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Um Strafe herumkommen?

Blitzer-Marathon 2015: Strafen & Fehler der Behörden

An diesem Donnerstag, den 16. April, ist es wieder so weit: Der nächste Blitzer-Marathon steht an, erstmals nicht nur deutschland- sondern sogar europaweit. Die Deutsche Anwalt­auskunft erklärt, wie man um eine Strafe herumkommt, warum es häufig zu Messfehlern kommt – und wie den Behörden Facebook hilft.

Im vergangenen Jahr wurden mehr als 90.000 Autofah­re­rinnen und –fahrer im Rahmen des Blitzer-Marathons in Deutschland überführt. Am 16. April steht nun die dritte Auflage an und dieses mal machen auch die europäischen Nachbarn mit.

In Deutschland sind die Blitzer wieder vorab bekannt, wieder rechnen die Innenmi­nister der Länder mit einer ähnlichen hohen Quote und wieder dauert die Blitzerei 24 Stunden und endet dieses Jahr am Morgen des 17. April. Mit Einschrän­kungen: In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz endet der Marathon sechs Stunden eher und wird auf den 16. April begrenzt. Der Grund: Am nächsten Morgen steht die Trauerfeier der Opfer des Germanwings-Absturzes im Kölner Dom an.

Warum gibt es den bundes­weiten Blitzer-Marathon?

Viele Autofah­re­rinnen und –fahrer sehen im Blitzer-Marathon einen Weg, über den die Bundes­länder Geld in ihre Kassen spülen. Dabei darf man nicht übersehen, dass mit dem Marathon ein erheblicher Personal­aufwand verbunden ist. Natürlich führen die Innenmi­nister der Länder daher einen anderen Grund an: Die häufigste Ursache von Verkehrs­un­fällen, so das Argument, sei zu hohe Geschwin­digkeit. Mit dem Marathon wolle man Raser überführen, vor allem aber Autofahrer sensibi­li­sieren. Mit dieser Begründung werden die Standorte der Blitzer wieder vorab bekannt gegeben: „Der Blitz-Marathon ist Präven­ti­ons­arbeit im besten Sinne“, sagte der rheinland-pfälzische Innenmi­nister Roger Lewentz (SPD) Ende März auf einer Presse­kon­ferenz.

Welche Folgen haben Blitzer-Fotos?

Am 1. Mai 2014 trat mit der Reform des Flensburger Verkehrs­zen­tral­re­gisters auch ein neues Punkte­system in Kraft. An der Punktestrafe für Raser hat sich hier zwar nichts geändert – der Führer­schein ist allerdings seither nach acht und nicht mehr wie zuvor nach 18 Punkten weg.

Die Anzahl der Punkte, das Bußgeld und ein mögliches temporären Fahrverbot richten sich je nach Geschwin­dig­keits­über­tretung und können im Bußgeld­katalog nachge­schaut werden.

Können sich Autofahrer gegen ein Blitzer-Foto wehren?

Ja, allerdings braucht es hierfür anwaltliche Unterstützung, um mögliche Fehler in der Ermitt­lungsakte zu identi­fi­zieren. Was aber auch klar ist: Wer nachge­wiesen zu schnell fährt, muss mit den Konsequenzen leben.

Wer von der Bußgeld­stelle Post bekommt und Zweifel daran hat, dass er zu schnell gefahren ist, sollte demnach auf dem mitgesendeten Anhörungsbogen lediglich Angaben zur Sache machen und das weitere Vorgehen mit einem Anwalt besprechen.

Welche Chancen gibt es, dass Geblitzte ungestraft davonkommen?

Im Wesent­lichen sind es vier Bereiche: die Verjährung, das Beweisfoto, Messfehler und das sogenannte Augenblicks­versagen.

  1. Die Verjährung: Wenn Behörden sich zu viel Zeit lassen

Die Verjäh­rungsfrist beträgt bei Ordnungs­wid­rig­keiten drei Monate ab der Tat. In dieser Zeit müssen die Behörden den Fahrer ermittelt und einen Bußgeld­be­scheid erlassen haben. Die Frist kann einmal unterbrochen werden, beispielsweise durch die Zustellung des Anhörungs­bogens oder aber wenn man direkt von der Polizei angehalten wird. Häufig prüfen die Bußgeld­be­hörden letzteres nicht, gehen davon aus, dass mit der Zusendung des Anhörungs­bogens die Frist erneut läuft und lässt sich zu viel Zeit.

  1. Beweisfoto: Wenn die Identi­fi­zierung schwierig ist und soziale Netzwerke nicht helfen

Die eindeutige Identi­fi­zierung des Fahrers ist mitunter kompliziert, etwa wenn das Gesicht durch die Hände verdeckt ist oder die Augen durch eine Sonnen­brille versteckt sind. „Die Qualität der Fotos erfüllt aber oft nicht die Erfordernisse, die vor Gericht an ein beweis­kräftiges Foto gestellt werden“, sagt Daniela Mielchen von der Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV).

