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Ärger mit dem Auto

Neuwagen mit Mangel: Welche Rechte Käufer haben

Hier ist noch alles gut - doch nicht selten sind Neuwagen mangehaft. In diesem Fall haben Käufer aber umfangreichte Rechte. © Quelle: Hero images/gettyimages.de

Nagelneu, mit der passenden Ausstattung und in der richtigen Farbe: Ein Neuwagen muss perfekt sein. So erwarten es die Käufer, und dafür bezahlen sie auch. Umso ärgerlicher ist, wenn beim oder direkt nach dem Kauf Mängel auftreten. Die Deutsche Anwalt­auskunft erklärt, welche Rechte Käufer von Neuwagen bei Mängeln genießen.

Wenn es um Mängel und erforder­lichen Nachbes­se­rungen bei Autos geht, läuten bei vielen Autobe­sitzern in Deutschland die Alarmglocken. Der Abgasskandal bei VW und viele Rückruf­ak­tionen in der Vergan­genheit haben die Autofahrer zu gebrannten Kindern gemacht. Dabei Autobe­sitzer durchaus Rechte, wenn ihr Wagen Mängel hat, vor allem bei Neuwagen. Die Deutsche Anwalt­auskunft klärt die wichtigsten Fragen.

Wann ist ein Mangel ein Mangel?

Das lässt sich pauschal nicht beantworten, denn nicht jeder Defekt kann als Mangel deklariert werden. Das betrifft vor allem Gebrauchtwagen, bei denen man nicht davon ausgehen kann, dass sie dauerhaft eiwandfrei funktio­nieren. Bei Neuwagen sollte das aber der Fall sein.

Wann dürfen Käufer von Neuwagen die Annahme verweigern?

Wird ein Neuwagen schon mit Mängel geliefert, dürfen Käufer die Annahme verweigern – auch, wenn es sich nur um einen kleinen Mangel handelt. Das hat der Bundes­ge­richtshof (BGH) entschieden (AZ: VIII ZR 211/15, Urteil vom 26. Oktober 2016).

Im zugrun­de­lie­genden Fall hatte der Kunde einen Neuwagen bestellt und mit dem Verkäufer vereinbart, dass er zu ihm nach Hause geliefert werden soll. Als Wagen kam, wollte der Käufer ihn wegen eines Kratzers im Lack allerdings nicht annehmen und hielt den Kaufpreis zurück. Der Kosten­vor­anschlag eines Lackie­rer­be­triebs ergab Kosten von rund 530 Euro. Der Verkäufer war bereit 300 Euro zu übernehmen. Damit war der Autokäufer allerdings nicht einver­standen. Da sich die beiden Parteien nicht einigen konnten, holte der Verkäufer den Wagen ab, behob den Schaden und lieferte ihn wieder aus. Daraufhin forderte er vom Käufer, dass dieser ihm unter anderem die Transport­kosten erstatte.

Das BGH gab allerdings dem Käufer recht: Den Richtern zufolge muss der Käufer auch bei gering­fügigen (behebbaren) Mängeln – wie dem hier vorlie­genden Lackschaden –grundsätzlich weder den Kaufpreis zahlen noch das Fahrzeug abnehmen, bevor der Mangel beseitigt ist. Das gilt auch dann, wenn der genannte Mangel am Neuwagen geringfügig ist.

Wann müssen Käufer Nachbes­se­rungen dulden?

Man hat viel Geld investiert, ein neues Auto gekauft und dann muss es zur Überholung in die Werkstatt, da bei dem Neuwagen Mängel festge­stellt wurden – auf Geheiß des Herstellers. Für Autokäufer ist das ärgerlich. Sie müssen dem Bitten des Herstellers in aller Regel zwar nicht nachkommen. Das ist allerdings empfeh­lenswert, aus mehreren Gründen.

