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Verkehr

Müssen Radfahrer einen Helm tragen?

Nur wenige Erwachsene tragen beim Fahrrad fahren einen Schutzhelm. © Quelle: Image Source/corbisimages.com

Erwachsene setzen beim Rad fahren nur selten einen Schutzhelm auf. Dabei sind bei Unfällen von Radfahrern im Straßen­verkehr Verlet­zungen am Kopf nicht selten. Wie sieht eigentlich die Rechtslage aus: Gibt es eine Helmpflicht für Rad fahrende Kinder und Erwachsene?

Nach Zahlen des Bundes­ver­kehrs­mi­nis­teriums setzen immer mehr Bundes­bürger einen Helm auf, bevor sie auf ihr Fahrrad steigen. Allerdings bewegen sich die Zuwächse bei der Helmquote von Erwachsenen auf bescheidenem Niveau. Insgesamt nutzen nur 15 Prozent aller Erwachsenen einen Helm, wenn sie auf ihr Fahrrad steigen. Bei Kindern bis zehn Jahren liegt die Helmquote dagegen bei 75 Prozent.

In Deutschland existiert keine Helmpflicht für Fahrrad­fahrer, doch damit steht die Bundes­re­publik interna­tional nicht allein da. Eine für erwachsene Fahrrad­fahrer geltende Helmpflicht ist weltweit eher selten und gilt nur etwa in Finnland, Australien und Neuseeland. Wenn Länder eine gesetzliche Helmpflicht kennen, dann gilt diese meist nur für Fahrrad fahrende Kinder und Jugendliche.

Wie viele Radfahrer werden bei Unfällen im Straßen­verkehr verletzt oder getötet?

Nach Angaben der Deutschen Verkehrswacht (DVW) erlitten im Jahr 2015 78.068 Radfahrer einen Unfall im Straßen­verkehr. Dabei wurden knapp 64.000 Radfahrer leicht verletzt, rund 14.000 schwer und 383 Radfahrer wurden getötet. Nach Angaben der DVW sind besonders radelnde Kinder bis 15 Jahre und Senioren ab 65 Jahre gefährdet.                      

Der Deutschen Gesell­schaft für Unfall­chirurgie (DGU) zu Folge verletzen Radfahrer sich bei Unfällen im Straßen­verkehr am häufigsten an Armen und Beinen, ein Viertel am Kopf. Bei den lebens­ge­fähr­lichen Verlet­zungen ist der Kopf laut DGU der mit 70 Prozent am häufigsten betroffene Körperteil. Deshalb plädiert die DGU vehement für eine Helmpflicht für Fahrrad­fahrer.

Fahrrad­fahrer ohne Schutzhelm im Straßen­verkehr unterwegs: verboten?

Allerdings wird sich die Forderung der DGU nach einer Helmpflicht nicht erfüllen. Zumindest hat der Bundes­ge­richtshof (BGH) im Jahr 2014 in einem wegwei­senden Urteil die Rechtslage bestätigt und die Freiheit von der Helmpflicht nicht abgeschafft. Damals entschied der BGH, dass Radfahrer, die ohne Helm auf ihrem Fahrrad unterwegs sind, schuldlos einen Unfall erleiden und sich dabei schwer am Kopf verletzen, nicht für die Folgen des Unfalls haften. Ihnen steht deshalb der volle Schadens­ersatz zu, Kürzungen des Schadens­er­satzes seien nicht gerecht­fertigt (AZ: VI ZR 281/13).

Der BGH verwies in seinem Urteil darauf, dass es in Deutschland keine allgemeine Helmpflicht für Fahrrad­fahrer gibt. Zwar könne jemandem auch ohne Helmpflicht eine Mitschuld angelastet werden, wenn er die nötige Sorgfalt außer Acht gelassen habe, um Schaden von sich abzuwenden. Das treffe aber nur zu, wenn „das Tragen von Schutz­helmen zur Unfallzeit nach allgemeinem Verkehrs­be­wusstsein zum eigenen Schutz erforderlich und zumutbar gewesen wäre“, so die Karlsruher Richter in ihrem Urteil.

„Allgemeines Verkehrs­be­wusstsein“ bedeutet, dass Helme im Straßen­verkehr allgemein üblich sind. Das sind sie bei erwachsenen Fahrrad­fahrern nicht, wie statis­tische Daten zeigen (siehe oben). Lesen Sie in diesem Artikel über den Fall, der dem BGH vorlag.

Schutzhelm und Regeln für Skifahrer: Helmpflicht auf der Skipiste

Demgegenüber existiert zum Beispiel im Wintersport sehr wohl ein „allgemeines Verkehrs­be­wusstsein“ in puncto Helm. „Bei Skifahrern gibt es zwar wie bei Radfahrern keine gesetzliche Helmpflicht, aber beim Skifahren ist es inzwischen üblich, dass auf den Pisten Helme getragen werden“, sagt der Hagener Rechts­anwalt Jörg Elsner von der Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV).

Weil Helme auf Skipisten inzwischen allgemein üblich sind, weisen Gerichte Skifahrern, die ohne Helm Ski fahren, in einen Unfall verwickelt werden und sich dabei verletzen, oft auch dann eine Mitschuld zu, wenn sie für den Unfall nicht verant­wortlich sind. In solchen Fällen müssen Skifahrer damit rechnen, dass ihr Anspruch auf Schadens­ersatz gekürzt wird.

Die allgemeine Üblichkeit von Helmen auf Skipisten hat zu einem indirekten Zwang geführt, beim Skifahren einen Helm aufzusetzen, wenn man nach einem Unfall zusätzlich zum gesund­heit­lichen Schaden nicht auch noch finanzielle Nachteile erfahren will. Die praktische Rechtsprechung von Gerichten hat für Skifahrer also eine „quasi-Helmpflicht“ geschaffen.

Datum
Aktualisiert am
25.04.2017
Autor
ime
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Themen
Fahrrad Helmpflicht Schadens­ersatz Unfall

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