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- Seite 1 – Ordnungswidrigkeit begangen: Wie geht es weiter?
- Seite 2 – Wie kann ich Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid einlegen?
- Seite 3 – Was passiert, wenn ich einfach nicht zahle?
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An Anfang wird man bei einer Ordnungswidrigkeit erwischt – und am Ende steht womöglich ein Gerichtsverfahren. Dazwischen haben Verkehrssünder an mehreren Punkten Gelegenheit, auf ihre Strafe Einfluss zu nehmen. Wann Betroffene Einspruch einlegen können, wann sie sollten und wann ein Bußgeldbescheid verjährt.
Bußgelder müssen nie direkt bezahlt werden. Auch dann nicht, wenn es theoretisch möglich wäre – weil man zum Beispiel in Echtzeit beim Falschparken erwischt wird. „Die meisten Kommunen haben es leider abgeschafft, Bußgelder fürs Falschparken direkt begleichen zu können - das gilt auch für andere Verkehrsverstöße“, informiert Gesine Reisert, Rechtsanwältin für Verkehrsrecht und Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
„Zu fragen, ob das erteilte Bußgeld direkt bezahlt werden kann, ist an sich natürlich nicht strafbar“, kommentiert Rechtsanwältin Reisert. Etwas anderes gelte, wenn man den Kontrollbeamten abhalten wollte, seine Pflicht zu tun, oder ihn beschimpfe. „Zeigt der Kontrolleur den Falschparker daraufhin an, kann dieser auch belangt werden“, sagt die Rechtsanwältin weiter.
Können Falschparker, die eine Politesse beim Ausstellen des Strafzettels antreffen, in letzter Minute noch einen Parkschein über die geparkte Zeit lösen, und so um das Knöllchen herumkommen? Nein, sagt die Verkehrsrechtsexpertin. Das Knöllchen beziehe sich auf einen Parkverstoß in der Vergangenheit. Daran könne man nichts mehr ändern.
Anders sieht es aus, wenn man gerade angekommen ist, ein Ticket zieht, und in diesem Moment der Kontrolleur einen Strafzettel ausstellt. Dann kann man gegen das Knöllchen vorgehen – wenn nicht der Kontrolleur es selbst zurücknimmt.
Wer falsch geparkt hat und nicht rechtzeitig wieder bei seinem Auto ist, findet meist einen Strafzettel unter der Windschutzscheibe. Bei jedem anderen Verstoß wie zu schnellem Fahren erfolgt die Zustellung des Anhörungsbogens per Post. Darin wird der Betroffene dazu aufgefordert, die nach Bußgeldkatalog für den Verstoß fällige Geldbuße zu begleichen. Reagiert er nicht, kommt der Bußgeldbescheid. Dieser kann auch direkt, also ohne vorherige Zustellung des Anhörungsbogens, in den Briefkasten flattern.
Im Bußgeldbescheid fordert die Behörde die Betroffenen wieder auf, zu zahlen. Die hier geforderte Summer ist höher als die auf dem Strafzettel. Bezahlt man, hat sich der Fall in der Regel erledigt - außer man ist latenter Strafzettelsammler.
Alternativ kann man Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen. „Wenn man etwa selber nicht der Fahrer war, sollte dann auf jeden Fall Einspruch eingelegt werden“, sagt Christian Janeczek, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Und das auch dann, wenn man nicht wisse, wer gefahren sei. Das passiere etwa bei Dienstwagen ohne Fahrtenbuch.
„Bei den allermeisten Vergehen beträgt die Verjährungsfrist drei Monate“, erklärt Christian Janeczek von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im DAV. Nachzulesen sei dies in § 24 und § 26 des Straßenverkehrsgesetzes. Für schwere Verstöße, bei denen laut Bußgeldkatalog ein höheres Bußgeld fällig wird, kann die Frist auch länger sein. Aber auch der Bußgeldbescheid selbst kann verjähren. In diesen beiden Szenarien können Betroffene durch Verjährung darum herumkommen, das Bußgeld zahlen zu müssen.
Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid können Betroffene entweder selbst oder über einen Anwalt einlegen. „Der Einspruch muss schriftlich erfolgen, das heißt per Brief“, sagt Rechtsanwalt Frank Häcker, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht. Eine E-Mail sei nicht ausreichend. „Es ist zwar besser, in dem Text auch konkret den Begriff „Einspruch“ zu nennen“, fügt Rechtsanwalt Häcker hinzu. Der Widerspruch müsse aber nicht zwingend juristisch formuliert werden. Der Satz: ´Ich bin nicht damit einverstanden` sei auch in Ordnung.
Betroffene haben zwei Wochen Zeit, um Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einzulegen. Die Frist läuft ab Zustellung, also sobald der Bescheid im Briefkasten liegt. Nach Ablauf der Frist ist er rechtskräftig – solange man keinen besonderen Grund geltend macht, warum man keinen Einspruch einlegen konnte.
