Das Thema Heizkostenrückzahlung ist ein steter Streitpunkt zwischen Hartz-IV-Empfängern und Jobcentern. Häufig landen diese Streitigkeiten vor Gericht.
Im September 2015 hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zur Heizkostenrückzahlung von Hartz-IV-Empfängern entschieden: Die SGB II-Leistung (Hartz IV) darf dann nicht wegen eines Guthabens gekürzt werden, wenn der Leistungsempfänger die Vorauszahlungen zum Teil aus eigenen Mitteln gezahlt hat.
Wenn also etwa der Landkreis nur einen Teil der Heizkosten übernommen hat, der Hartz-IV-Empfänger aber den anderen Teil aus dem Regelsatz angespart oder dafür Schulden gemacht hat, gehört diesem das Guthaben aus der Heizkostenabrechnung. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 23. September 2015, AZ: L 13 AS 164/14).
Hartz IV und Heizkostenrückzahlung: Was geschieht, wenn das Jobcenter die Heizkosten nur teilweise übernommen hatte?
Der Fall: Die Frau bezieht Hartz IV. Der Abschlag, den sie ihrem Energieversorger im Jahr 2011 für Erdgas zur Beheizung ihrer Wohnung zu zahlen hatte, betrug 115 Euro monatlich. Der Landkreis hielt diesen Betrag für zu hoch und zahlte nur Heizkosten in Höhe von 68,40 Euro. Dadurch entstand eine Deckungslücke von rund 46 Euro monatlich.
Die Frau wollte aber die Abschläge vollständig erbringen und lieh sich das Geld von einem Bekannten. Als die Jahresabrechnung des Energieversorgers für das Jahr 2011 eintraf, ergab sich, dass Heizkosten in Höhe von 968 Euro entstanden waren. Die Frau hatte jedoch mit den Vorauszahlungen insgesamt 1.380 Euro bezahlt. Der Energieversorger zahlte das Guthaben von über 400 Euro im Januar 2011 an die Frau aus. Damit zahlte sie das geliehene Geld zurück. Als der Landkreis davon erfuhr, kürzte er im Februar 2012 den Hartz-IV-Satz um diesen Betrag.
Hartz IV: Anrechnung von Guthaben auf Regelsatz
Laut Gesetz (§ 22 Abs. 3 SGB II) sind solche Guthaben anzurechnen, wenn sie an den Hartz IV-Bezieher ausbezahlt werden. Auch unterscheidet das Gesetz nicht, ob das Guthaben zuvor aus der Regelleistung angespart wurde oder etwa vom Landkreis bezuschusst wurde.
Gericht: Heizkostenguthaben gehört bei Eigenleistung dem Hartz-IV-Empfänger
Sowohl das Sozialgericht in Aurich als auch das Landessozialgericht für Niedersachsen-Bremen in Celle gaben der Frau Recht. Das Guthaben aus den Heizkostenzahlungen beruhe auf dem Teil der Vorauszahlung, den sie über ein Darlehen finanziert hatte. Der vom Landkreis bezahlte Anteil in Höhe von 68,40 Euro wurde vollständig verbraucht. Daher dürfe keine Minderung der Leistung vorgenommen werden, entschied das Gericht.
Auch wenn der Gesetzeswortlaut nicht unterscheide, ob das Guthaben beim Energieversorger durch Zahlung des Leistungsträgers oder durch eigene Leistung des Empfängers zustande gekommen ist, ging das Gericht so vor. Eine solche Unterscheidung sei nämlich erforderlich.
Das Gericht sah sich damit im Einklang mit dem eigentlichen Gesetzeszweck. Danach sollen kommunalen Trägern Guthaben zugute kommen, die wesentlich mit ihren Beiträgen aufgebracht worden sind. Dies war aber eben hier nicht der Fall. Eine weit überhöhte Abschlagszahlungsforderung würde ansonsten auch zu einer Kürzung der Leistung im Monat nach der Jahresabrechnung führen.
Ein Hartz-IV-Empfänger könne aber nicht verpflichtet werden, überhöhte Abschläge eigenmächtig zu kürzen und damit vertragsbrüchig zu handeln. Er würde dann das Risiko eingehen, weitere Kosten zahlen zu müssen oder aber eine Energielieferungssperre zu erhalten.
Nach Ansicht der DAV-Sozialrechtsanwälte hat dieses Urteil Bedeutung auch für andere Fälle. Hier weiche das Gericht vom klaren Gesetzeswortlaut ab und orientiere sich am Zweck der Vorschrift. Die Beharrlichkeit der Frau hat sich mit anwaltlicher Hilfe gelohnt.
- Datum
- Aktualisiert am
- 17.02.2016
- Autor
- red/dpa