Staatliche Leistungen

Hartz 4 und Miete: Was Empfänger wissen sollten

Hartz 4 Miete
© Quelle: Elke Van de Velde/Corbis

Jobcenter zahlen Hartz IV-Empfängern neben dem Regelsatz auch die Miete und die Heizkosten. Was sich einfach anhört, ist es aber nicht. Denn gerade die Übernahme der Miete und andere Kosten für die Wohnung sorgen im Alltag oft für Streit. Die Deutsche Anwalt­auskunft zeigt die wichtigsten Vorgaben beim Thema Hartz IV und Wohnung.

Hartz IV-Empfänger dürfen eine angemessene Wohnung zu einer angemessenen Miete bewohnen. Dabei ergibt sich die angemessene Miete aus der Wohnungsgröße und der Miethöhe. Das klingt einfach, ist es aber nicht. Denn gerade die Frage, welche Miethöhen angemessen sind, wie es in § 22 des Sozial­ge­setz­buches II (SGB II) heißt, sorgt im Alltag häufig für Streit zwischen Hartz-4-Empfängern und Jobcentern.

Das liegt daran, dass oft unklar ist, wie genau sich eine angemessene Miete errechnet. Das SGB II nennt dazu keine konkreten Zahlen, bundesweit einheitliche Standards gibt es nicht, jede Gemeinde und Stadt legt ihre eigenen Miethöhen fest. „Es gibt aber nur ganz wenige Kommunen, die über schlüssige Konzepte zu den angemessenen Mieten verfügen“, erklärt der Duisburger Rechts­anwalt Dr. Wolfgang Conradis von der Arbeits­ge­mein­schaft Sozialrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). „Das Bundes­so­zi­al­gericht hat in der Vergan­genheit nur die Konzepte von wenigen Städten akzeptiert.“

Wie groß darf die Wohnung eines Hartz-4-Empfängers sein?

Hartz-4-Empfänger dürfen nur eine Mietwohnung bewohnen, die angemessen ist. „Entscheidend für die Übernahme der Wohnkosten ist die Miethöhe, also die Brutto­kaltmiete“, sagt der Sozial­rechts­experte Dr. Wolfgang Conradis. Wenn eine Brutto­kaltmiete sehr gering ist, ist es also auch denkbar, dass ein Einzelner eine große Wohnung bewohnt.

Umzug bei zu teurer Wohnung?

Überschreitet die Miethöhe das, was einem Jobcenter als angemessen gilt, übernimmt das Amt in der Regel sechs Monate lang die Mietkosten. In dieser Zeit fordert es Hartz-4-Bezieher meist auf, die Kosten für die Miete und manchmal auch für die Heizung zu senken. Den Umzug in eine preiswertere Wohnung erzwingen die Jobcenter nicht direkt. Sie zahlen aber nach sechs Monaten nur noch die Miethöhe, die angemessen ist.

In solchen Fällen haben Hartz-4-Empfänger verschiedene Möglich­keiten: Sie können zum Beispiel, wenn möglich und vom Vermieter erlaubt, einzelne Zimmer in ihrer Wohnung unterver­mieten. Oder sie zahlen die Differenz zwischen tatsäch­licher Miete und der Miete, die das Amt übernimmt, selbst. Das wird finanziell allerdings meist nur sogenannten Aufstockern möglich sein.

Nur wenn einem Empfänger ein Umzug zum Beispiel wegen seines Alters oder Gesund­heits­zu­standes unzumutbar ist, zahlen die Ämter auf Dauer höhere Mieten.

Grundsi­cherung: Zahlt das Jobcenter die Umzugs­kosten und die Mietkaution?

Nach der geltenden Rechtslage müssen Hartz-4-Bezieher ihren Umzug selbst organi­sieren, die Kosten dafür zahlen meist die Ämter. „Allerdings muss man, bevor man die Wohnung wechselt, beim Amt den Umzug beantragen und ihn sich bewilligen lassen“, sagt Rechts­anwalt Dr. Wolfgang Conradis. Man sollte dabei wissen, dass die Mietkaution in der Regel als Darlehen gezahlt wird, die Raten werden von den Leistungen einbehalten. Makler­ge­bühren entfallen aus der Kosten­übernahme.

Zahlt das Jobcenter Miete für eine Wohnung, die man nicht nutzt?

Jobcenter zahlen dann die Miete für eine Wohnung, wenn sie von dem Hartz-4-Empfänger auch tatsächlich bewohnt wird. Wer die Wohnung nicht nutzt, kann den Anspruch auf die Mietzah­lungen des Jobcenters verlieren. Ein Beispiel: Der Empfänger wohnt bei dauerhaft bei seiner Lebens­ge­fährtin. Das hat das Landes­so­zi­al­gericht Nieder­sachsen-Bremen am 9. Januar 2017 entschieden (AZ: L11 AS 1138/16 B ER).

Dürfen Empfänger unter 25 Jahre in die eigene Wohnung ziehen?

In der Regel ist es Hartz-4-Empfänger nur dann erlaubt, aus der elterlichen Wohnung auszuziehen, wenn sie älter als 25 Jahre sind. Nur in Ausnah­me­fällen dürfen sie früher ausziehen. Eine solche Ausnahme kann dann sein, wenn etwa das Zusammenleben mit den Eltern unzumutbar ist (siehe nächster Abschnitt). Vor dem Auszug müssen junge Erwachsenen beim Amt aber einen Antrag stellen und abwarten, ob das Jobcenter ihn genehmigt wird und die Kosten für Miete und Heizung übernimmt. Ein Umzug ohne eine solche Kosten­zusage bringt Leistungs­kür­zungen mit sich, die Miete übernimmt das Amt dann nicht.

