
Eine stationäre Einrichtung hat daher nur dann gegenüber den Landesverbänden der Pflegekassen Anspruch auf einen Versorgungsvertrag für die vollstationäre Pflege, wenn sie auch ein Angebot im Bereich der Tagesgestaltung vorhält. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. September 2015 (AZ: L 15 P 36/12).
Hat Pflegeheim Anspruch gegen Pflegeversicherungen?
Im zugrundeliegenden Fall klagte ein Pflegeheim auf Abschluss eines Pflegeversorgungsvertrags. Es nimmt ausschließlich behinderte Menschen mit einer Pflegestufe auf, die auch arbeitsfähig sind. Es versorgt sie nach Art eines Pflegeheims, allerdings gibt es kein Angebot im Bereich der Tagesgestaltung. Die Bewohner werden vielmehr tagsüber für sieben bis acht Stunden in eine Werkstatt für Behinderte gebracht, damit sie dort handwerklich arbeiten können.
Tagesangebote der Pflegeeinrichtung entscheidend
Das Landessozialgericht Celle-Bremen hat ausgeführt, dass für einen Anspruch auf einen Versorgungsvertrag die Erbringung von Pflegeleistungen für die Bewohner im Mittelpunkt des Einrichtungszwecks stehen müsse.
Also nahm das Gericht das Angebot des Heims genau unter die Lupe. Wenn die soziale und berufliche Integration im Vordergrund stehe, gebe es keinen Anspruch, da die stationäre Einrichtung dann kein Pflegeheim, sondern eine Einrichtung der Behindertenhilfe darstelle (§ 71 Abs. 4 SGB XI). Die Einordnung habe nicht allein aufgrund des eigenen Leistungsangebots der Einrichtung, sondern anhand einer Gesamtbewertung der institutionellen Zusammenarbeit mit der Behindertenwerkstatt zu erfolgen. Vollstationäre Pflege ist eine Pflege "rund um die Uhr", die auch ein Angebot für die Strukturierung des Tags einschließen muss.
Im vorliegenden Fall macht die Einrichtung die Aufnahme neuer Bewohner auch davon abhängig, dass sich diese im erwerbsfähigen Alter befinden. Daraus und aus der Tätigkeit in den Behindertenwerkstätten wird klar, dass der vorrangige Zweck in der beruflichen und sozialen Integration liegt. Dies ist aber nicht Gegenstand der Pflegeversicherung, sondern der Absicherung des Risikos der Altersgebrechlichkeit.
Mit seinem Urteil hat das Landessozialgericht eine Streitfrage entschieden, die vor allem für die Finanzierung der Einrichtung von Bedeutung ist. An den Kosten einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe, in der
• die Teilhabe am Arbeitsleben,
• am Leben in der Gemeinschaft,
• die schulische Ausbildung und
• die Erziehung behinderter Menschen im Vordergrund stehen,
haben sich die Pflegekassen lediglich mit zehn Prozent desjenigen Heimentgelts zu beteiligen (§ 43a SGB XI), das zwischen der Einrichtung und den Trägern der Sozialhilfe nach § 75 Abs. 3 SGB XII vereinbart wird.
Quelle: www.dav-sozialrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 02.08.2017
- Autor
- DAV