Zum einen garantieren solche Überho­lungen ein höheres Maß an Sicherheit für die Fahrer. Und zum anderen hat es auch finanzielle Auswir­kungen, weiß Rechts­anwalt Christian Janeczek, Mitglied der Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV): „Bei einem späteren Weiter­verkauf müssen Autobe­sitzer darauf hinweisen, dass sie einer solchen Auffor­derung des Herstellers nicht nachge­kommen sind. Somit kann der Wert des Wagens sinken.“

Müssen Hersteller einen Ersatzwagen während einer Reparatur stellen?

Wenn es um den Neuwagenkauf geht, ist folgende Unterscheidung wichtig: Vertrags­partner sind meisten die Verkäufer des Neuwagens im Autohaus. Lediglich wenn man in Nieder­las­sungen kauft, geht man direkt einen Vertrag mit dem Hersteller ein. Für beide Fälle gilt: Ein Ersatzwagen muss in aller Regel nicht gestellt werden. Verkäufer können meist ein fehlendes Eigenver­schulden beweisen und Hersteller sich darauf berufen, dass die Technik auch im Rahmen einer umfang­reichen Testphase noch nicht komplett ausgereift ist. Nichts­des­totrotz sind Verkäufer und Hersteller häufig kulant, weiß Janeczek: „Die Vertrags­partner haben ein Interesse daran, dass die Kunden ihnen wohlge­sonnen bleiben.“

Wann dürfen Käufer Neuwagen von sich aus zurückgeben?

Wer Mängel an einem Neuwagen von sich aus feststellt, kann nach dem Kauf zwei Jahre lang Ansprüche gegen den Verkäufer geltend machen. Das gewähr­leistet die sogenannte gesetzliche Sachmän­gel­haftung.

Muss der Käufer beweisen, dass Mängel schon beim Kauf des Fahrzeugs vorlagen?

Das kommt darauf an. Damit die Sachmän­gel­haftung greift, muss der Mangel am Fahrzeug bereits bei der Übergabe angelegt gewesen sein. Doch hilft hier die gesetzliche Grundlage zum Kaufrecht im Bürger­lichen Gesetzbuch: Handelt es sich um einen Verbrauchs­gü­terkauf, also um ein Geschäft zwischen einem Unternehmer und einer Privat­person, wird in den ersten sechs Monaten nach Kaufver­trags­ab­schluss davon ausgegangen, dass der Mangel bereits mit dem Kauf vorlag.

Wird dieser Zeitpunkt überschritten, sieht es jedoch anders aus. Dann muss der Käufer nachweisen, dass der Mangel von Anfang an vorhanden war. Diese Beweis­führung ist mitunter kompliziert. Im Falle eines Motorschadens kann hier etwa ein Sachver­ständiger helfen.

Bei einem „arglistig verschwiegene Mängel“, ist die Zeitspanne noch etwas größer: Sie verjähren in einem Jahr ab der Kenntnis des Mangels. „Ein übliches Beispiel hierfür ist ein vom Verkäufer verschwiegener Unfall noch vor der damaligen Auslie­ferung an den Käufer“, sagt Verkehrs­rechts­experte Janeczek.

Welchen Ersatz­leis­tungen stehen Käufern zu?

Der BGH hat in einem Urteil das geltende Recht zusammen­gefasst: Sollte die Beseitigung eines „wahrnehmbaren“ Mangels nicht möglich oder zu teuer sein, kann der Käufer den Kaufpreis mindern oder aber die Lieferung eines mangel­freien Fahrzeugs verlangen (Urteil vom 6. Februar 2013; AZ: VIII ZR 374/11).

Lesen Sie in unserer Übersicht, welche Schritte ebenfalls möglich sind – und unter welchen Voraus­set­zungen:

  1. Kostenlose Nacherfüllung

Das bedeutet, dass die Mängel an dem Neuwagen beseitigt werden müssen – auf Kosten des Verkäufers. Dabei hat der Käufer Anspruch auf Original­ersatzteile. Diese Maßnahmen müssen allerdings verhält­nismäßig sein. Das bedeutet: Wenn die Kosten im Verhältnis zu dem Mangel viel zu hoch sind, muss der Verkäufer darauf nicht eingehen. Das allerdings muss im Einzelfall entschieden werden. Auch weitere mögliche Kosten muss der Verkäufer übernehmen, etwa Abschlepp­ge­bühren.

