Cannabis am Steuer

Kiffen und Autofahren: Führer­schein­entzug erlaubt?

Kiffen am Steuer ist nicht erlaubt. Ab welchem THC-Gehalt im Blut ist aber der Entzug der Fahrerlaubnis gerechtfertigt? Das musste nun ein Gericht entscheiden. © Quelle: janifest/fotolia.com

Selbst­redend ist das Autofahren unter Cannabis­einfluss verboten. Dagegen ist der Kläger auch nicht vor das Bundes­ver­wal­tungs­gericht gezogen. Bei einer Verkehrs­kon­trolle wurde ihm jedoch Blut abgenommen und THC darin nachge­wiesen – womöglich aufgrund von Cannabis­konsum einige Tage zuvor. Da der Kläger „Wieder­ho­lungstäter“ war, wurde ihm aufgrund von gelegent­lichem Cannabis­konsum und der fehlenden Trennung dieses Konsums vom Fahren die Fahrerlaubnis vom Landratsamt entzogen.

Das Gericht hatte nun vor allem die Frage zu klären, inwiefern wegen Messun­ge­nau­ig­keiten ein Abschlag des THC-Werts im Blut erfolgen muss. Der Kläger hatte zur Zeit der Abnahme 1,3 Nanogramm THC im Blut – und damit zu viel, wie auch das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entschied, nachdem der Kläger bereits in den Vorinstanzen gescheitert war.

Urteil: Cannabis­konsum und Fahren muss strikt getrennt werden

Die Leipziger Richter teilten mit, dass nur dann von einer ausrei­chenden Trennung von Cannabis­konsum und Fahren ausgegangen werden kann, wenn eine cannabis­be­dingte Beeinträch­tigung seiner Fahrtüch­tigkeit unter keinen Umständen eintreten kann. In diesem Fall könne davon nicht ausgegangen werden, der THC-Pegel zeige dies.  

Christian Janeczek ist Fachanwalt für Verkehrsrecht in Dresden, Mitglied der Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV) und erklärt: „Das Gericht hat einmal mehr deutlich gemacht: Es ist egal, wie hoch der THC-Gehalt im Blut ist, es drohen Konsequenzen – so lange er über einem Nanogramm liegt.“

Die Obergrenze von einem Nanogramm steht zwar in keinem Gesetz, da zur Zeit der Verabschiedung der geltenden Gesetze die Messin­strumente schlicht nicht fein genug gewesen waren, um einen so niedrigen Wert zu messen. Doch hat sich diese Ansicht in den letzten Jahren vor Gerichten durchgesetzt.

Betäubungs­mittel werden weiterhin strenger geahndet als Alkohol

Rechts­anwalt Janeczek überrascht die Entscheidung nicht, sie sei im Sinne der Rechtsprechung des Gerichts in vorigen Fällen. Nichts­des­totrotz gibt er zu bedenken: „Die Einnahme von weichen Drogen wird somit auch weiterhin  strenger verfolgt werden, als jene von Alkohol, obwohl die Masse der Rechts­me­diziner der Auffassung sind, dass diese Unterscheidung nicht sinnvoll ist.“

Der Kläger war Wieder­ho­lungstäter, beim erstmaligen Erwischen bestand er eine medizinisch-psycho­lo­gische Untersuchung (MPU), ohne das ihm der Führer­schein entzogen wurde. Nun wurde der Führer­schein sofort entzogen.

Gleiche Rechts­auf­fassung in neueren Entschei­dungen

Rechts­sprechung verändert sich hier und da im Laufe der Jahre, in dieser Frage aber nicht. Im Januar 2016 entschied das Verwal­tungs­gericht Gelsen­kirchen dann auch die Beibehaltung des in der Rechtsprechung entwickelten Grenzwertes (AZ: 9 K 1253/15).

Geklagt hatten fünf Drogen­kon­su­menten, bei denen der zulässige Grenzwert von einem Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum festge­stellt wurde. Die Kläger hofften darauf, dass sich das Gericht an dem Ergebnis einer Experten­kom­mission orientiere. Diese emphiehl im September 2015 einen Grenzwert von drei Nanogramm.

Unterschiede zwischen Alkohol und Drogen am Steuer

Bei der Ahndung von Drogen­konsum im Straßen­verkehr wird unterschieden zwischen einmaligem, gelegent­lichem (ab dem zweiten Mal) und regelmäßigem Konsum. Allerdings unterscheiden sich auch die Folgen für Alkohol und Drogen am Steuer, wenn dadurch eine Ordnungs­wid­rigkeit begangen wird.

