Die Anzeige in dem Internetportal klang vielversprechend: Ein gebrauchter Kleinwagen, zwei Jahre alt, ohne Unfallschäden, für einen sehr günstigen Preis. Walter meldete sich daraufhin sofort bei dem Verkäufer und machte einen Termin aus. Dass der Verkäufer die Sachmängelhaftung ausschließen wollte und mit einer Probefahrt nicht einverstanden war, machte Walter allerdings stutzig. Ist solch ein Vorgehen erlaubt?
Gebrauchtwagenkauf: Kein Anspruch auf Probefahrt
Vor jedem Autokauf sollte der Interessent das Auto genau in Augenschein nehmen und eine Probefahrt machen. „Einen Anspruch auf eine Probefahrt hat man zwar nicht“, sagt Rechtsanwalt Jens Dötsch, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Allerdings sei es ganz und gar nicht ratsam, ein Auto zu kaufen, ohne vorher damit gefahren zu sein. Wolle der Verkäufer nicht, dass der potenzielle Käufer eine Probefahrt mache, sei das ein sehr schlechtes Zeichen.
Probefahrt ohne Kennzeichen: Käufer und Verkäufer machen sich strafbar
Wie sieht es mit der Probefahrt beim Autokauf aus, wenn der Verkäufer das Auto schon abgemeldet hat? Auch dann ist die Probefahrt zwar möglich, allerdings nur auf Privatgelände. Vorsicht: Supermarktparkplätze gelten entgegen einem verbreiteten Irrglauben nicht als Privatgelände.
Wer ohne Kennzeichen auf die Straße fährt, begeht damit eine Ordnungswidrigkeit. Ist das Fahrzeug nicht versichert – wie es bei abgemeldeten Fahrzeugen meist der Fall ist – verstößt eine Probefahrt auf der Straße gegen das Pflichtversicherungsgesetz. Das ist eine Straftat. Strafbar macht sich dabei nicht nur der Fahrer selbst, sondern auch der Verkäufer, der die Fahrt nicht verhindert hat.
Unfall während Probefahrt beim Autokauf: Verkäufer wird hochgestuft
Auch wenn das Fahrzeug noch durch den Verkäufer versichert ist, ist Vorsicht geboten. „Wer eine Probefahrt machen möchte, sollte immer fragen, ob das Auto kaskoversichert ist“, warnt der Rechtsanwalt aus Andernach. Denn andernfalls müsse der Probefahrer für Schäden aufkommen, sollte es zum einem Unfall kommen.
Zusätzlich wird dann der aktuelle Besitzer des Wagens in der Versicherung höher gestuft – unabhängig davon, ob er selbst gefahren ist oder nicht. Der Probefahrer muss dann auch den Differenzbetrag übernehmen. „Bedenkt man, dass der Fahrer das Auto ja nicht kennt, ist die Unfallgefahr höher als beim eigenen Fahrzeug“, fügt Rechtsanwalt Dötsch hinzu.
Privater Autoverkäufer kann Sachmängelhaftung ausschließen
Ist die Probefahrt reibungslos verlaufen und werden Käufer und Verkäufer sich einig, geht es an den Kaufvertrag. Hierbei ist wichtig: Im Gegensatz zu einem gewerblichen Gebrauchtwagenhändler kann ein privater Verkäufer die Sachmängelhaftung ausschließen. Sachmängelhaftung bedeutet, dass der Händler bis zu einem Jahr nach der Übergabe des Autos für alle Mängel haftet, die es zum Zeitpunkt des Kaufes hatte. Er muss dann zum Beispiel für Reparaturen zahlen. Wer bei einem privaten Verkäufer kauft, kann diesen meist nicht für Mängel haftbar machen, die nach dem Autokauf zutage treten.
Autokauf von privat: Garantie für „Zusicherungen des Verkäufers“
Bei einem Autokauf von privat kann der Verkäufer aber bestimmte Dinge garantieren. Für die Dinge, die er unter „Zusicherungen des Verkäufers“ einträgt, muss er einstehen – auch wenn er das Auto selbst gebraucht gekauft hat und nicht alles wissen kann. Dann liegt eine sogenannte Garantieübernahme vor.
So musste ein Verkäufer ein Auto zurücknehmen, weil der Tachostand nicht der tatsächlichen Laufleistung entsprach. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV informiert über die entsprechende Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 18. Mai 2017 (AZ: 1 U 65/16).
