So hat das Amtsgericht Papenburg einem Autofahrer, der an einem Januarmorgen gegen fünf Uhr mit Sommerreifen unterwegs war und einen Unfall hatte, den vollen Schadensersatz zugebilligt. Es entschied, dass den Autofahrer trotz der Sommerreifen an seinem Wagen jedenfalls subjektiv kein Verschulden trifft. Auf die Entscheidung vom 10. März 2016 (AZ: 20 C 322/15) macht die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) aufmerksam.
Winterreifen oder Sommerreifen: Gesetzliche Pflicht?
Wegen der Unfallgefahr ist es für Autofahrer immer riskant, in der kalten Jahreszeit statt mit Winterreifen mit Sommerreifen unterwegs zu sein. Auch liegt dann ein verkehrswidriges Verhalten eines Autofahrers vor. In § 2 StVO, Absatz 3a heißt es: "Der Führer eines Kraftfahrzeuges darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Reifen ausgerüstet sind, die [...] den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) genügen."
Bedeutet: Nicht die Jahreszeit entscheidet, sondern die Straßenverhältnisse. Sind diese wie zuvor beschrieben, werden Winterreifen Pflicht.
Unfall mit Sommerreifen im Winter: Zahlt die Versicherung?
Als der Autofahrer von der Fahrbahn abkam und gegen einen Baum prallte, lag die Temperatur bei 1,8 Grad, die relative Luftfeuchtigkeit bei 87,1 Prozent. Es lag weder Schnee noch fiel Regen, die Straße war trocken. Auch gab es kein Glatteis. Dennoch reduzierte die Versicherung den Versicherungsschutz und regulierte von dem Schaden in Höhe von rund 5.400 Euro nur 50 Prozent. Die Versicherung wies darauf hin, dass der Autofahrer statt mit Winterreifen am Wagen mit Sommerreifen unterwegs gewesen sei.
Auf die restlichen 50 Prozent klagte der Autofahrer mit der Hilfe seines Anwalts und konnte sich gegen die Versicherung durchsetzen. Das Gericht verurteilte die Versicherung, den Schaden komplett zu übernehmen. Zwar fand auch das Gericht, dass es geboten gewesen wäre, bei diesen Wetterverhältnissen mit Winterreifen zu fahren. Jedoch sah es trotz der Sommerreifen kein erheblich gesteigertes Verschulden des Autofahrers. Dass es zu dem Unfall gekommen sei, weil der Mann mit den Sommerreifen mit der zulässigen Geschwindigkeit gefahren sei, dränge sich nicht auf. Auch habe es bei der Fahrt ganz generell keinerlei Probleme gegeben.
Gericht: Voller Versicherungsschutz bei Unfall mit Sommerreifen im Winter
Daher sah das Gericht in dem Verhalten des Autofahrers trotz der Sommerreifen am Wagen keine grobe Fahrlässigkeit. Außerdem, so das Gericht, „kann auch nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass es nicht zu dem Unfall gekommen wäre, wenn der Kläger mit Winterreifen gefahren wäre.“ Dieser Fall zeigt, dass man mit anwaltlicher Hilfe erfolgreich seine Ansprüche gegenüber der Versicherung durchsetzen kann. Welche das sind, darüber klärt ein DAV-Verkehrsrechtsanwalt auf.
Amtsgericht Papenburg, Entscheidung vom 10. März 2016 (AZ: 20 C 322/15)
Quelle: www.verkehrsrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 03.01.2024
- Autor
- red/dpa