Alkohol

  • Einmalig: einmonatiges Fahrverbot, kein Entzug der Fahrerlaubnis oder MPU
  • wiederholt: Anordnung einer MPU erst bei Nichtbestehen Entzug der Fahrerlaubnis

Drogen

  • Einmalig: Anordnung einer MPU und bei Nichtbestehen Entzug der Fahrerlaubnis
  • Gelegentlich: Entzug der Fahrerlaubnis – wie in diesem Fall

„Bei weichen Drogen sind die Konsequenzen gleich viel weitrei­chender“, so Christian Janeczek.

Mischkonsum von Alkohol und Cannabis kann zum Fahrverbot führen

Vor einem knappen Jahr sorgte bereits eine andere Entscheidung dieses Gerichts für Aufsehen (Urteil vom 14. November 2013; Az.: 3 C 32.12). Damals entschieden die Leipziger Richter, dass der gelegentliche Konsum von Cannabis in Kombination mit Alkohol zum Führer­schein­entzug führen kann – und zwar auch dann, wenn der Konsument der Drogen nie berauscht hinterm Steuer gesessen hat.

Nach der Fahrerlaub­nis­ver­ordnung ist die Folge aus Mischkonsum der Führer­schein­entzug. Das Bewusstsein trübe sich derart ein, dass man die Selbst­kon­trolle verliere und es nur eine Frage der Zeit sei, bis man sich unter dem Einfluss jener Substanzen hinters Steuer setzen werde. Dieser Begründung der Führer­schein­behörde schloss sich das Bundes­ver­wal­tungs­gericht an. Verkehrs­rechts­experte Janeczek: „Diese Entscheidung aus dem letzten Jahr geht in eine vergleichbare Richtung, wie die nun getroffene.“

Verkehrs­ge­richtstag 2018: Grenzwert von 1 ng/ml nicht nachvoll­ziehbar

Dass Alkohol­konsum verkehrs­rechtlich anders behandelt wird als Cannabis­konsum war ein Schwer­punktthema des Verkehrs­ge­richtstages 2018 in Goslar. Die Anwältinnen und Anwälte der Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht im DAV bezweifeln, ob die unterschiedliche Behandlung gerecht­fertigt ist. Außerdem muss, so die Experten weiter, darüber nachgedacht werden, wie das Verkehrsrecht mit dem legalen Konsum von THC umgeht. Das betrifft zum Beispiel Menschen, die Cannabis aus medizi­nischen Gründen konsumieren.

„Die unterschiedliche Fahreig­nungs­be­trachtung zwischen Alkohol­konsum und Cannabis­konsum ist nicht nachvoll­ziehbar“, betont Rechts­anwalt Christian Janeczek. Nicht nachvoll­ziehbar sei auch, warum die Verwal­tungs­ge­richte nicht dem von der Grenzwert­kom­mission bereits 2015 empfohlenen Richtwert von einer THC Konzen­tration von 3 ng/ml im Blutserum folgen.

Die Grenzwert­kom­mission hat gemeint, dass man ab dann von einer Trennung von privatem Konsum und der Tauglichkeit am Straßen­verkehr teilzu­nehmen nicht mehr sprechen könnte. Die Grenzwerte hielten nicht nachvoll­ziehbar weiterhin an 1 ng/ml fest. „Es steht in Frage, ob die Praxis der Gerichte wissen­schaftlich belegbar ist, wenn beim Alkohol Bedenken erst ab 1,6 Promille bestehen“, so Janeczek weiter. Für die Verkehrs­si­cherheit komme es allein darauf an, ob der Betroffene zwischen Konsum und Teilnahme am Straßen­verkehr trennen könne.

Fazit: Wenn Cannabis, dann lange Wartezeit

Sowohl bei Alkohol-, als auch bei Drogen­konsum gilt generell: nicht hinter das Steuer setzen. Diese Verkehrs­teil­nehmer gefährden nicht nur sich, sondern auch alle anderen auf der Straße. Für Cannabis­kon­su­menten gilt das in besonderem Maße.

Ein Nanogramm kann nicht genau ausgemacht werden, wer einmal an einem Joint zieht, hat allerdings bereits mehr davon im Blut. Ähnlich wie bei der Promil­le­be­stimmung, gilt auch hier: Genau lässt sich das theoretisch nie sagen. Wer aber kifft, sollte einen gehörigen und langen „Sicher­heits­abstand“ wahren, ehe er zur nächsten Autofahrt ansetzt. Die endet sonst womöglich böse.