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Pflege­fragen

Unverheiratet in Patchwork-Familie: Höherer Eltern­un­terhalt rechtens?

Quelle: Westend61/gettyimages.de
Verheiratete müssen weniger Elternunterhalt zahlen. Dagegen klagte nun ein Mann.

Kinder müssen für pflege­be­dürftige Eltern unter Umständen finanziell aufkommen. Verhei­ratete müssen allerdings einen geringeren Satz für die Pflege zahlen als jene Menschen ohne Traustein. Dagegen hat nun ein Famili­envater geklagt – mit Erfolg, zumindest ein wenig.

Die Richter des Bundes­ge­richtshofs (BGH) stärkten zunächst einmal ganz grundsätzlich die Rechte unverhei­rateter Eltern. Denn sie legten fest, dass sich Versor­gungs­an­sprüche der Mutter auch daraus ergeben können, wenn beide Partner gemeinsam entscheiden, ihr Kind lieber zu Hause zu betreuen. Damit räumt der BGH Eltern, die ohne Trauschein zusammenleben, mehr Gestal­tungs­spielraum ein als Allein­er­zie­henden (AZ: XII ZB 693/14).

Der Vater einer Patchwork-Familie darf damit neu hoffen, keinen Unterhalt für seinen pflege­be­dürftigen Vater zahlen zu müssen – er findet, dass er wie ein Ehemann Frau und Kinder versorgt und die Familie deshalb vorgeht.

Der konkrete Fall muss nun neu verhandelt und entschieden werden, wie die Richter mitteilten. Demnach wird sich zeitnah das Oberlan­des­gericht Nürnberg erneut mit der Frage beschäftigen.

Eltern­un­terhalt trotz Versorgung der Familie: Worum vor dem BGH gestritten wurde

Das Land Berlin verlangt von dem Famili­envater insgesamt rund 15.000 Euro an Sozial­leis­tungen für die Pflege seines Vaters – rückwirkend. Die Behörden sind der Ansicht, dass der Vater, der seit Jahren in seiner Berliner Wohnung von einem Pflege­dienst versorgt wird, von seinem Sohn mit monatlich 271 Euro unterstützt werden muss (und in den vergangenen Jahren hätte unterstützt werden müssen). Der aber sieht das nicht ein, da er – wenn er mit seiner Lebens­ge­fährtin verheiratet wäre – mehr Geld für seine Familie zurück­be­halten dürfte.

Der Sohn lebt seit 2007 mit seiner Lebens­ge­fährtin zusammen, gemeinsam haben beide eine sieben­jährige Tochter. Zudem hat die Frau aus einer früheren Ehe zwei Kinder.

Der Mann, der netto knapp 3500 Euro verdient, will erreichen, dass das deutlich niedrigere Einkommen seiner Partnerin bei der Berechnung zu seinen Gunsten berück­sichtigt wird - so wäre es in einer Ehe. Die Chancen, dass er damit Erfolg hat, sind mit der Entscheidung des BGH gestiegen. Das Oberlan­des­gericht Nürnberg ist nun am Zug.

Hintergrund zum Eltern­un­terhalt

„Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.“ Dieser Satz steht im Bürger­lichen Gesetzbuch und fasst im Grunde zusammen, was sich hinter dem Eltern­un­terhalt verbirgt: Können die pflege­be­dürftigen Eltern ihren Lebens­bedarf mit ihrer Rente, dem eigenen Vermögen und dem Pflegegeld nicht decken und sind die Kinder dazu in der Lage, werden sie herangezogen, wenn es darum geht, die Eltern finanziell zu unterstützen. Oder wie es im Behörden­deutsch heißt: Neben der Bedürf­tigkeit der Eltern muss gleichsam die Leistungs­fä­higkeit des Kindes gegeben sein.

Enkelkinder können dabei nicht zur Zahlung verpflichtet werden. Der Sozial­hil­fe­regress greift nur bei den Kindern. Hier wiederum kommen auch die Schwie­ger­kinder ins Spiel, denn wenn das Kind verheiratet ist, wird auch auf das Einkommen und Vermögen des Ehepartners geschaut.

In der Regel wird diese Frage relevant, wenn die Eltern in Alters- oder Pflege­heimen unterge­bracht werden, die oftmals notwendig, aber auch teuer sind. Doch auch bei ambulanter häuslicher Pflege können Unterhalts­for­de­rungen durch die Sozial­hil­fe­träger auftreten.  

Üblicherweise übernehmen hierbei die Sozialämter zunächst die offene Summe beziehungsweise die Zahlungen, gleich­zeitig geht auf sie der Unterhalts­an­spruch der Eltern über – und die Ämter wenden sich dann an die Kinder. Sollten mehrere Kinder aus einer Partner­schaft hervor­ge­gangen sein, so haften sie mitunter alle – je nach Einkommens- und Vermögensstand.

Ältere Urteile zum Eltern­un­terhalt

In der Vergan­genheit haben sich Gerichte immer wieder mit dem Eltern­un­terhalt beschäftigt. 2010 etwa wies der Angeklagte darauf hin, dass er seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr zu seiner Mutter gehabt und diese ihn als Kind schlecht behandelt habe, was somit eine „unbillige Härte“ bedeuten würde, wenn er gegenüber dem Sozial­hil­fe­träger nun für den Unterhalt der Mutter aufkommen müsse. Der BGH entschied damals: Der Beklagte habe dennoch Unterhalt an seine Mutter bzw. den Sozial­hil­fe­träger zu entwenden (AZ: XII ZR 148/09).

Ähnlich entschieden die Richter auch Anfang 2014, als ein Sohn sich weigerte, für seinen Vater zu zahlen, da er jahrzehn­telang keinen Kontakt zu ihm gehabt habe. Doch entschied der BGH, dass auch dann kein Anspruch auf Verwirkung von Eltern­un­terhalt besteht, wenn das Elternteil einseitig Kontakt zum Kind abgebrochen hat (AZ: XII ZB 607/12). Wie diese beispiel­haften Fälle zeigen, sind Fragen rund um den Eltern­un­terhalt immer wieder Gegenstand von Gerichts­ver­hand­lungen. Sollten auch Sie mit den Behörden im Streit sein, empfiehlt es sich, frühzeitig rechtlichen Beistand zu holen. Hier finden Sie viele Sozial­rechts­exper­tinnen und Sozial­rechts­experten.

Datum
Aktualisiert am
10.03.2016
Autor
red/dpa
Bewertungen
903 2
Themen
Eltern Pflege Unterhalt

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