Die Karibik-Kreuzfahrt ist seit Monaten gebucht, Abendkleid und Anzug für das Captains-Dinner sind eingepackt und das Flugzeug ist pünktlich am Startpunkt der Kreuzfahrt gelandet. Doch auch eine perfekte Urlaubsplanung ist keine Garantie dafür, dass alles reibungslos abläuft. So kommt es immer wieder vor, dass Gepäck falsch verladen oder vergessen wird und nicht gleichzeitig mit den Passagieren am Zielort ankommt.
Koffer weg? Verlust sofort melden
Finden Fluggäste nach der Ladung am Zielort ihren Koffer oder Rucksack nicht auf dem Gepäckband vor, sollten sie sofort aktiv werden. Rechtsanwalt Paul Degott, Experte für Reiserecht und Mitglied im Deutschen Anwaltvereins (DAV), rät Reisenden, bei einem Gepäckverlust unbedingt die Formalien einzuhalten.
„Wer ein Gepäckstück vermisst, sollte sofort zur Lost & Found-Stelle beziehungsweise zum Gepäckermittlungsschalter am Flughafen gehen. Dort muss dann ein entsprechendes Schadensformular ausgefüllt werden“, erklärt der Rechtsanwalt aus Hannover. Reisende müssten dann ihr Gepäck beschreiben und gegebenenfalls Angaben zum Inhalt machen. Das müsse schriftlich erfolgen.
Bei Gepäckverlust: Airline ersetzt nur notwendige Einkäufe
Die Lost & Found-Stelle am Flughafen ist zwar die richtige Stelle für Gepäckverlustmeldungen. Die Ansprüche der Reisenden bestehen jedoch gegenüber der Airline. Deshalb muss diese auch dafür sorgen, dass die Reisenden die Zeit überbrücken können, bis das Gepäck wieder aufgetaucht ist.
Manche Fluglinien bieten den Fluggästen bei einem Gepäckverlust ein sogenanntes Overnight-Kit an, also eine Zusammenstellung der wichtigsten Toilettenartikel für die erste Nacht ohne Gepäck. Zudem ersetzen die Fluglinien in der Regel die Kosten für notwendige Einkäufe, zum Beispiel Kleidung zum Wechseln, Unterwäsche, Toilettenartikel etc.
Notwendigkeit ist hier der Dreh- und Angelpunkt. „Wenn es um die Erstattung geht, zeigen die Airlines sich unterschiedlich großzügig. Übernommen werden in der Regel nur Kosten für dringend erforderliche Einkäufe“, erklärt Rechtsanwalt Degott. Wichtig sei es, die Kassenzettel aufzuheben.
Was im Einzelfall notwendig ist, richtet sich nach den Ansprüchen und Bedürfnissen der Reisenden und nach der geplanten Reiseart. Wer an einem Ort bleibt und dort einen Badeurlaub verbringen möchte, hat weniger Ersatzbedarf als jemand, der zum Beispiel auf eine Hochzeit eingeladen ist. Für eine Abendgarderobe inklusive Schuhen und Accessoires können schnell hohe Summen zusammen kommen. Weigert die Airline sich, solche Kosten zu erstatten, sollten Reisende genau darlegen können, dass sie die Einkäufe ausschließlich für diesen Anlass getätigt haben.
Einen solchen Fall bekam kürzlich das Amtsgericht Frankfurt a. M. auf den Tisch. In dem Fall war ein Mann von Frankfurt nach Malta gereist. Sein Gepäck kam zunächst nicht an. Als er gelandet war, informierte ihn die Fluggesellschaft, dass es erst am nächsten Tag eintreffen würde. Der Mann kaufte daraufhin Kleidung und Kosmetik für rund 1.300 Euro und verlangte das Geld von der Fluggesellschaft zurück.
