
Wem das Jobcenter zu viel an Hartz IV zahlt, muss dieses Geld in der Regel zurückzahlen. Aber es gibt Ausnahmen: Zu viel gezahlte Leistungen darf man nämlich dann behalten, wenn die Behörde die Leistungsbewilligung nicht innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen zurücknimmt, die die Rücknahme der Zahlungen für die Vergangenheit rechtfertigen. Das hat das Sozialgericht in Gießen entschieden, wie die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.
Jobcenter zahlt zu viel Grundsicherungsleistungen
Das Jobcenter Wetterau zahlte einem Ehepaar als Bedarfsgemeinschaft im ersten Quartal 2011 Leistungen. Gleichzeitig hatten das Paar Einkommen in Höhe von etwa 3.800 Euro. Die Behörde machte deshalb im Mai 2011 die Erstattung von 650 Euro überzahlter Leistungen geltend. Auf Grund eines Formfehlers hob sie die Erstattungsentscheidung im November 2011 wieder auf. Nach einer Neuberechnung forderte das Jobcenter im August 2013 erneut die überzahlten Leistungen – diesmal 1.300 Euro – von den Klägern zurück.
Hartz IV: Keine Rückerstattung von Leistungen bei Fehler des Jobcenters
Die Behörde war zu spät dran. Nach der gesetzlichen Regelung müsse die Behörde die Leistungsbewilligung innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen zurücknehmen, die die Rücknahme der Zahlungen für die Vergangenheit rechtfertigen. Dies sei der Zeitpunkt, an dem die Bewilligungsentscheidung erstmals aufgehoben worden sei, hier im Mai 2011. Die Jahresfrist sei daher bereits im Mai 2012 abgelaufen, wie das Sozialgericht Gießen am 5. Mai 2015 entschied. Die Behörde hatte damit zur Freude des Ehepaars die Frist verstreichen lassen (AZ: S 22 AS 629/13).
Zuviel Hartz IV: Mann durfte auf Richtigkeit vertrauen
Auch in einem anderen Fall von zu viel gezahltem Hartz IV entschied das Sozialgericht Dortmund zugunsten des Hartz-IV-Empfängers (Entscheidung vom 21. September 2016, AZ: S 35 AS 1879/14).
Der Mann erhilt vom Jobcenter aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses zeitlich begrenzt Arbeitslosengeld II (Hartz IV). Nach Ablauf der sechsmonatigen Zahlung überwies das Jobcenter versehentlich einen weiteren Monatsbetrag von 1.138 Euro. Der Empfänger hatte vorher noch einen Antrag auf weitere Zahlungen gestellt. Über diesen hatte das Jobcenter bei der letzten Zahlung noch nicht entschieden. Später verlangte das Jobcenter die Erstattung der Überzahlung.
Hiergegen erhob der arbeitslose Mann Klage - mit Erfolg. Der Kläger musste den zu viel gezahlten Monatsbeitrag nicht erstatten. Bevor das Jobcenter die Erstattung dieser Zahlung verlangen dürfe, müssten eine Vertrauensschutzprüfung und eine Ermessensentscheidung der Behörde erfolgen. Im vorliegenden Fall habe der Mann davon ausgehen können, dass die Weitergewährung von Hartz IV aufgrund seines Antrags erfolge. Er habe darüber hinaus vor der Auszahlung an seinen Antrag erinnert.
- Datum
- Aktualisiert am
- 01.08.2017
- Autor
- red/dpa