
Die Antwort: Unter Umständen ja, wenn nicht willkürlich dieser so genannte Richtervorbehalt umgangen wurde. Das Amtsgericht München hat einen 24-jährigen Mann wegen der Ordnungswidrigkeit des fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung eines berauschenden Mittels zu einer Geldbuße von 500 Euro und einem Monat Fahrverbot verurteilt.
Joints am Vortag: Fahren unter Drogeneinfluss
In dem von der die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall fuhr ein Münchner im Juni 2014 mit seinem Pkw auf einer Landstraße. Am Tag zuvor hatte er vier bis fünf Joints geraucht. Er geriet gegen 11.30 Uhr in eine allgemeine Verkehrskontrolle.
Den beiden kontrollierenden Polizeibeamten fielen seine zitternden und schwitzenden Hände und seine geröteten, glasigen Augen auf. Auf die Frage der Beamten nach Drogenkonsum bestätigte er diesen. Er willigte dann freiwillig und mit Unterschrift in eine Blutentnahme ein. In dem Institut für Rechtsmedizin wurden zunächst die üblichen Tests mit ihm durchgeführt. Damit werden drogenbedingte Ausfallerscheinungen geprüft und festgestellt.
Als dann die Blutentnahme stattfinden sollte, waren bereits eineinhalb Stunden seit der Verkehrskontrolle vergangen. Der Münchner weigerte sich nun plötzlich, die Blutentnahme vornehmen zu lassen. Daraufhin ordnete einer der Polizeibeamten sofort die Blutentnahme gegen den Willen des Münchners an, die vom diensthabenden Arzt auch durchgeführt wurde. Begründet wurde die Anordnung des Polizeibeamten damit, dass wegen des Zeitverlustes bei Einholung der richterlichen Entscheidung und der Verzögerung der Blutentnahme der Beweiswert gefährdet werde, da sich der Wirkstoff im Blut abbaut.
Wie bei Restalkohol auch fanden sich noch die Folgen der Joints im Blut. Es ergab sich eine THC-Konzentration von 7,6 µg/l (Wirkstoffkonzentration) im Blut des Münchners.
Urteil: Blutprobe darf verwertet werden
Vor Gericht verweigerte er die Aussage und vertrat die Meinung, dass die Entnahme der Blutprobe rechtswidrig war. Deshalb dürfe sie nicht für den Prozess verwertet werden, da er damit nicht einverstanden gewesen sei und trotz des Richtervorbehalts im Gesetz keine Entscheidung von einem Richter eingeholt worden sei. Man hätte zumindest versuchen müssen, eine richterliche Entscheidung einzuholen.
Der zuständige Richter am Amtsgericht München hatte kein Erbarmen und verwertete das Ergebnis der Blutprobe und verurteilte den Autofahrer. Da der Drogenkonsum am Vortag stattgefunden hatte, allerdings ‚nur’ wegen eines fahrlässigen Verstoßes.
Das man vom Einholen einer richterlichen Anordnung der Blutentnahme abgesehen habe, sei maßgeblich auf sachliche Erwägungen zurückzuführen – nämlich auf die Gefährdung des Beweiswerts durch weitere mögliche Verzögerungen. Mit der Anordnung der Blutentnahme sollte nicht willkürlich der Richtervorbehalt umgangen werden.
Nach Auffassung des Richters wäre das Ergebnis der Blutuntersuchung selbst dann verwertbar, wenn sich der Polizeibeamte bei der Anordnung der Blutentnahme über die Sachlage geirrt haben sollte. Zum Beispiel über die Größe der Gefahr des Beweisverlustes oder das Ausmaß der zeitlichen Verzögerung.
„Ein Verwertungsverbot wird (…) durch den Umstand, dass die Blutentnahme gegen den Willen des Betroffenen ohne richterliche Anordnung erfolgte, nicht begründet.“ Denn grundsätzlich habe die Anordnung der Blutentnahme den Polizeibeamten „bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung“ zugestanden. Ein möglicher Irrtum bei der Einschätzung, ob „Gefahr im Verzug“ vorlag, schade der Verwertbarkeit nicht. Es komme daher nicht darauf an, wie groß die Verzögerung bei Einschaltung des Richters gewesen wäre und ob „tatsächlich dadurch eine Gefährdung des Untersuchungserfolges eingetreten ist“, heißt es in dem Urteil.
Die Gefährdung des Untersuchungserfolges sei auch nicht durch die Polizeibeamten selbst schuldhaft herbeigeführt worden. Denn der Münchner hatte zunächst eingewilligt, so dass sie bis zum Widerruf der Einwilligung davon ausgehen konnten, dass keine richterliche Entscheidung notwendig sein würde. Die Entscheidung sei daher nicht willkürlich dem Richter entzogen worden.
Nach Ansicht der DAV-Verkehrsrechtsanwälte kann eigentlich der Richtervorbehalt dann nicht umgangen werden, wenn man von Beginn an in die Blutprobe nicht einwilligt. Es dürfe nicht vergessen werden: Auch eine Blutentnahme stellt eine Körperverletzung dar. Der Betroffene muss bei einer Kontrolle nichts sagen und auch nicht mitwirken. Daran sollte man sich halten. Im Einzelfall empfiehlt sich grundsätzlich eine anwaltliche Beratung.
- Datum
- Aktualisiert am
- 26.02.2016
- Autor
- DAV