Streit und Gewalt in der Familie: Dürfen junge Hartz-4-Empfänger in eine eigene Wohnung ziehen?

Nach einer Entscheidung des Landes­so­zi­al­ge­richts Nieder­sachsen-Bremen muss ein Jobcenter im Zweifel dem Antrag eines jungen Erwachsenen auf einen Umzug stattgeben. Bei zerrütteten Famili­en­ver­hält­nissen und schweren, zum Teil gewalt­tätigen Ausein­an­der­setzung zu Hause kann ein junger Erwachsener nach diesem Urteil Anspruch auf eine eigene Wohnung haben. Das Jobcenter muss die Kosten übernehmen, zuständig ist dann nicht das Sozialamt als Träger der Jugendhilfe. Die Arbeits­ge­mein­schaft Sozialrecht des Deutschen Anwalts­vereins informiert über eine Entscheidung des Landes­so­zi­al­ge­richts Nieder­sachsen-Bremen vom 2. Februar 2017 (AZ: L 11 AS 983/16 B ER).

Hartz 4: Miete, Heizung und Wasser- welche Kosten werden gezahlt?

Zu dieser Frage hat das Bundes­ver­fas­sungs­gericht im November 2017 ein grundle­gendes Urteil gefällt – nicht zugunsten der Empfänger von ALG II. Sie haben nach Ansicht des Gerichts keinen Anspruch auf eine vollständige Übernahme ihrer Wohn- und Heizkosten – zumindest nicht in jeder Wohnsi­tuation. Jobcenter dürfen demnach die Erstattung auf einen Betrag begrenzen, der für vergleichbare Wohnungen im "unteren Preissegment" üblich sei (Az. 1 BvR 617/14 u.a.).

Hintergrund war die Klage einer Sozial­hil­fe­emp­fängerin, welche allein in einer 77 Quadratmeter großen Wohnung lebt. Das zuständige Jobcenter hatte die Miete und die Heizkosten zunächst vollständig, ab 2008 aber nur noch teilweise übernommen. Darauf reichte die Frau Verfas­sungs­be­schwerde ein, da sie ihr Grundrecht auf ein menschen­würdiges Existenz­minimum verletzt sah. Dieser Auffassung folgte das Bundes­ver­fas­sungs­gericht nicht. Auch wenn "die grundlegende Lebens­si­tuation eines Menschen" betroffen sei, ergebe sich "daraus nicht, dass auch jedwede Unterkunft im Fall einer Bedürf­tigkeit staatlich zu finanzieren und Mietkosten unbegrenzt zu erstatten wären".

Zahlt das Jobcenter die Stromkosten?

Die Stromkosten zahlen Jobcenter Hartz-4-Empfängern nicht. Die Kosten für den Strom müssen sie aus dem Regelsatz bezahlen. Das Jobcenter trägt die Kosten für das warme Wasser dann, wenn diese nicht bereits in den Heizkosten enthalten sind. Hier ist eine Pauschale vorgesehen.

Welche Regeln gelten bei Nachzah­lungen?

Heizungs- und Nebenkos­ten­nach­zah­lungen zahlt das Amt nur bis zu einer bestimmten Höhe. Alles, was darüber hinausgeht, muss der Leistungs­emp­fänger begleichen, ebenso wie Nachzah­lungen beim Strom. Daher werden Erstat­tungen aus der Stromrechnung nicht als Einkommen gewertet, Leistungs­emp­fänger können dieses Geld also behalten.

Hartz 4: Überweisung der Miete direkt an den Vermieter?

Die Jobcenter zahlen die Miete nicht direkt an den Vermieter, sondern überweisen sie dem Hartz-4-Empfänger zusammen mit dem Regelsatz. Nur wenn jemand das ausdrücklich möchte oder etwa suchtkrank ist und die Gefahr besteht, dass er das Geld nicht an den Vermieter überweist, überweisen die Ämter die Miete direkt an den Vermieter.

Welche Vorgaben gelten bei Mietschulden?

Um zu verhindern, dass jemand zwangs­geräumt und obdachlos wird, zahlen die Ämter in Einzel­fällen Mietschulden. Diese Kosten gewähren sie als Darlehen und ziehen wie bei der Mietkaution die Raten von den Leistungen ab.

Welche Regeln gelten bei Hartz 4 und Wohnei­gentum?

Gut zu wissen ist, dass die Ämter bei selbst­ge­nutzten Immobilien die Heizkosten zahlen, aber auch Kosten, die mit dem selbst­ge­nutzten Haus oder der selbst­ge­nutzten Wohnung verbunden sind. Diese Kosten müssen aber angemessen sein. Dazu gehören zum Beispiel Zinsen oder Grundsteuern. Allerdings tragen die Jobcenter in der Regel keine Tilgungsraten.

Man muss beachten, dass selbst­ge­nutzter Wohnei­gentum in seiner Größe angemessen sein muss. Überschreitet eine selbst­ge­nutzte Immobilie etwa die als angemessen eingestufte Größe, gilt sie als Vermögen, der Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen kann dann entfallen.