Die Beschränkung, dass die Mehrwertsteuer nur dann erstattet wird, wenn sie auch tatsächlich anfällt, gilt in der Regel für die fiktive Abrechnung. Also für die Fälle, in denen es weder eine Ersatzbeschaffung noch eine Reparatur gibt. Bei einem Privatkauf, bei dem keine Umsatzsteuer anfällt, kann die Kaskoversicherung nicht die Mehrwertsteuer von den Wiederbeschaffungskosten abziehen. Sie muss sich an dem Brutto-Wiederbeschaffungswert orientieren. Und zwar inklusive der Mehrwertsteuer, auch wenn die in diesem Fall nicht anfällt. Über diese wichtige Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Celle vom 6. Oktober 2016 (AZ: 8 U 111/16) informiert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Der Fall: Wie teuer das Ersatzfahrzeug nach einem Verkehrsunfall sein?
Das Auto des Mannes erlitt bei einem Unfall einen Totalschaden. Der Wiederbeschaffungswert betrug 60.000 Euro netto. Tatsächlich kaufte der Mann ein Auto aus privater Hand. Der Kaufpreis lag über dem Brutto-Wiederbeschaffungswert von 64.500 Euro netto.
Da es sich um einen Privatkauf gehandelt hatte und keine Mehrwertsteuer angefallen war, kürzte die Versicherung die Kaskoentschädigung um die Mehrwertsteuer. Sie berief sich darauf, dass Mehrwertsteuer nur erstattet werde, wenn und soweit diese tatsächlich anfalle. Die Klausel hierfür finde sich in den Versicherungsverträgen.
Dagegen klagte der Mann und verlor beim Landgericht. Dank seiner Hartnäckigkeit und anwaltlicher Hilfe gewann er aber den Prozess beim OLG in Celle. In der Regel holen Verkehrsrechtsanwälte mehr für die Betroffenen heraus – wie auch hier. Der Kampf gegen die Versicherung hat sich demnach gelohnt. Gerade bei einem Verkehrsunfall ist es wichtig, sich anwaltlich beraten zu lassen. Nur so erfährt man, welche Ansprüche man hat und kann diese geltend machen.
Dies gilt auch bei einer Abrechnung gegenüber seiner Kaskoversicherung. Anwältinnen und Anwälte der DAV-Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht in Ihrer Nähe finden Sie in der Anwaltssuche.
OLG: Betrag der Mehrwertsteuer auch bei Privatkauf eines Autos zu erstatten
In diesem Fall war es so, dass zwar keine Mehrwertsteuer entstanden war, jedoch die Kosten für das Ersatzfahrzeug insgesamt sogar den Brutto-Wiederbeschaffungswert überstiegen hatten. Der Mann durfte nach Auffassung des Gerichts davon ausgehen, dass er beim Kauf des neuen Wagens den gesamten Brutto-Wiederbeschaffungsbetrag ausgeben könne. Landläufig werde die entsprechende Klausel in den Versicherung auch so verstanden, dass diese Beschränkung nur für die fiktive Abrechnung gelte.
Dem Mann seien schließlich auch Kosten über die Höhe des Brutto- Wiederbeschaffungswertes entstanden. Auch sei nicht ersichtlich, dass es im Interesse des Versicherers liegen könne, das Ersatzfahrzeug umsatzsteuerpflichtig von einem Kfz-Händler zu kaufen, so das Gericht.
Wiederbeschaffungswert eines Autos: Netto ist nicht gleich Brutto
Das Gericht: „Da der Kläger im Fall tatsächlich aber mehr als den Brutto-Wiederbeschaffungswert für die Ersatzbeschaffung aufgewandt hat, kommt es nicht auf die Frage an, ob in der Ersatzbeschaffung nun Mehrwertsteuer enthalten ist oder nicht.“ Ein Betroffener sollte sich also nicht damit abfinden, dass die Mehrwertsteuer bei einem Privatkauf abgezogen wird, obwohl entsprechende Kosten entstanden sind. Im Zweifel gleich zum Anwalt: In diesem Fall musste die Versicherung auch die Kosten des Anwalts übernehmen.
Restwert nach Totalschaden: Regionale Marktpreise entscheidend
Was ist aber, wenn man nach einem Unfall mit Totalschaden gar kein neues Auto kaufen möchte, sondern das Unfallauto weiter nutzt: Wie sieht es dann mit dem Restwert und dem Wiederbeschaffungswert aus und was muss die Versicherung bezahlen?
Auch ein Totalschaden an einem Auto kann fiktiv abgerechnet werden. Das bedeutet, man bekommt den Aufwand der Beschaffung eines vergleichbaren Autos ersetzt. Von dieser Summe muss der Restwert des Autos abgezogen werden. Wird der Wagen weiter genutzt, ist vom Restwert auszugehen, den der Sachverständige für den regionalen Automarkt ermittelt hat. Selbst dann, wenn die gegnerische Versicherung einen höheren Restwert für das Auto abziehen möchte.
Über dieses verbraucherfreundliche Urteil informiert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) und verweist auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 9. September 2016 (AZ: 10 U 1073/16).
Abrechnung bei Totalschaden eines Autos: Anwälte helfen
Nach dem Verkehrsunfall bestand zwischen dem Geschädigten und der gegnerischen Versicherung Einigkeit darüber, dass das Auto bei dem Unfall einen Totalschaden erlitten hatte und der Mann Anspruch auf den Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwands des Autos hat. Der vom Kläger beauftragte Sachverständige ermittelte einen Restwert des Autos von 500 Euro. Die Versicherung hingegen machte ein Restwertangebot von 1.500 Euro und wollte diesen Betrag vom Schadensersatzanspruch abziehen.
Mit Hilfe des Anwalts konnte das Unfallopfer erfolgreich dagegen vorgehen. Entscheidend war in diesem Fall der für den regionalen Automarkt ermittelte Restwert. Der Geschädigte hat Anspruch darauf, den Wiederbeschaffungsaufwand ersetzt zu bekommen und trotzdem das Auto weiter zu fahren.
OLG: Bei Weiternutzung des Autos nur regionaler Marktwert abzugsfähig
Das sah das OLG genauso wie der Anwalt des Betroffenen. Die gegnerische Versicherung durfte vom Wiederbeschaffungsaufwand für das Auto nur 500 Euro abziehen. Dazu das Gericht: „Wenn der Kläger das Fahrzeug weiter benutzt, ist bei der Abrechnung … in der Regel nur von dem für den regionalen Markt … ermittelten Restwert auszugehen.“
Bei einem Verkehrsunfall sollte man sich generell anwaltliche Hilfe holen. Die gegnerische Versicherung hat das Interesse, so wenig Geld wie möglich bei einem Verkehrsunfall zu bezahlen. Die eigenen Interessen vertritt ein Verkehrsrechtsanwalt. Dieser ist auch auf Augenhöhe mit der gegnerischen Versicherung, klärt über sämtliche Ansprüche bei einem Verkehrsunfall auf und hilft, diese auch durchzusetzen. DAV-Verkehrsrechtsanwälte findet man auf dieser Seite in der Anwaltssuche.
Quelle: www.verkehrsrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 11.01.2019
- Autor
- DAV