Mitunter kann er auch ein mangel­freies, neues Fahrzeug verlangen. Hat die Werkstatt zwei Mal erfolglos versucht, das Auto nachzu­bessern, hat der Käufer gute Chancen auf einen neuen Wagen.

Doch auch Verkäufer haben Rechte. Käufer von Neuwagen­müssen ihnen grundsätzlich die generelle Möglichkeit einräumen, Mängel zunächst zu beseitigen, ehe sie einen neuen Wagen stellen müssen.

  1. Minderung des Kaufpreises

Gelingt die Mängel­be­sei­tigung nicht, weigert sich der Verkäufer oder hält er die vom Käufer gesetzte Frist (siehe unten) zur Nachbes­serung nicht ein, kann der Käufer den Kaufpreis reduzieren. Hierbei wird geschätzt und im Einzelfall entschieden, wie hoch der Minder­betrag ausfällt. Der Käufer kann auch ganz vom Kaufvertrag zurück­treten beziehungsweise diesen rückgängig machen.

Der Käufer kann auch ganz vom Kaufvertrag zurück­treten beziehungsweise diesen rückgängig machen. Aller­dings erhält er dadurch nicht zwangs­läufig den Origi­nal­kauf­preis zurück, denn im Normalfall wurde der Wagen ja bereits genutzt. Vom Kaufpreis wird eine sogenannte Nutzungs­entschä­digung abgezogen, also der Vorteil, den der Käufer von dem Wagen hatte. Dazu teilt man den Kaufpreis durch die Restlauf­leistung. Das sind bei einem Neuwagen 250.000 bis 300.000 Kilometer. Das Ergebnis wird mit der Anzahl der bereits gefahrenen Kilometer multipliziert.

  1. Schadenersatz

Trifft den Verkäufer (zudem) ein Verschulden, macht er sich unter Umständen schadens­er­satz­pflichtig.

  1. Rücktritt

Hat der Verkäufer die gesetzte Frist, um den Mangel am Neuwagen zu beseitigen, nicht eingehalten, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurück­treten. Er muss dann das Auto zurückgeben und bekommt das Geld zurück. Wenn der Käufer den Wagen bereits genutzt hat, wird eine Nutzungs­ent­schä­digung vom Kaufpreis abgezogen (s. Punkt 2).

Hier gilt: Je gefähr­licher und schwer­wie­gender ein Mangel am Neuwagen, desto weniger Nachbes­se­rungen sind nötig, ehe man einen Rücktritts­an­spruch hat. In der Vergan­genheit haben Gerichte sich mehrfach mit diesen Fragen beschäftigt. Das Landgericht Mannheim erkannte etwa undichte Stellen als einen erheblichen Mangel an (AZ.: 11 O 158/78); und das Oberlan­des­gericht Köln sprach dem klagenden Käufer ein Anrecht auf einen Rücktritt sogar zu, nachdem ein erster Abdich­tungs­versuch im Wert von 150 Euro nicht ausreichend half (AZ: 12 U 71/86).

Wann bekommt der Käufer trotz Nachbes­serung ein neues Fahrzeug?

In manchen Fällen kann ein Autokäufer möglicherweise ein neues Auto verlangen, obwohl der Mangel behoben ist. Das geht aus einer Entscheidung des BGH vom 24. Oktober 2014 hervor (AZ: VIII ZR 66/17). In dem Fall ging es um einen BWM x3. Er war mit einer Software ausgestattet, die bei drohender Überhitzung der Kupplung eine Warnmeldung einblendet.

