Seit vielen Jahren verzeichnen Mitfahrgelegenheiten für längere Fahrten über deutsche Autobahnen stetig Zuwachs. Vor möglichen Unfällen sind diese zufällig zusammengewürfelten Gruppen natürlich nicht gefeit, sodass Mitfahrer immer wieder vor der Frage stehen: Wer haftet wann und für was im Schadensfall?
Der Fahrer verursacht einen Unfall: Wie ist die Fahrgemeinschaft versichert?
Ereignet sich ein Unfall mit einem Auto, das eine Fahrgemeinschaft bildet und trägt der Fahrer Schuld daran, sind alle Mitfahrer grundsätzlich über die Kfz-Haftpflichtversicherung des Halters beziehungsweise des Fahrers versichert.
Normalerweise haftet der Halter des Fahrzeugs. Wenn dieser nicht auch der Fahrer ist, haftet letzterer nur bei eigenem Verschulden.
Eine häufig diskutierte Frage in Internetforen ist die nach der unbegrenzten Deckungssumme. Gesetzlich vorgeschrieben beträgt die Mindestversicherungssumme bei Personenschäden 7,5 Millionen Euro und pro einzelnen Mitfahrer 2,5 Millionen Euro. Doch kann diese Mindestversicherungssumme überschritten werden, etwa bei Unfällen mit einer in der Folge langen Wachkomaphase und entsprechend hohen Behandlungs- und Pflegekosten eines Mitfahrers.
Dennoch empfiehlt Rechtsanwalt Christian Janeczek von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) eine solche Erhöhung der Deckungssumme nicht generell: „In 99,9 Prozent der Fälle reichen die 7,5 Millionen Euro aus. Wer ganz sicher gehen will, kann diese Deckungssumme natürlich erhöhen.“ Das gelte dann allerdings nicht nur für Anbieter von Mitfahrgelegenheiten. Denn auch gegenüber Familienangehörigen hafte beispielsweise ein Halter beziehungsweise der Fahrer. „Das Familienprivileg gilt im Straßenverkehr nicht“, so Janeczek.
Wie sind Mitfahrer versichert, wenn den Fahrer keine Schuld am Unfall trifft?
In diesem Fall können Mitfahrer vom Fahrer dennoch Schmerzensgeld verlangen, denn hier greift die so genannte Gefährdungshaftung. Sie besagt: Halter haften für Schäden gegenüber den Insassen. Die Ansprüche können die betroffenen Mitfahrer direkt an den Kfz-Haftpflichtversicherer richten. Hier liegt die Deckungssumme allerdings niedriger: bei 600.000 Euro im Höchstfall.
Zudem kann das Unfallopfer auch vom Unfallverursacher mit Entschädigung etwa in Form von Schmerzensgeld rechnen. Sowohl der Halter des Fahrzeuges, in dem das Opfer saß, als auch Fahrer und Halter eines womöglich vorhandenen Verursacherfahrzeuges, haften als Gesamtschuldner.
Sollten Beifahrer eine Haftungsbeschränkungserklärung unterzeichnen?
Fahrer können eine so genannte Haftungsbeschränkungserklärung mitbringen und sie von den Beifahrern unterzeichnen lassen. Sie regelt, dass Mitfahrer auf eigene Gefahr mitfahren und mit Ausnahmen wie in Fällen grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz auf Ersatzleistungen verzichten – insofern diese nicht durch eine Versicherungsleistung ohnehin abgedeckt sind.
Konkret wird dies bei der Beschädigung von Gegenständen, die nicht üblicherweise am Körper mitgeführt werden, wie etwa eine Brille, die Kleidung und die Geldbörse. „Reisegepäck wird im Schadensfall von keiner Versicherung des Verursachers ersetzt. Um als Verursacher nicht selber zahlen zu müssen, kann eine solche Erklärung vor der Fahrt von den Mitfahrern unterzeichnet werden“, erklärt Verkehrsanwalt Janeczek.
Natürlich müssen sie die Erklärung nicht unterzeichnen – andererseits muss der Fahrer diese Personen dann auch nicht in seinem Auto mitnehmen.
Geht nun doch der Laptop oder das Musikinstrument bei einem Unfall kaputt, können Mitfahrer zuvor diese in die Policen zum Beispiel ihrer Reisegepäckversicherung oder der Hausratsversicherung aufnehmen. Manche übernehmen die Ersetzungskosten. Wer über beides nicht verfügt aber oft Mitfahrgelegenheiten nutzt, sollte über den Abschluss einer solchen Versicherung nachdenken.
Braucht man als Mitfahrer eine spezielle Insassenversicherung?
„Nein“, sagt der Rechtsanwalt aus Dresden. „Eine solche Versicherung ist nicht notwendig, da Personenschäden über die Kfz-Haftpflichtversicherung gedeckt sind.“
Gelten diese Regeln auch für die gewerbliche Beförderung?
Mitfahrgelegenheiten nehmen in aller Regel Geld, um die eigenen Betriebskosten am Wagen und der Fahrt zu decken – ein gewerbliches Geschäft ist es in den seltensten Fällen.
Die hier genannten versicherungstechnischen Regelungen gelten aber auch nur für die nichtgewerbliche Beförderung. Wer allerdings Geld mit solchen Fahrten verdient, könnte in Schwierigkeiten geraten. Rechtsanwalt Janeczek: „Für die Mitfahrer ändert sich dadurch zwar nichts, doch greift die Kfz-Haftpflichtversicherung für den Fahrer oder Halter des Wagen nicht, sollte es zu einem Unfall kommen.“ Das könnte Betroffenen teuer zu stehen kommen.
Zusammenfassung: Das müssen Mitfahrer zu Versicherungen wissen
- Sollte ein Unfall zu Verletzungen der Mitfahrer führen, springt die Kfz-Versicherung des Fahrers/Halters ein.
- Wenn ein Fremder der Unfallverursacher ist, haften sowohl der eigenen Fahrer/Halter, als auch der des Verursacherwagens.
- Versichert sind Gegenstände, die am Körper sind/liegen. Gepäck ist nicht automatisch versichert – außer man hat eine private Versicherung, die dafür aufkommt.
- Mitfahrer müssen keine Haftungsbeschränkungserklärung unterzeichnen.
Haben Sie Fragen zum Verkehrsrecht? In unserer Anwaltssuche finden Sie Expertinnen und Experten.
- Datum
- Aktualisiert am
- 23.01.2017
- Autor
- ndm/red