In der Nacht vom 28. zum 29. März 2017 wurde in Deutschland das digitale Antennenfernsehen DVB-T abgeschaltet. Umgestellt worden ist auf den neuen Standard DVB-T2 HD. Dieser soll eine bessere Bildqualität und eine größere Programmauswahl bieten. Wer sein TV-Programm per Satellit oder Kabel empfängt, sind nicht betroffen.
Wer Antennenfernsehen nutzen möchte, benötigt zum Empfang des neuen Standards nun jedoch entweder einen Fernseher mit kompatiblem Empfangsteil oder einen Receiver. Außerdem können nur öffentlich-rechtlichen Sender weiterhin kostenlos empfangen werden.
Wer Privatfernsehen schauen möchte, muss infolge der Umstellung zusätzlich eine monatliche Gebühr entrichten.
DVB-T zu DVB-T2 HD: Umstellung muss selbst finanziert werden.
Die Umstellung des bisherigen digitalen Antennenfernsehens DVB-T zu DVB-T2 HD müssen die Empfänger von Sozialleistungen selbst finanzieren. Wie das Sozialgericht (SG) Berlin in einem Eilverfahren entschied, sind Sozialämter nicht verpflichtet, die Kosten für die Anschaffung eines Receivers oder die für den monatlichen Empfang der Privatsender gesondert zu tragen. Stattdessen müssten Betroffene dies aus der Regelleistung bezahlen
Die Antragstellerin bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung und ergänzende Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialhilfegesetz (SGB). Im September 2016 beantragte sie beim zuständigen Sozialamt die Übernahme der Kosten für den Kauf eines Receivers in Höhe von 100 Euro sowie die Übernahme der Gebühren zum Empfang der privaten Programme in Höhe von 69 Euro pro Jahr. Dies lehnte das Sozialamt ab.
Dass sie ab dem 1. April 2017 kein Fernsehen mehr empfangen könne, verletze sie in ihrer grundrechtlich geschützten Menschenwürde – so die Antragstellerin. Der Staat müsse auch ein Mindestmaß an Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben gewährleisten. Die Anschaffung des Receivers entspreche im übrigen der Erstausstattung einer Wohnung mit einem Haushaltsgerät, denn die Begebenheiten hätten sich entscheidend geändert.
Urteilsbegründung: TV-Gerät ist weder Einrichtungsgegenstand, noch Haushaltsgerät
Das Sozialgericht Berlin war nicht dieser Meinung. Die Sozialempfängerin habe keine Anspruch auf Leistungen zur Erstausstattung. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei ein TV-Gerät weder ein Einrichtungsgegenstand noch ein Haushaltsgerät im Sinne der Vorschrift.
Zusätzliche Leistungen für die Erstausstattung gebe es nur für Gegenstände zur Befriedigung grundlegender Bedürfnisse wie Essen und Schlafen. Ein Fernseher und damit auch der begehrte Receiver diene indes der Befriedigung von Unterhaltungs- und Informationsbedürfnissen. Dessen Anschaffung sei aus dem Regelbedarf zu bezahlen.)
Es handele sich auch nicht um einen ausnahmsweise zu übernehmenden Sonderbedarf, der erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweiche. Von der Umstellung seien alle Hilfeempfänger gleichermaßen betroffen, die Fernsehen über Antenne empfangen.
Die neben dem Receiver begehrten Kosten für den Empfang der Privatsender machten außerdem nur 69 € pro Jahr aus, also 5,75 € im Monat. Diesen Betrag könne die Antragstellerin ohne weiteres aus der Regelleistung aufbringen. Dies gelte umso mehr, da sie aufgrund ihrer Schwerbehinderung auch einen pauschalen monatlichen Mehrbedarf von 69,53 € pro Monat erhalte, der hierfür eingesetzt werden könne. (Az. S 146 SO 229/17 ER)
Beim Kampf um soziale Leistungen hilft kompetenter Rechtsbeistand
Bei der Bewilligung von sozialen Leistungen können Anwälte entscheidend dazu beitragen, ob ein Antrag erfolgreich ist. Nicht nur sind sie als Vertreter vor dem Sozialgericht für Mandanten ein wichtiger Beistand, ein(e) sozialrechtlich geschulte(r) Anwalt/Anwältin kann bereits im Vorfeld prüfen, ob eine Auseinandersetzung vor Gericht lohnenswert erscheint. Oder präventiv versuchen, die Auseinandersetzung mit dem Amt außergerichtlich zu klären. Geeigneten Rechtsbeistand für derartige Fälle im Sozialrecht finden Sie in unserer Anwaltssuche.
- Datum
- Aktualisiert am
- 30.03.2017
- Autor
- psu