
Im vergangenen Jahr wurden mehr als 90.000 Autofahrerinnen und –fahrer im Rahmen des Blitzer-Marathons in Deutschland überführt. Am 16. April steht nun die dritte Auflage an und dieses mal machen auch die europäischen Nachbarn mit.
In Deutschland sind die Blitzer wieder vorab bekannt, wieder rechnen die Innenminister der Länder mit einer ähnlichen hohen Quote und wieder dauert die Blitzerei 24 Stunden und endet dieses Jahr am Morgen des 17. April. Mit Einschränkungen: In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz endet der Marathon sechs Stunden eher und wird auf den 16. April begrenzt. Der Grund: Am nächsten Morgen steht die Trauerfeier der Opfer des Germanwings-Absturzes im Kölner Dom an.
Warum gibt es den bundesweiten Blitzer-Marathon?
Viele Autofahrerinnen und –fahrer sehen im Blitzer-Marathon einen Weg, über den die Bundesländer Geld in ihre Kassen spülen. Dabei darf man nicht übersehen, dass mit dem Marathon ein erheblicher Personalaufwand verbunden ist. Natürlich führen die Innenminister der Länder daher einen anderen Grund an: Die häufigste Ursache von Verkehrsunfällen, so das Argument, sei zu hohe Geschwindigkeit. Mit dem Marathon wolle man Raser überführen, vor allem aber Autofahrer sensibilisieren. Mit dieser Begründung werden die Standorte der Blitzer wieder vorab bekannt gegeben: „Der Blitz-Marathon ist Präventionsarbeit im besten Sinne“, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) Ende März auf einer Pressekonferenz.
Welche Folgen haben Blitzer-Fotos?
Am 1. Mai 2014 trat mit der Reform des Flensburger Verkehrszentralregisters auch ein neues Punktesystem in Kraft. An der Punktestrafe für Raser hat sich hier zwar nichts geändert – der Führerschein ist allerdings seither nach acht und nicht mehr wie zuvor nach 18 Punkten weg.
Die Anzahl der Punkte, das Bußgeld und ein mögliches temporären Fahrverbot richten sich je nach Geschwindigkeitsübertretung und können im Bußgeldkatalog nachgeschaut werden.
Können sich Autofahrer gegen ein Blitzer-Foto wehren?
Ja, allerdings braucht es hierfür anwaltliche Unterstützung, um mögliche Fehler in der Ermittlungsakte zu identifizieren. Was aber auch klar ist: Wer nachgewiesen zu schnell fährt, muss mit den Konsequenzen leben.
Wer von der Bußgeldstelle Post bekommt und Zweifel daran hat, dass er zu schnell gefahren ist, sollte demnach auf dem mitgesendeten Anhörungsbogen lediglich Angaben zur Sache machen und das weitere Vorgehen mit einem Anwalt besprechen.
Welche Chancen gibt es, dass Geblitzte ungestraft davonkommen?
Im Wesentlichen sind es vier Bereiche: die Verjährung, das Beweisfoto, Messfehler und das sogenannte Augenblicksversagen.
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Die Verjährung: Wenn Behörden sich zu viel Zeit lassen
Die Verjährungsfrist beträgt bei Ordnungswidrigkeiten drei Monate ab der Tat. In dieser Zeit müssen die Behörden den Fahrer ermittelt und einen Bußgeldbescheid erlassen haben. Die Frist kann einmal unterbrochen werden, beispielsweise durch die Zustellung des Anhörungsbogens oder aber wenn man direkt von der Polizei angehalten wird. Häufig prüfen die Bußgeldbehörden letzteres nicht, gehen davon aus, dass mit der Zusendung des Anhörungsbogens die Frist erneut läuft und lässt sich zu viel Zeit.
