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Nötigung im Straßen­verkehr: ein schneller Überblick

Nötigung im Straßenverkehr – wann Sie sich strafbar machen
© Quelle: nmann77/fotolia.com

Auf Deutschlands Straßen geht es nicht immer zimperlich zu. Vor allem in Großstädten und auf der Autobahn sind Drängeln, Rasen und Drohen keine Seltenheit. Die Anwalt­auskunft erklärt, wann im Straßen­verkehr eine Nötigung vorliegt – und wann es sinnvoll ist, einen Rechts­anwalt anzurufen.

Was eine Nötigung ist, erläutert das Strafge­setzbuch: "Wer einen Menschen rechts­widrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfind­lichen Übel zu einer Handlung nötigt" der begeht laut §240 StGB eine solche Straftat. Doch was bedeutet dies für den Straßen­verkehr?

Eine strafbare Nötigung im Straßen­verkehr kann begehen, wer ...

  • einen nachfolgendes Auto ohne Grund ausbremst oder dieses durch einen überraschenden Fahrbahnwechsel zum Bremsen zwingt.
  • bewusst zu dicht auffährt.
  • die Fahrbahn blockiert.
  • ein anderes Auto nach dem Überholen bewusst schneidet.
  • die Überholspur mit niedriger Geschwindigkeit absichtlich versperrt.
  • andauernd hupt oder immer wieder aufblendet, die Lichthupe betätigt.
  • auf einen Fußgänger zufährt, um diesen aus einer Parklücke zu drängeln.

Nicht jedes unangenehme Verhalten im Straßen­verkehr ist gleich eine Nötigung

Dabei sollte man beachten: Voraus­setzung für eine Nötigung gemäß StGB ist eine vorsätzliche Behinderung in Verbindung mit Gewalt oder einer Drohung. Wer kurzzeitig zu dicht auf ein anderes Fahrzeug auffährt oder vor dem Überhol­vorgang einmal mit der Lichthupe auf sich aufmerksam macht, begeht nicht gleich eine strafbare Nötigung. Ersteres ist zwar verkehrs­widriges Verhalten – jedoch nur eine Ordnungs­wid­rigkeit – letzteres nach Straßen­ver­kehrs­ordnung nicht strafbar. Dies sollten Personen im Hinterkopf behalten, bevor sie eine Nötigung zur Anzeige bringen.

Welche Strafen drohen?

Stellt ein Gericht fest, dass Nötigung vorliegt, so kann es laut StGB empfindliche Strafen verhängen. Diese fallen – je nach Schwere der Tat – sehr unterschiedlich aus. So können Richter eine Geldstrafe anordnen, temporär oder permanent die Fahrerlaubnis erziehen, drei Punkte in Flensburg verhängen und – in besonders schweren Fällen – eine Freiheits­strafe von bis zu drei Jahren anordnen.

Urteil gegen Taxifahrer wegen Beleidigung

Verschiedene Urteile zeigen, wie Richter diese Reglungen in der Praxis anwenden. So hat das Amtsge­richt München am 25. Juni 2015 (AZ: 922 Cs 433 Js 114354/15) einen Taxifahrer wegen Belei­digung und Nötigung zu einer Geldstrafe von 1000 Euro und einem Monat Fahrverbot verur­teilt.

In dem Fall war der 56-jährige Taxifahrer mit seinem Fahrzeug ohne Fahrgast in München unterwegs. Vor ihm fuhr ein 40-jähriger Münchner mit seinem VW Touran.

Taxifahrer bremst aus und zeigt Mittel­finger

Nach der Beweis­auf­nahme durch die Polizei stand fest, dass das Taxi plötzlich mit hoher Geschwin­digkeit auf der Gegen­fahrbahn überholt hatte. Beim Vorbei­fahren zeigte der Taxifahrer dem anderen Fahrer den ausge­streckten Mittel­finger. Unmit­telbar danach scherte das Auto so knapp vor ihm ein, dass der Fahrer des Tourans eine Vollbremsung einleiten musste und die Reifen quietschten. Nur so konnte er einen Auffahr­unfall verhindern.

