Wildunfälle

Ausweichen vor Wild: Bei Unfall zahlt Versicherung

Wer zahlt bei einem Wildunfall? © Quelle: Jentzsch/corbisimages.com

Bei Wildun­fällen ist oft nicht klar, welche Reaktion des Autofahrers die richtige ist. Bei kleineren Tieren muss man schon überlegen, ob eine Vollbremsung auf glatter Straße richtig wäre. Bei größeren Wildtieren wie etwa Rehen ist eine Vollbremsung wiederum geboten. Strittig ist, wann die Versicherung den Schaden zahlen muss, wenn man eine Teilkas­ko­ver­si­cherung hat.

Wenn zwei Rehe die Straße überqueren, ist eine Vollbremsung gerecht­fertigt, so das Amtsgericht in Bad Segeberg. Man muss sich auch dann keine Gedanken darüber machen, wenn die Fahrbahn glatt ist. Voraus­setzung ist, dass der Fahrer mit angemessen geringer Geschwin­digkeit fährt. Im Übrigen kann einem Autofahrer, der in Sekunden­bruch­teilen entscheiden muss, nicht zu viel zugemutet werden, so die Arbeits­ge­mein­schaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV).

Wildwechsel – Verhindern eines Wildunfalls

Als der Autofahrer mit etwa 50-60 km/h Geschwin­digkeit fuhr, wechselten plötzlich direkt vor ihm zwei Rehe von rechts aus dem Wald auf das links liegende Feld. Um einen Unfall zu vermeiden, bremste der Mann, kam aber ins Rutschen. Das Fahrzeug drehte sich und prallte mit seiner rechten Seite gegen einen Baum. Der Fahrer gab an, der zuständige Jagdpächter habe frische Rehspuren an der Unfall­stelle festge­stellt.

Beweislast liegt beim Autofahrer

Grundsätzlich muss der Autofahrer nachweisen, dass es einen Wildwechsel gab und er ausgewichen ist. Dies sei in der Praxis oft schwierig, könne aber, so das Amtsgericht in Bad Segeberg, durch eine glaubwürdige Aussage des Autofahrers erfolgen – unabhängig von der Tatsache, dass ein nur Teilkas­ko­ver­si­cherter ein natürliches Interesse habe, dass der ansonsten nicht versicherte Schaden ersetzt werde. Das Gericht glaubte hier dem Autofahrer und verpflichtete die Versicherung, den Schaden zu bezahlen.

Urteil: Vollbremsung bei Rehen geboten

Das Gericht entschied, dass eine Vollbremsung dann geboten sei, wenn zwei Rehe unmittelbar vor einem Auto die Fahrbahn überqueren. Es sei richtig zu versuchen, eine Kollision mit größeren Wildtieren zu verhindern. Dies sei auch dann erlaubt, wenn die Fahrbahn wegen Schneefalls glatt sei. Eine Vollbremsung sei dann immer noch geboten, wenn der Fahrer, wie hier, lediglich mit geringer Geschwin­digkeit gefahren sei.

Teilweise sehen andere Gerichte das anders; das hier entscheidende Gericht meinte aber, dass man dem Autofahrer keinen Vorwurf machen könne – und das selbst dann nicht, wenn man die Vollbremsung auf einer schnee­glatter Fahrbahn nicht für objektiv geboten halte.  Bei einer solchen Situation könne dem Autofahrer, der in Sekunden­bruch­teilen entscheiden müsse, kein Vorwurf gemacht werden.

Trotz der Beweislast des Autofahrers hatte das Amtsgericht Bad Segeberg keine Bedenken, eine Verurteilung der Versicherung allein auf die Angaben des Mannes zu stützen.  

Tipp

Konnte man einen Wildunfall verhindern, hat aber einen Schaden an seinem Fahrzeug davonge­tragen, sollte man versuchen, Beweise zu finden. Man könnte wie im vorlie­genden Fall den zuständigen Jagdpächter informieren und fragen, ob es frische Wildspuren an der Unfall­stelle gebe. Man kann aber auch selbst Spuren fotografisch festhalten.

Amtsgericht Bad Segeberg am 30. Oktober 2014 (AZ: 17 C 65/14)

Quelle: www.verkehrsrecht.de