
Auch wenn viele Reisende oft aufstöhnen, wenn sie an die Deutsche Bahn denken: Das Schienennetz der DB ist eines der dichtesten der Welt, etwa 37.000 Zugfahrten finden in Deutschland täglich statt und die allermeisten mit Zügen der Deutschen Bahn. Über diese flexible Strecken- und Zeitenwahl würden sich viele Reisende anderer Nationen freuen.
Doch keine Frage: Immer wieder mal kommt es zu Ärgernissen, meist hängen sie mit Verspätungen zusammen. Dass die Deutsche Bahn in diesen Fällen ihre Fahrgäste aber entschädigt, ist den meisten inzwischen bekannt. Doch stellen sich – besonders im Sommer – noch weitere Fragen rund um die Rechte Reisender.
Ausfall der Klimaanlage
Im Sommer kommt es in Zügen der Deutschen Bahn hin und wieder zum Ausfall der Klimaanlage. Einen Anspruch auf Entschädigung gibt es allerdings nicht in jedem Fall. Denn entsprechende Vorfälle sind in den Fahrgastregeln nicht benannt.
Unter Umständen können betroffene Fahrgäste Ansprüche auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld haben, durch das Haftpflichtgesetz. Es sieht Schadensersatz vor, wenn ein Unternehmen „Leib, Leben und Eigentum“ anderer gefährdet. Das wäre dann der Fall, wenn ein Reisender beispielsweise erhebliche Probleme mit dem Kreislauf bekommt – insbesondere bei älteren Fahrgästen kann diese „Nebenwirkung“ auftreten. Betroffene sollten in diesem Fall nicht nur den Kontakt zu anderen Zeugen herstellen, um den Vorfall später belegen zu können. Um den Anspruch geltend zu machen, sollte man sich an eine Anwältin oder einen Anwalt wenden.
Doch gibt es einen weiteren Weg, über den man – indirekt – mitunter Anspruch auf eine Entschädigungszahlung haben kann. Dann nämlich, wenn Reisende aufgrund des Ausfalls der Klimaanlage in einen anderen Zug umsteigen müssen, der dann später am Zielbahnhof eintrifft als das gebuchte Ticket vorhersagt. Ab 60 Minuten Verspätung erstattet die Bahn 25 Prozent des Ticketpreises, ab 120 Minuten sogar die Hälfte.
Ohne sich vorher den Ausfall der Klimaanlage durch einen Schaffner schriftlich bestätigen zu lassen, sollte allerdings kein Fahrgast aus dem Zug aussteigen, um einen späteren zu nehmen. Denn einen Rechtsanspruch auf eine Fahrpreiserstattung gibt es nicht, wenn ein Bahnmitarbeiter dies nicht „genehmigt“.
Sollte es tagelang aber in verschiedenen Zügen sommerlich heiß sein, können Fahrgäste durchaus auf Kulanz des Unternehmens hoffen, auch wenn eine schriftliche Bestätigung des Schaffners nicht stattgefunden hat. „Suchen“ Sie hierzu den Schaffner, sollte er sich nicht in Ihrem Wagen aufhalten. Spätestens in seinem Abteil sollten Sie fündig werden.
Nichtsdestotrotz handelt es sich hierbei oft nicht um eine eigens zu treffende Entscheidung. Denn in der Regel nimmt die Bahn Züge recht schnell aus dem Verkehr, bei denen die Klimaanlage nicht funktioniert. Die möglichen Folgen: weniger Bahnen auf den Gleisen und Verspätungen und Überfüllung der fahrenden Züge.
Überfüllte Züge und Fehlen des reservierten Platzes
Wer für 4,50 Euro einen Platz reserviert hat, möchte den auch nutzen – erst recht, wenn der Zug überfüllt ist und viele Passagiere im Gang stehen müssen. Doch kommt es immer mal wieder vor, dass der Wagen mit dem gebuchten Platz nicht Teil des Zuges ist.