Die Folge: Bußgeld und Fahrverbot

Das Amtsgericht München verurteilte den Taxifahrer in dem Fall zu 50 Tagessätzen zu je 20 Euro (1.000 Euro) sowie einem Monat Fahrverbot. Das Einscheren erfolgte nach Ansicht des Gerichts ausschließlich in der Absicht, den Fahrer zu der Vollbremsung zu zwingen. Der Taxi-Fahrer haben dem 40jährigen Münchner sein zu langsames Fahren vor Augen führen wollen.

Das Gericht glaubte dem Taxifahrer nicht, dass er auf der linken Spur zum Überholen angesetzt hatte, als das andere Auto vor ihm nach links ausge­schert sei. Der Taxifahrer hatte gemeint, er sei sehr erschrocken gewesen und habe reagiert, indem er noch weiter nach links ausge­schert sei und auf der Gegen­seite das Fahrzeug überholt habe. Dabei hätte er lediglich eine wegwer­fende Handbe­wegung gemacht, jedoch nicht den gestreckten Mittel­finger gezeigt. Das bewertete das Gericht als Vertei­di­gungs­haltung und glaubte dem Mann nicht.

Zugunsten des Taxifahrers berück­sichtigte das Gericht, dass er bisher nicht vorbe­straft war. Dennoch blieb es dabei: Das verkehrs­wi­drige Überhol­manöver in Verbindung mit der völlig unange­brachten Nötigung stelle einen im Straßen­verkehr nicht tolerablen Exzess dar, der die Sanktion eines zumindest einmo­na­tigen Fahrverbots nach sich ziehen müsse, so die Richter.

Vorwurf der Nötigung: auch Freispruch möglich

Doch nicht immer enden Prozesse, in denen es um die Straftat der Nötigung geht, mit einer Verurteilung. So sprach das Amtsgericht Staufen im Breisgau im November 2017 einen Beklagten vom Vorwurf der Nötigung frei, der den Kläger auf der Autobahn 5 zwischen Heitersheim und Freiburg rechts überholt hatte. Dies hatte der Beklagte im Laufe des Prozesses zugegeben.

Grund für den Freispruch waren unter anderem Unstim­mig­keiten zwischen den Aussagen des Klägers vor Gericht und dem, was er der Polizei zu Protokoll gegeben hatte. So sprach er im Prozess davon, nach dem Überhol­vorgang eine Vollbremsung hingelegt zu haben – der Polizei hingegen hatte er gesagt, dass er mit seinem Fahrzeug überhaupt nicht habe bremsen müssen. Weitere Unstim­mig­keiten zwischen Aussagen im Prozess und Protokoll kamen hinzu.

Beifahrerin bestätigt Aussagen des Beklagten

Für den Angeklagten sprach außerdem, dass seine damalige Beifahrerin – eine Arbeits­kollegin – seine Aussagen bestätigen konnte. Sie fahre gerne mit ihm, da er sich am Steuer sehr defensiv verhalte. Zudem berück­sich­tigten die Richter, dass der Beklagte ein unbescholtener Autofahrer ist. Sei er ein Drängler, wäre er sicher schon einmal mit überhöhter Geschwin­digkeit geblitzt worden. Dies sei jedoch nicht der Fall.

Abschließend verurteilten die Richter den Beklagten zu einer Geldstrafe von 100 Euro und einem Punkt in Flensburg. Zwar war der Vorwurf der Nötigung nicht haltbar. Doch beim Rechts­überholen handelt es sich um eine Ordnungs­wid­rigkeit, die das Gericht ahndete. "Rechts­überholen ist verboten. Punkt aus und Amen", so die Abschlussworte der Richterin.

Nötigung: Wann ein Rechts­anwalt sinnvoll ist

Wer sich mit dem Vorwurf der Nötigung im Straßen­verkehr konfrontiert sieht, sollte sich an einen Anwalt für Verkehrsrecht wenden. Der Grund: Nur Anwälte können in solchen Fällen Akteneinsicht beantragen und Optionen und Risiken des Beklagten richtig einschätzen. Auch wer der Meinung ist, Opfer von Nötigung im Straßen­verkehr zu sein und einschätzen möchte, ob der Tatbestand der Nötigung im Straßen­verkehr zutrifft, sollte einen Rechts­anwalt zu Rate ziehen.

Datum
Aktualisiert am
29.05.2018
Autor
DAV
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Themen
Auto Straßen­verkehr

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