Als diese ihm nur die pauschalen 300 zahlte, klagte er. Er gab an, einen Geschäftstermin gehabt zu haben und aus gesundheitlichen Gründen auf bestimmte Kosmetika angewiesen zu sein. Das Amtsgericht überzeugte er damit nicht, es gab der Fluggesellschaft Recht. (Urteil vom 01. Juni 2017, AZ: 30 C 570/17 (68)).
Koffer bleibt verschwunden: Airline muss Schadensersatz zahlen
In der Regel tauchen Gepäckstücke innerhalb von ein paar Tagen wieder auf. Sie werden dann nachgeliefert, zum Beispiel ins Hotel. Dennoch ist es möglich, dass der Koffer verschwunden bleibt, zum Beispiel weil er gestohlen wurde. In diesem Fall ist die Airline schadenersatzpflichtig. Sie muss Schadensersatz sowohl für den Koffer oder die Tasche als auch den Inhalt zahlen.
„Wenn das verlorene Gepäck zwei bis drei Wochen nach dem Flug nicht wieder aufgetaucht ist, sollten Sie der Fluggesellschaft den Totalverlust melden“, informiert Rechtsanwalt Degott. Die Höhe des Schadens, also der Wert des abhanden gekommenen Gepäcks und seines Inhalts, müsse dann belegt werden. Dazu sei es sinnvoll, vorher vom Inhalt des Koffers ein Foto als Erinnerungsstütze zu machen.
Obergrenze für Schadensersatz bei verlorenem Gepäck
Reisende erhalten maximal einen Schadensersatz bis 1.200 Euro. So regelt es das Montrealer Übereinkommen mit seinen Vorschriften zu Haftungsfragen im internationalen zivilen Flugverkehr. Die Summe von 1.200 Euro gilt pro Reisendem, nicht pro Gepäckstück. Wichtig ist außerdem, dass es sich dabei um eine Haftungsobergrenze und nicht um eine Pauschale handelt. Auch wer Wertvolleres im Koffer hatte, muss sich also mit dieser Summe begnügen. Befinden sich in einem Koffer Gegenstände von zwei Reisenden, kann aber bis zur doppelten Obergrenze Schadensersatz gefordert werden.
Handgepäck verloren: Diebstahl muss nachgewiesen werden
Geht im Flugzeug Handgepäck verloren, ist es noch schwieriger, Schadensersatz bei der Fluggesellschaft geltend zu machen. Hier gilt eine strikte Verschuldungshaftung: Wer Handgepäck vermisst, muss nachweisen, dass jemand von der Kabinenbesatzung einen Fehler gemacht und etwas gestohlen hat. Hat man den Diebstahl nicht selbst beobachtet, ist das kaum möglich.
Bahnreisen: Schadensersatz-Obergrenze bei Gepäckverlust
Nicht alle fliegen in den Urlaub. Gerade bei Zielen in Deutschland oder den Nachbarländern reisen viele mit dem Zug. Geht im Zug Handgepäck verloren, gilt auch hier eine strenge verschuldensabhängige Haftung. Bei Gepäck, das bei der Bahn aufgegeben und verschickt wird, haben Reisende bei Verlust eine bessere Chance auf Schadensersatz, weil hier das Verschulden der Bahn vermutet wird. Kommt der Koffer oder die Tasche später am Zielort an als geplant, zahlt die Bahn für jeden Tag der Verspätung eine Entschädigung.
Taucht das Gepäckstück nicht wieder auf, haben Reisende auch hier Anspruch auf eine pauschale Entschädigungssumme. Diese fällt höher aus, wenn sie nachweisen können, dass der Schaden höher liegt, weil sich zum Beispiel Schmuck oder teure Kleidung im Koffer befunden haben. Auch hier gibt es allerdings eine Obergrenze. Außerhalb Deutschland variieren die Fahrgastrechte je nach Bahn-Gesellschaft.
- Datum
- Aktualisiert am
- 24.03.2016
- Autor
- vhe