solle die Versicherung in die Lage versetzt werden, umgehend die Unfallfolgen überprüfen und den Schaden feststellen zu können.
Verkehrsrechtsanwältinnen und -anwälte raten daher zu einer schnellen schriftlichen Information bei einem Unfall. Falls die Unfallmeldung telefonisch erfolgt, sollte man sich schon ein Aktenzeichen geben lassen und eine schriftliche Bestätigung erbitten.
Bei einem Unfall sollte man sich anwaltlich beraten lassen, um alle seine Ansprüche auch wirklich durchzusetzen. Zunächst aber auch, um alle Ansprüche zu erfahren. In der Regel übernehmen Kfz-Versicherungen nur Schadenspositionen, die auch geltend gemacht werden. Hat man Anspruch auf weiteren Schadensersatz, wie etwa für einen Haushaltsführungsschaden, wird dieser eben nicht freiwillig bezahlt, sondern nur wenn man es verlangt.