Verstößt ein Radfahrer gravierend gegen seine Sorgfaltspflichten, kann er auch alleine haften, warnt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) und verweist auf eine entsprechende Entscheidung des Amtsgerichts München (Az.: 345 C 23506/12).
Fahrradfahrer in der falschen Richtung unterwegs: Alleinige Haftung
In dem verhandelten Fall wechselte eine Radfahrerin vom Radweg auf der linken Straßenseite auf die linke Fahrbahn der Straße. Die Radfahrerin war also kurzzeitig in der falschen Richtung unterwegs und wurde dort von einem Auto erfasst und verletzt. Ihre Klage auf Schmerzensgeld wies das Gericht jedoch ab, weil ihr Verschulden so überwiegend sei, dass eine Haftung der Autofahrerin alleine aufgrund der Betriebsgefahr des Autos entfalle.
Radfahrer überquert Straßenmündung trotz versperrter Sicht
Auch in einem anderen Fall, über den die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV informiert, musste der Fahrradfahrer alleine haften. Der spätere Kläger bog langsam in eine Straßeneinmündung ein, als es zum Unfall mit dem Radfahrer kam.
Der Fahrradfahrer näherte sich dabei von rechts. Er radelte entgegengesetzt zur Fahrtrichtung verbotenerweise auf dem Bürgersteig. Die Sicht nach links in die Straße hinein war ihm durch ein parkendes Auto versperrt. Dennoch überquerte er die Straßeneinmündung und stieß mit dem Auto zusammen. Durch den Unfall entstand ein Schaden an dem Wagen in Höhe von etwa 1.200 Euro. Die Versicherung des Fahrradfahrers regulierte lediglich 75 Prozent mit Hinweis auf die so genannte Betriebsgefahr des Autos.
Unfall zwischen Auto und Radfahrer: Rechtsanwalt holt mehr raus!
Mit Hilfe seines Rechtsanwalts wollte der Autofahrer aber den kompletten Schaden ersetzt bekommen. Dazu gehören im Übrigen auch die vorgerichtlichen und gerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Der geschädigte Fahrer des Fahrzeugs hat nämlich auch Anspruch darauf, dass die gegnerische Versicherung die Anwaltskosten übernimmt.
Die Zuhilfenahme eines Rechtsanwalts für Verkehrsrecht zahlte sich für den geschädigten Autofahrer aus: Das Amtsgericht Wiesbaden entschied am 1. Oktober 2015 (AZ: 91 C 1333/15), dass der Fahrradfahrer zu 100 Prozent haften muss.
Urteil: Fahrradfahrer haftet nach Unfall mit Auto komplett
Das Gericht warf dem Fahrradfahrer vor, nicht nur verbotenerweise auf dem Gehweg gefahren zu sein, sondern dies auch entgegengesetzt zur Fahrtrichtung. Außerdem habe der Radfahrer höchst leichtfertig gehandelt, indem er mit seinem Fahrrad über die Straßeneinmündung radelte, obwohl ihm die Sicht versperrt war. Er habe mit Wagen rechnen müssen, die in die Straße nach rechts einbiegen wollten. Daher entfalle hier die Betriebsgefahr des Autos. Dem Autofahrer könne man kein Verschulden vorwerfen, da er mit seinem Fahrzeug langsam auf den Einmündungsbereich zugerollt sei.
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