Erhöhen Fahrkosten den Grundfreibetrag bei Hartz 4?
„Ist die Strecke zur Arbeit zum Beispiel sehr lang, können hohe KfZ-Kosten anfallen und damit kann auch ein höherer Grundfreibetrag entstehen“, erklärt der Duisburger Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Conradis von der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Hohe Fahrtkosten führen aber nur dann zu einem höheren Grundfreibetrag, wenn man mehr als 400 Euro im Monat verdient.
Hartz 4 und Nebentätigkeit: Wird die Fahrtkostenerstattung auf die Grundsicherung angerechnet?
Wer als Hartz-IV-Empfänger nebenher arbeitet und mit seinem Auto während der Arbeit häufiger lange Strecken zurücklegt, bekommt von seinem Arbeitgeber manchmal eine Erstattung für diese Fahrtkosten gezahlt. Diese Fahrtkostenerstattung darf das Jobcenter nicht auf das Hartz IV anrechnen, wenn die Fahrten im Auftrag des Arbeitgebes erfolgen. Das hat das Sozialgericht Dortmund vom 4. April 2016 entschieden (AZ: S 31 AS 2064/14).
Die vom Arbeitgeber gezahlten Fahrtkosten seien keine anrechnungsfähige Einnahme des Mannes. Denn die Fahrtkostenpauschale wirke sich nicht auf das Einkommen zum Lebensunterhalt selbst aus. Sie gleiche vielmehr nur die vom Arbeitgeber veranlassten Unkosten des Mannes aus, so das Gericht.
Was zählt zum Einkommen?
Folgende Arten von Einkommen berücksichtigen die Jobcenter bei der Berechnung der Grundsicherung für Arbeitsuchende: Entgelte aus selbstständiger und nichtselbstständiger Arbeit, Lohnnachzahlungen, Weihnachts- und Urlaubsgeld, Arbeitslosengeld I, Krankengeld, Kindergeld, Elterngeld, Unterhalt, Unterhaltsvorschuss, Renten, Steuererstattungen, Erstattung der Stromkosten wenn diese nicht aus dem Hartz-IV-Regelsatz bestritten wurden. Außerdem zählen Pacht- und Mieteinnahmen zum Einkommen ebenso wie Kapital- und Zinserträge oder beispielsweise Gewinne aus Lotterien.
Seit August 2016 zählt Einkommen in Geldeswert nicht mehr als Einkommen. Gewinnt man zum Beispiel in der Lotterie einen Sachpreis, wird dieser nicht mehr als Einkommen angerechnet. Aber der Sachpreis könnte als Vermögen gewertet werden, wenn man durch ihn die Freigrenze, die bei Vermögenswerten gilt, überschreitet.
Wird Trinkgeld auf Hartz IV angerechnet?
Wer in der Gastronomie arbeitet, bekommt zusätzlich zu seinem Lohn meist Trinkgeld. Von diesem Zuverdienst haben Hartz-IV-Bezieher, die nebenbei kellnern, allerdings nichts. Trinkgelder können ihnen mindernd auf ihre Sozialleistungen angerechnet werden. Das hat das Sozialgericht Landshut am 27. September 2017 entschieden (AZ: S 11 AS 261/16).
Geklagt hatte eine Hartz-IV-Empfängerin, die kellnert und pro Monat rund 25 Euro Trinkgeld bekommt. Als das Jobcenter diesen Betrag als Einkommen anrechnete, klagte sie. Das Gericht gab allerdings dem Jobcenter Recht. Trinkgeld gelte als anrechenbarer Arbeitslohn.
Hartz IV und Minijob: Welche Regeln gelten?
Unter den Begriff „geringfügige Beschäftigung“ fallen vor allem Minijobs mit einer Verdienstgrenze von bis zu 450 Euro. Bis zu dieser Grenze müssen Minijobber weder Steuern noch Sozialabgaben zahlen. Ihr Arbeitgeber muss sie bei der Minijobzentrale anmelden und kann Rentenversicherungsbeiträge für sie abführen, wenn sie die Arbeitnehmer das möchten.
„Vom Einkommen aus einem Mini-Job von 450 Euro dürfen Hartz IV-Empfänger den Grundfreibetrag von 100 Euro und zusätzlich 20 Prozent behalten, also insgesamt 170 Euro“, sagt Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Conradis. Wer weniger verdient, hat einen entsprechend reduzierten Grundfreibetrag.
Rechnet das Jobcenter Einnahmen aus Nebenjobs von Jugendlichen auf Hartz IV an?
Hier sind die Regeln mit denen identisch, die bei Erwachsenen greifen. Also auch der Verdienst aus Schülerjobs wird auf das Sozialgeld angerechnet. Schülerinnen und Schüler, die in den Ferien arbeiten wollen, dürfen dies bis zu vier Wochen lang tun und maximal 1.200 Euro verdienen. Der Grundfreibetrag liegt wie bei Erwachsenen (siehe oben).
- Datum
- Aktualisiert am
- 16.08.2018
- Autor
- ime/dpa/red