„Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ Mit diesem Satz können sich die diversen Ex-Bachelor-, Ex-DSDS, Ex-Sonstewas-Teilnehmer aus dem Urwald befreien und die Heimreise nach Deutschland antreten. Aber warum eigentlich? Interessante Bekanntschaften, Schlaf unter freiem Himmel und kulinarische Ungewöhnlichkeiten klingen zunächst einmal nach einem exotischen Urlaub. Von der anständigen Entlohnung für höchstens zwei Wochen Urwalderfahrung mal ganz zu schweigen.
Nun ist es ja aber so, dass bei einigen Teilnehmern derartiger TV-Events oftmals unklar ist, womit sie hierzulande eigentlich ihr Geld verdienen. Walter Freiwald, ehemals RTL-Moderator, hat nun kürzlich im Camp erzählt, dass er länger schon arbeitslos sei und seine Bewerbungen erfolglos geblieben sind.
Arbeitslose haben keinen Urlaubsanspruch
Und nicht nur deshalb drängt sich alle Jahre wieder und zu jeder neuen Staffel bei der Sichtung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer unweigerlich der Verdacht auf, dass sie sich nur deshalb 24 Stunden täglich filmen lassen, um überhaupt mal wieder auf dem Bildschirm zu erscheinen. Von roten Teppichen füllt sich eben das Bankkonto nicht.
Doch wie sieht die Rechtslage dazu aus? Dürfen Arbeitslose überhaupt zwei Wochen in den Urlaub fliegen?
Was hier gilt, weiß die Leipziger Rechtsanwältin Constanze Würfel. Sie ist Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) und sagt: „Arbeitslose haben einen Anspruch auf drei Wochen Jahresurlaub. In jedem Fall muss der Arbeitslose den Urlaub vorher mit dem Arbeitsamt beziehungsweise dem Jobcenter abstimmen.“ Ohne eine Zustimmung werde riskiert, dass die Leistungen gestrichen werden.
Arbeitsvermittler entscheidet über Mehrurlaub – je nach Terminlage
Auf Urlaub über drei Wochen bestehe dagegen kein Anspruch, so Würfel. „Das Arbeitsamt oder das Jobcenter können aber einen solchen in begründeten Fällen genehmigen.“ Die Genehmigung hänge dann vom Arbeitsvermittler ab und davon, inwieweit etwa Vorstellungsgespräche in dieser Zeit anstehen oder eine Arbeit aufgrund der Ortsabwesenheit nicht aufgenommen werden könne.
Anträge auf Urlaube sind nach Auskunft der Homepage der Arbeitsagentur erst unmittelbar vor der geplanten Reise zu stellen, so dass der Arbeitsvermittler abschätzen kann, ob Wichtiges in der womöglich abwesenden Zeit ansteht. Auf der anderen Seite ist so eine kostengünstigere langfristige Urlaubsplanung nicht möglich. „Daher können Arbeitslose darauf drängen, dass die Einwilligung spätestens zwei Wochen vor Urlaubsantritt erteilt wird“, erklärt Sozialrechtsexpertin Würfel.
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld kann entfallen
„Wer allerdings ohne Genehmigung sechs Wochen am Stück urlaubt, erhält für den gesamten Zeitraum kein Arbeitslosengeld“, sagt Constanze Würfel. Unterschieden werde dabei nicht zwischen Empfängern von Arbeitslosengeld I oder II: Die Urlaubsregelungen gelten im Grundsatz für beide Gruppen, so die Rechtsanwältin. „Lediglich in der Ausgestaltung der Zustimmungserfordernisse und deren Rechtsfolgen bei Verletzung dieser gibt es einige Unterschiede.“
Constanze Würfel ergänzt zwei wichtige Punkte: Zum einen gehe aus der sogenannten Erreichbarkeits-Anordnung hervor, dass das Arbeitsamt in den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit einen Urlaub nur in Ausnahmefällen genehmigen soll. „Zum anderen ist entscheidend, dass urlaubende Arbeitslose anschließend sich umgehend beim Arbeitsamt zurückmelden.“ Andernfalls könne ein Anspruch auf das Arbeitslosengeld entfallen, so Würfel.
Für die Dschungelcamper - und konkret Walter Freiwald - heißt das wohl: Wer arbeitslos ist und seinen Anspruch auf Jahresurlaub von drei Wochen für die Reise ans Ende der Welt aufbrauchen möchte, kann das wohl tun.
Müssen Arbeitslose ein Dschungelcamp-Jobangebot annehmen?
Natürlich lässt sich die Frage auch andersherum stellen. Arbeitslose sind ja verpflichtet, sich regelmäßig auf passende und freie Stellen zu bewerben, als ALG-II-Empfänger sogar weitgehend verpflichtet, bestimmte Jobs anzunehmen. Das hängt wiederum mit der Zumutbarkeit einer angebotenen freien Beschäftigung zusammen. „Diese Zumutbarkeitsgrenzen sind mit der Agenda 2010 deutlich ausgeweitet worden“, sagt Rechtsanwältin Würfel.
Heißt das demnach, dass arbeitslose „Prominente“ ins Dschungelcamp müssen, wenn er Fernsehsender RTL sie anspricht?
Nein und das zunächst alleine deshalb, da diese temporären „Jobs“ nicht vom Jobcenter vermittelt werden. Aber selbst wenn, lässt sich gut begründen, warum man sich nicht den Kakerlaken und einem Millionenpublikum aussetzen will. Körperliche Beschwerden können etwa dagegen sprechen, denn der zweiwöchige Schlaf auf Hängematten tut nicht jedem Rücken gut.
Darüber hinaus können diverse Ängste oder gar Psychosen den Abflug in die Wildnis begründet verhindern. Wer etwa Angst vor Schlangen oder Spinnen hat, darf nicht dazu gezwungen werden, mit ihnen gemeinsam zu hausen.
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- Datum
- Aktualisiert am
- 19.01.2015
- Autor
- ndm