Über eine Million Bürger nutzen in Deutschland bereits Carsharing. Die Zahl wächst stetig, was auch weitere Anbieter auf den Markt drängt. Die derzeitigen Platzhirsche heißen car2go, ein Tochterunternehmen von Mercedes, DriveNow, was zu BMW gehört, und der Anbieter des Bahnkonzerns namens Flinkster. Auch eine kürzliche Untersuchung des ADAC stellte derzeit eine große Marktdynamik fest, verbunden mit einem starken Anstieg des Qualitätsniveau in den letzten Jahren. Doch auch die rechtlichen Bedingungen haben sich für die Kunden der kompakten Mietflitzer verschärft.
Nutzung der Carsharing-Apps: Einwilligung zur Fahranalyse
Die großen Anbieter haben in diesem Jahr ihr Software überarbeitet. Immer wichtiger wird die App auf dem Smartphone. Mit ihr lassen sich die Wagen auffinden und öffnen. Technisch ist das enorm aufwendig, doch davon bekommen die Kunden wenig mit. Ebenso verborgen bleibt dem Mieter, dass er mit dem Starten des Wagens seine Einwilligung zur Überwachung gibt. Hauke Flamming, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV), erklärt dazu: „Im Wesentlichen willigen Sie dazu ein, dass der Carsharing-Anbieter im gewissen Maß ein Bewegungsprofil erstellt und auch ihr Fahrverhalten beobachten kann.“ In extremen Fällen könne das auch dazu führen, dass man als sehr risikohafter Fahrer gesperrt wird – zumindest das Risiko besteht.
Schaden am Carsharing-Auto: Kontrollblick vor dem Einstieg ratsam
Die rechtlichen Bedingungen haben alle großen Carsharing-Unternehmen in den letzten Monaten überarbeitet. Den Kunden wurde das mittels E-Mail mitgeteilt. Hinweise im Auto finden Mieter nicht. Die rechtlichen Vertragsbedingung müssen Kunden im Internet suchen. Dabei lohnt sich ein Blick in die allgemeinen Geschäftsbedingungen, bevor man einsteigt und losfährt. Beim Anbieter „DriveNow“ wird der Kunde zum Beispiel dazu verpflichtet, den Wagen vor Fahrtantritt auf Schäden zu untersuchen. Sollte er einen Schaden bemerken, muss er diesen dem Unternehmen melden.
Wie genau muss der Kunde den Mietwagen untersuchen? Hauke Flamming schätzt die Lage so ein: „Ich würde nicht dazu raten, das Fahrzeug penibel zu untersuchen. Aber man sollte einmal einen kurzen Rundgang um das Fahrzeug machen und schauen: Fällt mir etwas direkt ins Auge? Denn es wäre sehr schade, wenn im Nachhinein der Carsharing-Anbieter aufgrund eines vielleicht erheblichen Vorschadens an einem Kotflügel Schadensersatz von Ihnen fordert.“
Während der Fahrt: Nur der Mieter darf ans Steuer
Auch für die Fahrt gibt es einige Regeln: Zum Beispiel darf der Wagen unter keinen Umständen an einen Bekannten übergeben werden. Der Mieter ist der Einzige, der am Steuer sitzen darf. Passiert trotz aller Um- und Vorsicht ein Unfall, müssen Mieter einen Carsharing-Anbieter sofort über entstandene Schäden informieren. Doch leider macht das eben nicht jeder Kunde. Wie häufig ihre Mietautos in Unfälle verwickelt sind, dazu wollen die Carsharing-Anbieter keine Angaben machen. Experten schätzen aber, dass die Zahl der Schäden relativ hoch liegt.
Urteil: Nach Unfall mit Carsharing-Autos besteht Feststellungspflicht
Ein Fall aus Berlin macht klar, warum Sie nach einem Unfall mit einem Carsharing die Polizei benachrichtigen sollten, auch wenn kein weiterer Verkehrsteilnehmer beteiligt ist: Ein Mann war mit einem #CarSharing-Fahrzeug unterwegs. Auf einer Stadtautobahn streifte er die rechte Leitplanke. An dem CarSharing-Auto entstand dabei ein Sachschaden von über 8.000 Euro. Obwohl der Mann den Unfall bemerkte, stellte er das Auto ab, ohne die Polizei zu rufen und die Feststellung seiner Personalien (Feststellungspflichten) zu ermöglichen.
Dem Mann wurde der Führerschein entzogen wegen Unfallflucht. Diese liegt immer dann vor, wenn ein Schaden „an fremden Sachen“ bei einem Unfall entsteht und man sich vom Ort des Geschehens entfernt. Wie das Amtsgericht Berlin feststellte, ist das auch dann der Fall, wenn nur an dem CarSharing-Fahrzeug ein Schaden entsteht. Der Fahrer unterliegt den Feststellungspflichten gegenüber dem Vermieter. Der Unterschied zwischen CarSharing und normalen Mietwagen ist dabei: Bei der Rückgabe eines Mietautos kann das Unternehmen das Fahrzeug prüfen. Beim Carsharing wird das Fahrzeug nicht abgegeben, sondern an einem beliebigen Platz wieder abgestellt (AG Berlin (297 Gs) 3012 Js 1679/18 (47/18), 297 Gs 47/18).
Beschädigtes Carsharing-Auto: Anbieter in der Beweispflicht
Wer einen beschädigten Wagen angemietet und den Schaden nicht bemerkt hat, kann im Zweifelsfall auch belangt werden. Rechtsanwalt Hauke Flamming meint: „Aufgrund der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist das natürlich denkbar. Ob das aber vor Gericht ein Bestandteil ist, ist eine ganz andere Frage.“ Denn der Carsharing-Anbieter ist dafür beweispflichtig, dass der Mieter den Schaden an dem Fahrzeug verursacht hat. Kann er das nicht, bleibt er auf seinem Schaden sitzen. Oder muss zusehen, ob er denjenigen ermitteln kann, der den Schaden tatsächlich verursacht hat.
Wer zur Kasse gebeten wird, muss mit Folgendem rechnen: Bei DriveNow haften Mieter mit Schäden für 350 Euro. Bei car2go je nach Fahrzeugtyp mit 500 bis 1.000 Euro. Bei Flinkster besteht eine Haftung für Schäden mit 1.500 Euro. Eine ruhige Fahrt hat also vor allem derjenige, der den Wagen ohne Schaden vorfindet und ihn auch ohne Beschädigung wieder abstellt.
Weitere Informationen über Carsharing und die rechtlichen Bedingungen bietet der oben eingefügte Videobeitrag. Bei rechtlichen Auseinandersetzungen bezgl. Carsharing sind Anwälte mit Fachkenntnissen in Vertrags-, Miet- und Verkehrsrecht eine wertvolle Hilfe. Entsprechenden Rechtsbeistand in Ihrer Nähe finden Sie über unsere Anwaltssuche.
- Datum
- Aktualisiert am
- 09.02.2017
- Autor
- DAV