
Wann sind Schüler auch außerhalb der Schule von der Unfallversicherung geschützt? Diese Frage dürfte besonders Eltern und Lehrer interessieren. Dabei gilt: Wenn ein Schüler sich zum Beispiel bei einer Projektarbeit verletzt, die außerhalb der Schule stattfindet, ist er über die Schülerunfallversicherung abgesichert. Das gilt auch dann, wenn sie unbeaufsichtigt ist. Dies entschied das Bundessozialgericht Kassel in letzter Instanz (AZ.: B2 U 8/16 R) und bestätigte damit ein Urteil des Landesozialgerichts Stuttgart vom 17. März 2016.
Rechtliche Regeln bei Unfall eines Schülers auf dem Nachhauseweg
In dem Fall verletzte sich ein Schüler auf dem Nachhauseweg von einer Projektarbeit. Die Schüler hatten im Rahmen des Musikunterrichts die Aufgabe, einen Videoclip zum Thema „Musik und Werbung“ zu drehen. Zunächst war vorgegeben, die Aufgabe während der Unterrichtszeit auf dem Schulgelände zu erledigen. Auf ihren Wunsch hin erhielten die Schüler die Möglichkeit, das Video auch im privaten Bereich zu drehen. Etwa die Hälfte machte hiervon Gebrauch.
Auf dem Nachhauseweg wurde der Schüler von einem Mitschüler angerempelt und stürzte. Dabei fiel er auf den Kopf, erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und sitzt seitdem im Rollstuhl. Die Berufsgenossenschaft hatte es abgelehnt, den Sturz des Schülers als Arbeitsunfall anzuerkennen. Das Sozialgericht in Heilbronn gab der Berufsgenossenschaft Recht. Das Landessozialgericht in der nächsten Instanz gab jedoch dem Schüler Recht. Das Bundessozialgericht bestätigte dieses Urteil schließlich im Januar 2018. Nach fünf Jahren haben der mittlerweile 20jährige und seine Familie nun Rechtssicherheit.
Unfall nach Projektarbeit durch Schülerunfallversicherung abgedeckt
Nach Auffassung des Landessozialgerichts ist entscheidend, dass die Gruppenprojektarbeit, bei der der Schüler verunglückt war, eine organisatorisch von der Schule getragene Unternehmung war – und zwar unabhängig davon, dass sie im häuslichen Bereich stattfand.
Das Bundessozialgericht folgt damit dem Urteil des Landessozialgerichts. Nach dessen Auffassung ist folgender Umstand entscheidend: Wenn die Schule den minderjährigen Schülern die Wahl lässt, ob und wie sie eine Unterrichtsaufgabe erledigen, führe dieser "aufgelockerte" Schulunterricht nicht dazu, dass die gesetzliche Schülerunfallversicherung entfalle. Das gelte selbst dann, wenn die Schüler nicht mehr beaufsichtigt würden.
Projektarbeiten auch außerhalb der Schule gehörten mittlerweile zu einem modernen Unterrichtskonzept, bei dem der schulorganisatorische Rahmen gelockert werde. Der Schutzbereich der Unfallversicherung decke diese Formen modernen Unterrichts ab.
Es hat sich gelohnt, hartnäckig zu bleiben, selbst nach der Abweisung in der ersten Instanz. Bei der Durchsetzung der Ansprüche hilft eine Sozialrechtsanwältin oder ein Sozialrechtsanwalt.
- Datum
- Aktualisiert am
- 24.01.2018
- Autor
- red/dpa