„Wenn man im Urlaub war, im Krankenhaus gelegen hat oder aus einem anderen Grund nicht rechtzeitig von dem Bußgeldbescheid erfahren hat, kann man Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragen“, rät Rechtsanwalt Häcker. Die zuständige Behörde müsse dann den Antrag prüfen und gewähre in der Regel die Wiedereinsetzung. Andernfalls können einen die Geldbuße, die Punkte in Flensburg und ein eventuell verhängtes Fahrverbot treffen – obwohl man vielleicht gar nichts falsch gemacht hat.
Nein, beim Einspruch gegen den Bescheid muss zunächst man keine Gründe angeben. Die Behörde muss so oder so prüfen, ob der Einspruch berechtigt ist. Falls ja, zieht sie den Bescheid zurück oder reduziert die Strafe. „Fast immer hält die Behörde den Bußgeldbescheid aber für berechtigt“, sagt der Rechtsanwalt aus Aschaffenburg. Sie leite ihn dann weiter zur Staatsanwaltschaft oder ans Amtsgericht. Kommt der Streit ums Bußgeld vor Gericht, muss der Betroffene allerdings Gründe für seinen Einspruch angeben. Hierbei kann ein Anwalt unterstützen.
Als nächstes erhält der Absender des Einspruchs eine Eingangsbestätigung. Das dauert vier Wochen bis sechs Monate, je nachdem, wie schnell die Behörde arbeitet. Mit der Eingangsbestätigung schickt sie den Termin zur Gerichtsverhandlung, bei der der Betroffene anwesend sein muss. Droht dort eine höhere Geldbuße, kündigt das Gericht dies in einem Schreiben an. Es bittet den Betroffenen dann, den Einspruch zurückzunehmen.
Wenn es zur Hauptversammlung kommt, muss der Richter den Sachverhalt prüfen und entscheiden. Gegen das Urteil kann man nur den sehr seltenen Fällen Berufung einlegen. Ist es rechtskräftig, wird die Geldstrafe wie bei einem Bußgeldbescheid vollstreckt. Bei einem Fahrverbot wird der Führerschein eingezogen. Manchmal bleibt die Geldbuße auch bestehen und Fahrverbot oder Punkte fallen durch das Urteil weg.
„Wird der Kläger freigesprochen, zahlt der Staat das Bußgeldverfahren und das Anwaltshonorar“, erklärt Rechtsanwalt Häcker. Wird das Verfahren eingestellt, bedeutet das für den Kläger faktisch einen Freispruch, da er um die Geldbuße herumkommt. Ein Fahrverbot tritt auch nicht in Kraft. Die Kosten des Verfahrens zahlt in der Regel der Staat, das Anwaltshonorar muss der Mandant aber selbst tragen.
Wenn der Betroffene eine Rechtschutzversicherung hat, übernimmt diese die Gebühren. Auch eine Blutanalyse – die zu den Verfahrenskosten zählt – zahlt die Versicherung. Sie springt auch ein, wenn der Versicherte verurteilt wurde, weil er vorsätzlich gegen die Regeln verstoßen hat. „Das gilt allerdings nur bei Bußgeldsachen“, warnt Rechtsanwalt Häcker. Im Strafrecht werde bei Vorsatz nicht gezahlt.
Am besten geht man zum Anwalt, sobald der Bußgeldbescheid im Briefkasten liegt und man sich entschieden hat, Einspruch einzulegen. Das gelte vor allem für jene, die eine Rechtschutzversicherung abgeschlossen haben. „Ein Anwalt hat Akteneinsichtsrecht“, sagt Rechtanwalt Häcker. Er könne überprüfen, ob der Vorwurf im Bußgeldbescheid auf falschen Tatsachen beruht und ob die Messung fehlerhaft ist oder jemand falsch ausgesagt hat.
Wer nicht zahlen will, legt besser Einspruch ein – sich einfach tot zu stellen, kann am Ende deutlich teurer werden als die Geldbuße. Legt man innerhalb der Frist keinen Einspruch ein und zahlt auch nicht, könnte bald der Gerichtsvollzieher vor der Tür stehen.
Für den, der sich beharrlich der Zahlung verweigert – auch wenn er dazu die Mittel hat und trotzdem bei ihm nicht vollstreckbar ist – sieht das Bußgeldverfahren eine spezielle Haftstrafe vor: die Erzwingungshaft. „Natürlich ist es ein exotischer Fall, dass jemand lieber hinter Gitter sitzt als den in der Regel vergleichsweise geringen Betrag zu bezahlen“, weiß Verkehrsrechtsexperte Janeczek. Nichtsdestotrotz ist das schon vorgekommen.
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