Wer als Arbeitnehmer eine Dienstreise unternimmt, ist bei einem Unfall gesetzlich versichert. Doch es gibt Ausnahmen von dieser Regel. Das hat das Sozialgericht Düsseldorf in einem Urteil vom 5. November 2015 deutlich gemacht (AZ: S 31 U 427/14).
Das Gericht stufte den Unfall eines Angestellten nachts im Hotelzimmer auf dem Weg zur Toilette nicht als Arbeitsunfall ein. Dies sei dem privaten und nicht dem dienstlichen Bereich zuzuordnen, so das Gericht. Über das Urteil berichtet die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Der Fall im Einzelnen: Der Diplom-Ingenieur übernachtete im Februar 2014 während einer Dienstreise in einem Hotel in Lübeck. Nachts stand er auf, um zur Toilette zu gehen. Dabei verhakte er sich mit beiden Füßen im Bettüberwurf, stürzte rückwärts und brach sich einen Wirbel. Er meinte, es liege ein Arbeitsunfall vor, da er sich auf Dienstreise befand.
Die Berufsgenossenschaft lehnte jedoch eine Entschädigung ab, da das nächtliche Aufstehen dem so genannten „eigenwirtschaftlichen Bereich“ zuzuordnen sei. Einer derartigen Sturzgefahr sei er auch in seinem privaten Lebensbereich ausgesetzt. Der Mann argumentierte, dass er sich bei Dienstreisen in unbekannter Umgebung aufhalte und hiermit eine besondere Gefahr verbunden sei.
Nicht jeder Unfall auf Dienstreise ist ein Arbeitsunfall
Seine Klage gegen die Entscheidung der Berufsgenossenschaft war erfolglos. Nach Auffassung des Sozialgerichts hatte der Unfall keinen inneren Zusammenhang zu seiner beruflichen Tätigkeit.
Die Nachtruhe im Hotelzimmer und die damit zusammenhängenden Verrichtungen seien vom Versicherungsschutz nicht umfasst, so das Gericht. Eine Ausnahme könne dann vorliegen, wenn ein Unfall durch eine gefährliche Einrichtung ausgelöst werde, die der Versicherte wegen eines auswärtigen Dienstgeschäftes benutzen muss. Die Toilette oder der Bettüberwurf stellten jedoch keine gefährliche Einrichtung des Hotelzimmers dar. Auch dann nicht, wenn der Kläger bei sich zu Hause keinen Bettüberwurf benutze.
Unfall auf der Toilette tagsüber kann als Arbeitsunfall gelten
Sucht man allerdings tagsüber während der Arbeitszeit eine Toilette auf und kommt es dabei zu einem Unfall, kann das als Arbeitsunfall gelten. Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts entschieden in einem solchen Fall im November 2016 zugunsten einer Beamtin (Urteil vom 17. November 2016, AZ: 2 C 17.16). Diese war während der Dienstzeit auf der Diensttoilette mit dem Kopf an den Flügel eines geöffneten Fensters gestoßen. Dadurch erlitt sie eine Platzwunde.
Das Land wollte diesen Unfall allerdings nicht als Dienstunfall anerkennen. Die Begründung: Es handele sich bei der Nutzung der Toilette nicht um Dienst, sondern um eine private Angelegenheit der Beamtin. Dagegen klagte die Frau. Das Verwaltungsgericht Berlin gab ihr recht und verpflichtete das Land, das Ereignis als Dienstunfall anzuerkennen. Das bestätigte das Bundesverwaltungsgericht. Den Richtern zufolge stehen Beamten bei Unfällen, die sich innerhalb des vom Dienstherrn beherrschbaren räumlichen Risikobereichs ereignen, unter dem Schutz der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge.
Bei Arbeitsunfall: Rechtsanwalt einschalten
Ob Beamter oder Angestellter - um sämtliche Rechte zu kennen, empfiehlt es sich, einen Sozialrechtsanwalt einzuschalten. Das ist auch dann ratsam, wenn die gesetzliche Unfallversicherung nicht zahlen will. Ein Rechtsanwalt kann in diesen Fällen die Erfolgsaussichten einer Klage abschätzen.
- Datum
- Aktualisiert am
- 17.11.2016
- Autor
- ime