Allerdings dürfen Behörden auch die sozialen Netzwerke durchschauen, um einen Raser zu überführen. Datenschützer sehen hier ein Problem, Verkehrs­rechts­expertin Mielchen sieht das allerdings nicht: Wer Informa­tionen öffentlich über sich preisgebe, müsse mit einer möglichen Überführung auch in dieser Frage leben. „Viele fordern einen stärkeren Datenschutz. Und das ist auch zu begrüßen, allerdings sollte jeder dann auch bei der persön­lichen Datenspar­samkeit ansetzen.“

  1. Messfehler: Wenn Geheimnisse geheim bleiben sollen  

„Viele Blitzvorgänge weisen Messefehler auf und ihre Ergebnisse sind damit angreifbar“, sagt Jörg Elsner, Vorsit­zender der Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht im DAV. So etwa bei Radaranalgen. Diese zeichnen Daten auf. Ein möglicher Vorteil für die Beschul­digten ist es, dass viele Hersteller moderner Blitzanlagen den technischen Sachver­ständigen genauere Angaben zur Anlage verweigern – zur Wahrung des Geschäfts­ge­heim­nisses. Inzwischen kommt es deshalb immer wieder zu Gerichts­ur­teilen, die eine Verwert­barkeit solcher Messergebnisse in Frage stellen.

Zusätzliche Messungen im Rahmen des Blitzer-Marathons funktio­nieren anders. Hierfür werden Polizisten abgestellt, die mithilfe von Lasermes­sungen Tempe-Sünder überführen sollen. „Die Ergebnisse werden aber nicht aufgezeichnet“, sagt Elsner und ergänzt: „Und die Richter glauben im Zweifelsfall dem Polizisten. Dieses Vorgehen halte ich für höchst bedenklich.“ Derzeit lasse sich diese Praxis allerdings nicht angreifen.

Lesen Sie hier detailliert, wie Sie gegebe­nenfalls um eine Strafe herum kommen.

  1. Augenblicks­versagen: Wenn Unaufmerk­samkeit hilft

Wer als Autofahrer ein Straßen­schild übersieht, auf dem eine Geschwin­digkeit angezeigt wird und daraufhin geblitzt wird, hat unter Umständen die Chance einer Strafe zu entgehen beziehungsweise den Führer­schein zurück zu erhalten, so er in der Folge des Blitzers eingezogen wurde. Zumindest dann, wenn es vor dem Blitzer tatsächlich nur ein Straßen­schild gab, dass die Geschwin­digkeit anzeigt, ehe es zum Blitzen kam. Ähnliches gilt auf der Autobahn bei vielen Baustellen und ständig wechselnden Tempolimits – verbunden mit einer unüber­sicht­lichen Ausschil­derung. Allerdings sind Augenblicks­versagen immer Einzel­fall­ent­schei­dungen, verlassen kann man sich auf diese Argumen­tation nicht. In einem solchen Fall würde das Gericht vermutlich einen Beschil­de­rungsplan anfordern, um die Aussage zu überprüfen. 

Sonderfall: besondere Umstände

Es können Umstände zu Blitzer-Fotos führen, die den Fahrer entschuldigen. Etwa, wenn man auf der Autobahn einem plötzlich aussche­renden Fahrzeug ausweichen muss und während­dessen die angezeigte Geschwin­dig­keits­be­grenzung übersieht. Diese besonderen Umstände werden von Gerichten gemeinhin anerkannt. Das größte Problem hierbei: der Beweis.

Grundlegende Kritik an Kommunen

Der Deutsche Anwalt­verein kritisiert seit längerem, dass die Kommunen bei der Aufstellung der Blitzgeräte ihren eigenen Verwal­tungs­vor­schriften nicht nachkommen. Nach diesen sollen Blitzer überwiegend nur an Unfall­schwer­punkten, vor Kitas und Schulen sowie an Kranken­häusern aufgestellt werden – also dort, wo es besonders auf die Verkehrs­si­cherheit ankommt. „Wo sie tatsächlich stehen, wissen wir“, so Elsner. Nämlich dort, wo am meisten Geld zu holen ist.

Dieser Umstand wurde in diesem Jahr bereits Gegenstand eines Aprilscherzes – und nicht jeder Leser hat ihn als solchen gleich erkannt...

Mit der App des Deutschen Anwalt­vereins können Sie direkt Ihr Bußgeld ermitteln. Hier können Sie diese für Ihr IPhone herunterladen, hier für Ihr Android-Gerät.

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Datum
Aktualisiert am
07.12.2018
Autor
ndm
Bewertungen
30353 4
Themen
Auto Bußgeld Polizei Straßen­verkehr

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