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Verlorenes Gepäck

Koffer weg: Welche Rechte haben Reisende bei Gepäck­verlust?

Geht man am Gepäckband am Flughafen leer aus, ist das kein guter Start in den Urlaub - aber auch kein Grund zu verzweifeln. © Quelle: Jackson/fotolia.com

Bevor es auf Reisen geht, will der Koffer, die Reisetasche oder der Rucksack gepackt werden. Viele Urlauber planen tagelang, was sie mitnehmen möchten. Umso größer ist der Schock, wenn das Gepäck verloren geht und nicht wie geplant am Urlaubsort ankommt. Ein Grund zur Panik ist das allerdings nicht: Fluggäste haben bei Gepäck­verlust Ansprüche gegen die Flugge­sell­schaft und dürfen auf deren Kosten die ersten Tage überbrücken.

Die Karibik-Kreuzfahrt ist seit Monaten gebucht, Abendkleid und Anzug für das Captains-Dinner sind eingepackt und das Flugzeug ist pünktlich am Startpunkt der Kreuzfahrt gelandet. Doch auch eine perfekte Urlaubs­planung ist keine Garantie dafür, dass alles reibungslos abläuft. So kommt es immer wieder vor, dass Gepäck falsch verladen oder vergessen wird und nicht gleich­zeitig mit den Passagieren am Zielort ankommt.

Koffer weg? Verlust sofort melden

Finden Fluggäste nach der Ladung am Zielort ihren Koffer oder Rucksack nicht auf dem Gepäckband vor, sollten sie sofort aktiv werden. Rechts­anwalt Paul Degott, Experte für Reiserecht und Mitglied im Deutschen Anwalt­vereins (DAV), rät Reisenden, bei einem Gepäck­verlust unbedingt die Formalien einzuhalten.

„Wer ein Gepäckstück vermisst, sollte sofort zur Lost & Found-Stelle beziehungsweise zum Gepäck­er­mitt­lungs­schalter am Flughafen gehen. Dort muss dann ein entspre­chendes Schadens­formular ausgefüllt werden“, erklärt der Rechts­anwalt aus Hannover. Reisende müssten dann ihr Gepäck beschreiben und gegebe­nenfalls Angaben zum Inhalt machen. Das müsse schriftlich erfolgen.

Bei Gepäck­verlust: Airline ersetzt nur notwendige Einkäufe

Die Lost & Found-Stelle am Flughafen ist zwar die richtige Stelle für Gepäck­ver­lust­mel­dungen. Die Ansprüche der Reisenden bestehen jedoch gegenüber der Airline. Deshalb muss diese auch dafür sorgen, dass die Reisenden die Zeit überbrücken können, bis das Gepäck wieder aufgetaucht ist.

Manche Fluglinien bieten den Fluggästen bei einem Gepäck­verlust ein sogenanntes Overnight-Kit an, also eine Zusammen­stellung der wichtigsten Toilet­ten­artikel für die erste Nacht ohne Gepäck. Zudem ersetzen die Fluglinien in der Regel die Kosten für notwendige Einkäufe, zum Beispiel Kleidung zum Wechseln, Unterwäsche, Toilet­ten­artikel etc.

Notwen­digkeit ist hier der Dreh- und Angelpunkt. „Wenn es um die Erstattung geht, zeigen die Airlines sich unterschiedlich großzügig. Übernommen werden in der Regel nur Kosten für dringend erforderliche Einkäufe“, erklärt Rechts­anwalt Degott. Wichtig sei es, die Kassen­zettel aufzuheben.

Was im Einzelfall notwendig ist, richtet sich nach den Ansprüchen und Bedürf­nissen der Reisenden und nach der geplanten Reiseart. Wer an einem Ort bleibt und dort einen Badeurlaub verbringen möchte, hat weniger Ersatz­bedarf als jemand, der zum Beispiel auf eine Hochzeit eingeladen ist. Für eine Abendgar­derobe inklusive Schuhen und Accessoires können schnell hohe Summen zusammen kommen. Weigert die Airline sich, solche Kosten zu erstatten, sollten Reisende genau darlegen können, dass sie die Einkäufe ausschließlich für diesen Anlass getätigt haben.