In dem Fall kaufte ein Mann einen gebrauchten Mercedes für 8.000 Euro von privat. Nach kurzer Zeit wollte er den Wagen wegen eines angeblich falschen Tachostands zurückgeben. Der Verkäufer verweigerte die Rücknahme. Schließlich habe er den Wagen selbst gebraucht gekauft und kenne dessen Vorgeschichte nicht. Auch habe er die Kilometer-Angabe im Kaufvertrag als „laut Tacho“ eingetragen.
Der Tachostand des Gebrauchtwagens war aber tatsächlich falsch. Ein Sachverständiger stellte fest, dass der Gebrauchtwagen bereits Anfang 2010 eine Laufleistung von über 222.000 km aufgewiesen hatte. Verkauft wurde der Wagen im September 2015 mit einem Tachostand von 160.000 km. Das Landgericht Oldenburg verpflichtete den Verkäufer zur Rücknahme des Gebrauchtwagens. Der Verkäufer hatte die Laufleistung im Kaufvertrag unter der Rubrik „Zusicherungen des Verkäufers“ eigenhändig eingetragen. Er hat damit ausdrücklich eine Garantie übernommen, an die er sich halten müsse.
Autokauf „gekauft wie gesehen“: Verkäufer haftet für Mängel, die Laie nicht erkennen kann
Auch in einem anderen Fall haben Autokäufer gegenüber privaten Verkäufern Gewährleistungsansprüche. Und war dann, wenn es heißt „gekauft wie gesehen“. Dann ist die Haftung nur für Mängel ausgeschlossen, die für den Käufer eines Gebrauchtwagens von privat erkennbar waren. Die Formulierung bezieht sich nur auf das, was ein Laie ohne einen Sachverständigen erkennen kann, wenn er einen Gebrauchtwagen besichtigt.
Für alles andere muss der Verkäufer haften. Auch dann, wenn er selbst den Mangel nicht kannte! Das geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 28. August 2017 (AZ: 9 U 29/17) hervor, das hiermit wieder zugunsten von Autokäufern entschieden hat. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht DAV informierte über die Entscheidung.
Es komme nicht darauf an, so das Gericht, ob der Verkäufer des Autos von dem Vorschaden wisse. Für den Gewährleistungsanspruch sei dies keine Voraussetzung. Auch das Argument des Verkäufers, die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten eines privaten Autoverkäufers würden überspannt, greife nicht. Denn ihm hätte freigestanden, im Kaufvertrag einen umfassenden Haftungsausschluss für alle ihm nicht bekannten Mängel zu vereinbaren. Die Käuferin kann den Wagen zurückgeben und erhält den Kaufpreis zurück. Es kommt also doch auf die Formulierung des Kaufvertrages an, so die DAV-Verkehrsrechtsanwälte.
Autokauf von privat: Rücktritt möglich bei Verschweigen von schweren Mängeln
Auch abgesehen davon ist ein privater Käufer dem Verkäufer nicht auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. „Über Vorschäden wie schwere Unfallschäden muss der Verkäufer natürlich informieren“, sagt Rechtsanwalt Dötsch. Verschweige er einen solchen Mangel, gelte das als Betrug. Natürlich sei es auch möglich, dass auch der Verkäufer den Wagen ahnungslos übernommen habe und seinerseits von einem Betrüger über den Tisch gezogen worden sei.
So oder so: Bei schweren Mängeln am Fahrzeug hat der Käufer ein Rücktrittsrecht. „Wie bei allen Kaufverträgen kann der Käufer sein Geld zurückbekommen, wenn die Ware – hier das Auto – wesentlich vom vereinbarten Zustand abweicht“, fügt Rechtsanwalt Dötsch hinzu. Abgesehen davon bestehe bei einem Gebrauchtwagenkauf von privat kein Rücktrittsrecht. Gleiches gelte, wenn man ein Auto in einem Autohaus kaufe.
Verkauft ein Händler sein Fahrzeug als privater Verkäufer, obwohl er eigentlich gewerblich agiert – und zum Beispiel eine große Anzahl an Auto verkauft – drohen ihm zivilrechtliche Konsequenzen. Der Käufer selbst muss keine Strafe befürchten, vorausgesetzt, er wusste nichts von dem Betrug.
- Datum
- Aktualisiert am
- 03.01.2018
- Autor
- vhe