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Beweisfoto: Wenn die Identifizierung schwierig ist und soziale Netzwerke nicht helfen
Die eindeutige Identifizierung des Fahrers ist mitunter kompliziert, etwa wenn das Gesicht durch die Hände verdeckt ist oder die Augen durch eine Sonnenbrille versteckt sind. „Die Qualität der Fotos erfüllt aber oft nicht die Erfordernisse, die vor Gericht an ein beweiskräftiges Foto gestellt werden“, sagt Daniela Mielchen von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Allerdings dürfen Behörden auch die sozialen Netzwerke durchschauen, um einen Raser zu überführen. Datenschützer sehen hier ein Problem, Verkehrsrechtsexpertin Mielchen sieht das allerdings nicht: Wer Informationen öffentlich über sich preisgebe, müsse mit einer möglichen Überführung auch in dieser Frage leben. „Viele fordern einen stärkeren Datenschutz. Und das ist auch zu begrüßen, allerdings sollte jeder dann auch bei der persönlichen Datensparsamkeit ansetzen.“
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Messfehler: Wenn Geheimnisse geheim bleiben sollen
„Viele Blitzvorgänge weisen Messefehler auf und ihre Ergebnisse sind damit angreifbar“, sagt Jörg Elsner, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im DAV. So etwa bei Radaranalgen. Diese zeichnen Daten auf. Ein möglicher Vorteil für die Beschuldigten ist es, dass viele Hersteller moderner Blitzanlagen den technischen Sachverständigen genauere Angaben zur Anlage verweigern – zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses. Inzwischen kommt es deshalb immer wieder zu Gerichtsurteilen, die eine Verwertbarkeit solcher Messergebnisse in Frage stellen.
Zusätzliche Messungen im Rahmen des Blitzer-Marathons funktionieren anders. Hierfür werden Polizisten abgestellt, die mithilfe von Lasermessungen Tempe-Sünder überführen sollen. „Die Ergebnisse werden aber nicht aufgezeichnet“, sagt Elsner und ergänzt: „Und die Richter glauben im Zweifelsfall dem Polizisten. Dieses Vorgehen halte ich für höchst bedenklich.“ Derzeit lasse sich diese Praxis allerdings nicht angreifen.
Lesen Sie hier detailliert, wie Sie gegebenenfalls um eine Strafe herum kommen.
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Augenblicksversagen: Wenn Unaufmerksamkeit hilft
Wer als Autofahrer ein Straßenschild übersieht, auf dem eine Geschwindigkeit angezeigt wird und daraufhin geblitzt wird, hat unter Umständen die Chance einer Strafe zu entgehen beziehungsweise den Führerschein zurück zu erhalten, so er in der Folge des Blitzers eingezogen wurde. Zumindest dann, wenn es vor dem Blitzer tatsächlich nur ein Straßenschild gab, dass die Geschwindigkeit anzeigt, ehe es zum Blitzen kam. Ähnliches gilt auf der Autobahn bei vielen Baustellen und ständig wechselnden Tempolimits – verbunden mit einer unübersichtlichen Ausschilderung. Allerdings sind Augenblicksversagen immer Einzelfallentscheidungen, verlassen kann man sich auf diese Argumentation nicht. In einem solchen Fall würde das Gericht vermutlich einen Beschilderungsplan anfordern, um die Aussage zu überprüfen.
Sonderfall: besondere Umstände
Es können Umstände zu Blitzer-Fotos führen, die den Fahrer entschuldigen. Etwa, wenn man auf der Autobahn einem plötzlich ausscherenden Fahrzeug ausweichen muss und währenddessen die angezeigte Geschwindigkeitsbegrenzung übersieht. Diese besonderen Umstände werden von Gerichten gemeinhin anerkannt. Das größte Problem hierbei: der Beweis.
Grundlegende Kritik an Kommunen
Der Deutsche Anwaltverein kritisiert seit längerem, dass die Kommunen bei der Aufstellung der Blitzgeräte ihren eigenen Verwaltungsvorschriften nicht nachkommen. Nach diesen sollen Blitzer überwiegend nur an Unfallschwerpunkten, vor Kitas und Schulen sowie an Krankenhäusern aufgestellt werden – also dort, wo es besonders auf die Verkehrssicherheit ankommt. „Wo sie tatsächlich stehen, wissen wir“, so Elsner. Nämlich dort, wo am meisten Geld zu holen ist.
Dieser Umstand wurde in diesem Jahr bereits Gegenstand eines Aprilscherzes – und nicht jeder Leser hat ihn als solchen gleich erkannt...
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Leser-Umfrage
- Datum
- Aktualisiert am
- 07.12.2018
- Autor
- ndm