In diesem Fall haben Reisende Anspruch auf die Erstattung der Reservierungskosten. Dafür braucht es keine Bestätigung des Schaffners, da die Bahn im eigenen System nachschauen kann, welche Wagen eingesetzt wurden.
Allerdings müssen Betroffene ein Kontaktformular ausfüllen und zusammen mit dem Reservierungsnachweis zur Bahn schicken. Das Porto muss der Kunde zahlen. Alternativ kann man aber auch zu einem Reisezentrum oder zu einem Service Point (neu: DB Information) am Bahnhof gehen – und sich die Briefmarke so sparen.
Ist der Zug brechend voll und wollten sich Reisende die Euros der Sitzplatzreservierung sparen, lässt sich allerdings nichts machen: dann müssen sie stehen oder sich in einen Gang quetschen und auf ihre Tasche setzen.
Übernachtungs-, Bus- und Taxikosten
Die Bahn entschädigt Fahrgäste auch mit anderen Leistungen als „nur“ einer Teilerstattung des Reisepreises. Wenn ein Zug mindestens 60 Minuten verspätet eintrifft, dadurch beispielsweise der Anschlusszug verpasst wird und auch kein späterer Zug mehr fährt, muss das Unternehmen eine Hotelübernachtung zahlen. Die Kosten sollen „angemessen“ sein, fünf Sterne sind also eher nicht drin.
Zudem gibt es unter Umständen die Möglichkeit des Fahrzeugwechsels. Allerdings müssen hier zwei Bedingungen erfüllt sein: Die planmäßige Ankunftszeit muss zwischen 0 und 5 Uhr liegen und der Zug muss über 60 Minuten Verspätung haben.
Dann darf auf einen Bus oder ein Taxi umgestiegen werden; die Kosten dürfen bei maximal 80 Euro liegen, die entweder im Nachhinein erstattet oder in Form eines Gutscheins ausgehändigt werden. Doch sollten Betroffene nicht einfach so in ein Taxi springen: Hierzu müssen sie vorher Rücksprache an einem Informationsschalter am Bahnhof gehalten haben.
Fahrschein oder dazugehörige Legitimation vergessen
Immer mehr Menschen reisen mit ausgedruckten Online- oder mit digitalen Handy-Tickets. Was aber, wenn das Handy zum Beispiel keinen Akku mehr hat oder das Online-Ticket vergessen zu Hause liegt? Auch Legitimationsnachweise werden immer wieder mal verschusselt: die Kreditkarte zum Beispiel, oder auch die BahnCard.
Ähnlich wie beim Öffentlichen Personennahverkehr, bei dem eine vergessene Monatskarte nachgezeigt werden kann, gilt das auch bei der Deutschen Bahn.
Wer also eine persönliche Fahrkarte bei der Kontrolle nicht vorzeigen kann, diese aber im Vorfeld gekauft hatte, hat die Möglichkeit der nachträglichen Vorlage innerhalb einer Frist von bis zu 14 Tagen. Dabei gelten die jeweiligen Tarifbestimmungen der Verbünde. In diesem Fall fällt aber dennoch eine Gebühr an, die maximal sieben Euro beträgt. Im Bahndeutsch nennt sich das „Fahrpreisnacherhebung“.
Konkret das Vergessen der BahnCard hat sogar schon ein Gericht beschäftigt. Das Amtsgericht München entschied Ende 20102: Mehr als sieben Euro darf die Bahn nicht berechnen, solange der Kunde seine BahnCard innerhalb von einer Woche nach der Fahrt am Schalter vorlegt (AZ: 173 C 21023/12). Die Frist könne sich auch verlängern.
Wer also auf Nummer sicher gehen will, sollte nicht die ganzen 14 Tage ausschöpfen, auch wenn die Bahn diese Zeitspanne selber angibt. Wer den Zahlungstermin nicht einhält, erhält dann eine kostenpflichtige Mahnung.