Wenige Monate nach dem Kauf erschien mehrfach eine Warnung, die den Fahrer aufforderte, das Fahrzeug anzuhalten, um die Kupplung (bis zu 45 Minuten) abkühlen zu lassen. Das änderte sich auch nach mehreren Werkstatt­be­suchen nicht. Der Käufer verlangte deshalb ein neues, mangel­freies Auto. Der Hersteller sah hingegen keinen Mangel. Er habe dem Kläger mehrfach mitgeteilt, dass er dem Hinweis nicht folgen müsse, die Kupplung sei in Ordnung. Daraufhin zog der Käufer vor Gericht.

Während des Rechts­streits fuhr er wegen einer andern Angele­genheit in eine Werkstatt des Herstellers. Dieser behauptet, dabei sei ein Software-Update mit einer korrigierten Warnmeldung aufgespielt worden. Der Käufer habe deshalb keinen Anspruch auf ein neues Auto.

Warnung soll ignoriert werden: Auto weiterhin mangelhaft

Die Richter des BGH gaben dem Käufer Recht. Das Auto gelte auch dann weiterhin als mangelhaft, wenn der Hersteller mitteilt, dass die Warnung nicht beachtet werden müsse. Der Mangel sei zwar mittlerweile behoben worden, allerdings ohne das Einver­ständnis des Autokäufers. Deshalb kann er auch weiterhin auf Nacher­füllung durch Ersatz­lie­ferung pochen.

Das kann der Verkäufer verweigern, wenn die Kosten unverhält­nismäßig hoch sind. Das sei hier nicht der Fall, so der BGH. Der Verkäufer dürfe zudem nur auf Unverhält­nis­mä­ßigkeit verweisen, wenn er den Mangel auf andere Art vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitigen kann. Ob das mit dem Software­update funktioniert hat, sei aber gar nicht sicher. Schließlich sei es nicht auszuschließen, dass die Warnfunktion durch das Software­update einfach komplett abgestellt worden sei. Um das heraus­zu­finden, sei ein weiteres Sachver­stän­di­gen­gut­achten notwendig. Der Fall wurde deshalb an das OLG Nürnberg zurück­ver­wiesen.

Was gilt, wenn der Käufer eine Frist zur Mängel­be­sei­tigung setzt?

„Eine Frist muss angemessen sein“, sagt Rechts­anwalt Christian Janeczek. „Je nach Mangel kann diese zwischen drei Tagen und mehreren Wochen betragen, etwa, wenn erst spezielle Ersatzteile bestellt werden müssen“. In aller Regel aber seien zwei Wochen eine gute Orientierung, so der Dresdner Verkehrs­rechts­experte.

Neuwagen: Was muss in der Autowerbung stehen?

Für Werbung gibt es klare Regeln. So sollen alle wesent­lichen Informa­tionen für einen Kauf enthalten sein. Andernfalls ist die Werbung sie wettbe­werbs­widrig. Eine großfor­matige Printwerbung muss als wesentliche Information auch Angaben zur Motori­sierung enthalten. Ansonsten kann die Werbung kosten­pflichtig abgemahnt werden. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Köln am 13. März 2020 (AZ: 6 U 267/19), wie die Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert.

Mängel am Neuwagen: Wann sollten Sie zum Anwalt gehen?

Sie haben an Ihrem Neuwagen Mängel festge­stellt und können sich mit dem Verkäufer beziehungsweise dem Hersteller nicht über die Mängel­be­sei­tigung einigen? Der Verkäufer konnte den Mangel an Ihrem Auto nicht beheben, weigert sich aber, Ihnen ein neues zur Verfügung zu stellen? Ihr Neuwagen wurde mit Mängeln geliefert und sie wollen ihn nicht annehmen, doch der Verkäufer droht mit Rechts­mitteln, falls Sie nicht zahlen? Ein Rechts­anwalt oder eine Rechts­an­wältin für Vertragsrecht kann Sie in solchen Situationen zum richtigen beraten. Einen Anwalt in Ihrer Nähe finden Sie in unserer Anwaltssuche.

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Datum
Aktualisiert am
03.02.2021
Autor
ndm,DAV
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Themen
Auto Kaufen Vertrag

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