Bei Behandlungsfehlern kann sich unter Umständen die Frage der Haftung eines Arztes stellen. Zu diesem Thema hat das Oberlandesgericht Hamm (OLG) ein für Patienten wichtiges Urteil gefällt: Danach muss die Versicherung eines Arztes nicht das Blindengeld für einen Patienten erstatten. Das erläutert die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) und verweist auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. September 2016 (AZ: I-26 U 14/16, 26 U 14/16).
Der Fall: Der Mann hatte 2006 und 2007 wegen Augenschmerzen und Dunkelsehens mehrfach seinen Augenarzt aufgesucht. Der Augenarzt diagnostizierte bei dem Patienten eine bakterielle Bindehautentzündung bzw. Bindehautreizung und verschrieb Augentropfen zur Behandlung. Obwohl der Patient weiterhin unter Beschwerden litt, unternahm der Arzt keine weitere diagnostische Abklärung im Hinblick auf einen grünen Star (Glaukom).
Weil die Beschwerden weiter fortbestanden, suchte der Mann Ende 2007 einen anderen Augenarzt auf. Aufgrund der Diagnose Glaukom wurde der Mann operiert. Trotzdem verlor er seine Sehschärfe, erlitt er eine Gesichtsfeldeinengung und verlor sein Augenlicht fast vollständig. Der Landschaftsverband als Sozialhilfeträger bewilligte ihm Blindengeld.
Patient: Schadensersatz wegen Behandlungsfehler eines Arztes
Ein Gutachten ergab, dass der Augenarzt einen groben Behandlungsfehler an dem Patienten begangen hatte. Der Patient hatte wegen des Behandlungsfehlers Anspruch auf Schadensersatz. Er erhielt Schadensersatz in Höhe von 475.000 Euro, wovon 50.000 Euro als pauschale Entschädigung für vermehrte Bedürfnisse vorgesehen waren.
Der Landschaftsverband forderte von der Haftpflichtversicherung des Augenarztes die Erstattung des gezahlten Blindengeldes in Höhe von rund 30.000 Euro. Außerdem sollte die Versicherung des Arztes auch weitere Blindengeldzahlungen für den Patienten ersetzen. Als die Versicherung das ablehnte, klagte der Landschaftsverband und berief sich dabei auf den sogenannten Forderungsübergang.
Ärztlicher Behandlungsfehler: Haftpflichtversicherung des Arztes muss Kosten für Blindengeld eines Patienten nicht erstatten
In zweiter Instanz unterlag er. Der Forderungsübergang setze eine sachliche Übereinstimmung zwischen der Ersatzpflicht des Schädigers, also hier des Arztes, und der Leistungsverpflichtung des Sozialhilfeträgers voraus. Das sei dann der Fall, wenn dessen Zahlung und der Schadensersatz derselben Einbuße des Geschädigten dienten.
Regeln bei Blindengeld und Schadensersatz wegen Behandlungsfehlern an Patienten
Das sei hier aber nicht der Fall. Blindengeld werde pauschal gezahlt, ohne Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder eine Erforderlichkeit zu berücksichtigen. Es solle unter anderem Nachteile der Behinderung mildern, Teilhabe am Leben ermöglichen und Pflegebedürftigkeit vermeiden oder zumindest vermindern. Es habe nicht die Funktion, jeglichen Mehraufwand eines Patienten abzudecken. Schadensersatz wegen eines Behandlungsfehlers stelle demgegenüber nur auf den wirklichen, durch die Erblindung entstandenen Mehrbedarf ab.