Einen solchen Fall bekam kürzlich das Amtsgericht Frankfurt a. M. auf den Tisch. In dem Fall war ein Mann von Frankfurt nach Malta gereist. Sein Gepäck kam zunächst nicht an. Als er gelandet war, informierte ihn die Flugge­sell­schaft, dass es erst am nächsten Tag eintreffen würde. Der Mann kaufte daraufhin Kleidung und Kosmetik für rund 1.300 Euro und verlangte das Geld von der Flugge­sell­schaft zurück.

Als diese ihm nur die pauschalen 300 zahlte, klagte er. Er gab an, einen Geschäfts­termin gehabt zu haben und aus gesund­heit­lichen Gründen  auf bestimmte Kosmetika angewiesen zu sein. Das Amtsgericht überzeugte er damit nicht, es gab der Flugge­sell­schaft Recht. (Urteil vom 01. Juni 2017, AZ: 30 C 570/17 (68)).

Koffer bleibt verschwunden: Airline muss Schadens­ersatz zahlen

In der Regel tauchen Gepäck­stücke innerhalb von ein paar Tagen wieder auf. Sie werden dann nachge­liefert, zum Beispiel ins Hotel. Dennoch ist es möglich, dass der Koffer verschwunden bleibt, zum Beispiel weil er gestohlen wurde. In diesem Fall ist die Airline schaden­er­satz­pflichtig. Sie muss Schadens­ersatz sowohl für den Koffer oder die Tasche als auch den Inhalt zahlen.

„Wenn das verlorene Gepäck zwei bis drei Wochen nach dem Flug nicht wieder aufgetaucht ist, sollten Sie der Flugge­sell­schaft den Totalverlust melden“, informiert Rechts­anwalt Degott. Die Höhe des Schadens, also der Wert des abhanden gekommenen Gepäcks und seines Inhalts, müsse dann belegt werden. Dazu sei es sinnvoll, vorher vom Inhalt des Koffers ein Foto als Erinne­rungs­stütze zu machen.

Obergrenze für Schadens­ersatz bei verlorenem Gepäck

Reisende erhalten maximal einen Schadens­ersatz bis 1.200 Euro. So regelt es das Montrealer Überein­kommen mit seinen Vorschriften zu Haftungs­fragen im interna­tionalen zivilen Flugverkehr. Die Summe von 1.200 Euro gilt pro Reisendem, nicht pro Gepäckstück. Wichtig ist außerdem, dass es sich dabei um eine Haftungs­ober­grenze und nicht um eine Pauschale handelt. Auch wer Wertvolleres im Koffer hatte, muss sich also mit dieser Summe begnügen. Befinden sich in einem Koffer Gegenstände von zwei Reisenden, kann aber bis zur doppelten Obergrenze Schadens­ersatz gefordert werden.

Handgepäck verloren: Diebstahl muss nachge­wiesen werden

Geht im Flugzeug Handgepäck verloren, ist es noch schwieriger, Schadens­ersatz bei der Flugge­sell­schaft geltend zu machen. Hier gilt eine strikte Verschul­dungs­haftung: Wer Handgepäck vermisst, muss nachweisen, dass jemand von der Kabinen­be­satzung einen Fehler gemacht und etwas gestohlen hat. Hat man den Diebstahl nicht selbst beobachtet, ist das kaum möglich.

Bahnreisen: Schadens­ersatz-Obergrenze bei Gepäck­verlust

Nicht alle fliegen in den Urlaub. Gerade bei Zielen in Deutschland oder den Nachbar­ländern reisen viele mit dem Zug. Geht im Zug Handgepäck verloren, gilt auch hier eine strenge verschul­dens­ab­hängige Haftung. Bei Gepäck, das bei der Bahn aufgegeben und verschickt wird, haben Reisende bei Verlust eine bessere Chance auf Schadens­ersatz, weil hier das Verschulden der Bahn vermutet wird. Kommt der Koffer oder die Tasche später am Zielort an als geplant, zahlt die Bahn für jeden Tag der Verspätung eine Entschä­digung.

Taucht das Gepäckstück nicht wieder auf, haben Reisende auch hier Anspruch auf eine pauschale Entschä­di­gungssumme. Diese fällt höher aus, wenn sie nachweisen können, dass der Schaden höher liegt, weil sich zum Beispiel Schmuck oder teure Kleidung im Koffer befunden haben. Auch hier gibt es allerdings eine Obergrenze. Außerhalb Deutschland variieren die Fahrgast­rechte je nach Bahn-Gesell­schaft.

Datum
Aktualisiert am
24.03.2016
Autor
vhe
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Themen
Flug Haftung Reisen

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