Auch abseits von Straßen kann es zu Verkehrsunfällen kommen, etwa auf öffentlichen Plätzen oder Parkplätzen. Natürlich gilt das auch für Flächen, die der Erholung dienen, wie dem Tempelhofer Feld in Berlin. Werden Unfälle auf solchen öffentlichen Flächen nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) geregelt?
Die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) gelten auf öffentlichen Flächen nicht unmittelbar. Viele Gerichte orientieren sich aber daran und einige Grundregeln können gelten. In einer Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom 14. September 2017 (AZ: 22 U 174/16) wurden einige Vorschriften der Straßenverkehrsordnung angewendet. Bei dem Fall ging es um einen Unfall auf dem Tempelhofer Feld in Berlin. Das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme wurde angewendet, nicht jedoch das Rechtsfahrgebot.
Der Fall: Unfall zwischen Fahrrad und Kettcar auf Freizeitgelände
Das Tempelhofer Feld ist ein beliebter Ort für Freizeitaktivitäten. Das Gelände wird unter anderem von Joggern, Inline-Skatern, Radfahrern und Fußgängern genutzt. In dem von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) mitgeteilten Fall ging es um einen Unfall zwischen einem Fahrrad und einem Kettcar.
Ein Mann war auf der zehn bis 15 Meter breiten Außenbahn des ehemaligen Flugplatzes, die um die ehemaligen Start- und Landebahnen herumführt, mit dem Rad unterwegs. In der Mitte dieser Außenbahn fuhr auch eine Gruppe von Kindern im Alter von acht bis vierzehn Jahren mit Kettcars nebeneinander. Das ganz rechte Kettcar, das vier Personen Platz bot, lenkte ein Kind. Hinten rechts saß der Betreuer der Gruppe. Es kam zu einem Zusammenstoß dieses Kettcars mit dem von hinten herannahenden Radfahrer, der dadurch über den Lenker fiel. Dabei zog er sich Brüche im linken Ellenbogen und an dem Mittelhandknochen einer Hand zu.
Unfallopfer verklagt Betreuer des Kettcar-Fahrers: Schmerzensgeld?
Zunächst klagte der Radfahrer vor dem Landgericht Berlin gegen den Arbeitgeber des Betreuers der Gruppe. Er forderte Schmerzensgeld, dessen Höhe er mit 7.000 Euro bis 13.000 Euro als angemessen ansah. Außerdem wollte er feststellen lassen, dass der Beklagte für alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall einstehen müsse. Der Mann behauptete, dass das Kettcar, mit dem er zusammengestoßen war, wie auch die anderen Kettcars plötzlich und unvorhersehbar schräg nach rechts ausgeschert sei. Der von ihm eingehaltene Sicherheitsabstand von fünf bis sieben Metern sei dadurch aufgebraucht worden.
Gericht: Kein Schmerzensgeld für Radfahrer
Die Klage scheiterte. Das Landgericht konnte nicht feststellen, dass ein Fehlverhalten des Betreuers vorlag. Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung ein. Er behauptete ergänzend, der Betreuer habe den Radfahrer wahrgenommen und trotzdem das Kommando gegeben: "Und jetzt alle nach rechts", woraufhin der Fahrer das Kommando wiederholt habe und alle Kettcars ungefähr in einem Winkel von 45 Grad nach rechts gefahren seien.
Das Kammergericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Nach Auffassung des Gerichts war dem Betreuer nicht vorzuwerfen, dass er den Kindern gestattet hat, mit den Kettcars auf der Außenbahn des Tempelhofer Feldes zu fahren. Das Gelände ist für den öffentlichen Straßenverkehr geöffnet. Das Tempelhofer Feld ist während der Öffnungszeiten allgemein zugänglich.
Kettcar-Regeln auf Freizeitgelände: Rechtsfahrgebot nein, Rücksichtnahme ja
Kettcars müssen sich auf einer regulären Straße an die für Fußgänger geltenden Vorschriften der StVO halte. Das heißt, sie müssen innerhalb geschlossener Ortschaften den rechten Fahrbahnrand nutzen. Diese Vorschrift ist auf dem ehemaligen Flughafengelände jedoch nicht anzuwenden. In dem Park ist nicht jeder Verkehr zugelassen und die Fläche dient nicht dem fließenden Verkehr, sondern der Freizeitgestaltung.
Die Verkehrsteilnehmer müssen allerdings die Grundregel der StVO einhalten, so das Gericht. Demnach müsse man stets Vorsicht und gegenseitige Rücksicht walten lassen und andere nicht gefährden. Dagegen habe der Betreuer auch nicht verstoßen.
Er habe den Verlauf des Unfalles so wie vom Kläger behauptet nicht bestätigt. Er habe nur den Lenker des Kettcars, das mit dem Radfahrer zusammengestoßen ist, angewiesen, nach rechts zu lenken, um einem links fahrenden Kettcar auszuweichen. Daran ist nichts falsch, stellte das Gericht fest. Vielmehr müsse man mit einer solchen Reaktion rechnen. Bei Gruppenfahrten sei zu erwarten, dass einzelne Fahrzeuge ihre Spur veränderten.
Auch wer sich gegen unberechtigte Ansprüche wehren muss, ist auf die Hilfe eines Rechtsanwalts angewiesen. Diesen findet man in der Anwaltssuche.
Quelle: www.verkehrsrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 11.01.2018
- Autor
- DAV