Allerdings: „Übertragbare Fahrkarten können für die nachträgliche Vorlage nicht anerkannt werden“, heißt es auf der Website der Bahn. Damit ist etwa eine VBB-Umweltkarte in Berlin gemeint. Die S-Bahn zählt nämlich zur Deutschen Bahn.
Bahnfahrt ohne gültiges Ticket
Kniffliger wird es, wer ganz ohne Ticket in einen Zug gestiegen ist, in dem man dann auch keinen Fahrschein mehr lösen kann, wie etwa, um beim Beispiel zu bleiben, in der Hamburger oder Berliner S-Bahn. In diesem Fall fällt ein erhöhter Fahrpreis an, der das Doppelte des gewöhnlichen Fahrpreises beträgt, „mindestens jedoch 40 Euro“, wie die Bahn mitteilt.
Womöglich ist dieser Eintrag aber noch nicht aktualisiert, da seit dem 1. Juli 2015 60 Euro zu zahlen sind, wer beim Schwarzfahren im Öffentlichen Personennahverkehr erwischt wird.
Das jeweilige Beförderungsunternehmen kann darüber hinaus auch Strafanzeige stellen, denn Schwarzfahrer machen sich nach § 265a Strafgesetzbuch durch das Erschleichen von Leistungen strafbar. Hier kann sogar einen Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr drohen.
Ansprüche im Streikfall
Bis vor wenigen Wochen lief der längste Streik in der Unternehmensgeschichte der Deutschen Bahn. Und auch wenn nun ein neuer Tarifvertrag geschlossen wurde: Der nächste Streik kommt bestimmt. Irgendwann. Welche Rechte Reisende in dieser Zeit genießen, können Sie hier nachlesen.
Entschädigung: Wo man sich beschweren kann
Sollten Fahrgäste einen Anspruch auf Entschädigung erkennen – aus welchem Grund auch immer – und hat werder die Konsultation eines Informationsschalters noch eine Telefonat mit der Servicehotline Erfolg gebracht, können sich Reisende an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr wenden. Die zentrale Aufgabe dieser Stelle ist die außergerichtliche und einvernehmliche Regelung von Streitfragen zwischen Verkehrsunternehmen und ihren Fahrgästen. Wer Probleme im Nahverkehr hat, kann sich auch an die jeweilige Regionale Schlichtungsstelle wenden.
Zusammenfassung
- Verspäteter Zug: Bei Zugverspätungen von 60 Minuten erhalten Fahrgäste 25 Prozent ihres Fahrpreises erstattet, bei 120 Minuten sind es 50 Prozent.
- Ausfall der Klimaanlage: Fahrgäste haben keinen direkten Anspruch auf Entschädigung, außer die Hitze führt zu gesundheitlichen Problemen. Darüber hinaus erhalten sie ggf. indirekt Ersatz, sollten sie auf einen späteren Zug ausweichen müssen.
- Reservierter Platz nicht vorhanden: Fehlt der Wagen mit dem reservierten Platz, erhalten Fahrgäste die Reservierungskosten zurück.
- Nächtliche Erstattungskosten: Wer nachts an einem Bahnhof „strandet“ und aufgrund von Verspätung nicht mehr an seinem Zielort eintreffen kann, hat Anspruch auf eine Hotelübernachtung beziehungsweise die Erstattung von Taxi- oder Buskosten.
- Fahrschein oder Legitimation vergessen: Innerhalb einer Frist können Betroffene ihr Ticket, die Legitimation oder die BahnCard nachzeigen, maximal sieben Euro müssen sie als Bearbeitungsgebühr dennoch zahlen
- Ungültiges Ticket: Wer ein falsches Ticket dabei hat – oder sogar schwarz. fährt – kann gegebenenfalls einen Fahrschein im Zug nachlösen. Geht das nicht, drohen andere Konsequenzen: bis hin zu einer Strafanzeige.
- Datum
- Aktualisiert am
- 17.07.2015
- Autor
- ndm