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Rechtliche Betreuung: Das sagt der Gesetzgeber

Rechtliche Betreuung: Das sagt der Gesetzgeber
© Quelle: Chao/gettyimages.de

Früher gab es Entmün­di­gungen. Heutzutage aber haben Menschen, die etwa an Demenz leiden oder geistig behindert sind, manchmal einen rechtlichen Betreuer an ihrer Seite. Was das für die Betroffenen bedeutet und welche Regeln bei der Betreuung gelten, zeigt die Deutsche Anwalt­auskunft.

1. Was ist rechtliche Betreuung?

Viele Menschen setzen den Begriff rechtliche Betreuung mit Entmün­digung gleich, obwohl es Entmün­di­gungen nach deutschem Recht schon lange nicht mehr gibt. Bereits 1992 schaffte der Gesetzgeber die Entmün­digung sowie die „Vormund­schaft für Volljährige“ und die „Gebrech­lich­keits­pfleg­schaft“ ab und ersetzte sie durch ein modernes Betreu­ungsrecht und die rechtliche Betreuung, also die juristische Vertretung eines Menschen.

2. Wer kann rechtlich betreut werden?

Aktuell haben über eine Million Menschen einen rechtlichen Betreuer an ihrer Seite, darunter vor allem geistig Behinderte und alte, an Demenz leidende Senioren. Betreut werden können Erwachsene, die zu krank oder zu verwirrt sind, um bestimmte Bereiche ihres Lebens selbst zu „managen“. Wenn sie sich etwa nicht mehr um ihre Gesundheit kümmern können oder ihre Geldan­ge­le­gen­heiten nicht mehr überblicken, brauchen sie jemanden, der sie in diesen Bereichen vertritt.

3. Warum ist eine rechtliche Vertretung wichtig?

Eltern dürfen über die Belange ihrer Kinder bestimmen, sie sind ihre rechtlichen Vertreter. Aber dass Menschen so umfassend über andere entscheiden dürfen, ist eine Ausnahme, die mit dem 18. Geburtstag endet. Ein Erwachsener vertritt sich selbst, andere können das nicht so ohne weiteres für ihn übernehmen. „Selbst Ehepartner und andere Verwandte eines Menschen, der krank geworden ist, können ihn nicht automatisch rechtlich vertreten“, erklärt der Berliner Rechts­anwalt Dr. Dietmar Kurze von der Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV) und als Vorsor­ge­anwalt spezia­lisiert auf Betreu­ungsrecht. Allerdings plant Bundes­jus­tiz­mi­nister Heiko Maas beim Thema Vertretung Erwachsener durch Ehegatten Änderungen im Betreu­ungsrecht (siehe Info-Kasten).

Maas will Betreu­ungsrecht für Ehepaare reformieren

Ehegatten sollen sich künftig automatisch in Gesund­heits­an­ge­le­gen­heiten vertreten können, ohne sich durch ein Gericht als Betreuer einsetzen lassen zu müssen. Das würde in den Fällen gelten, in denen der Partner schwer verunglückt oder psychisch erkrankt. Das sieht eine Vorlage vor, die Bundes­jus­tiz­mi­nister Heiko Maas (SPD) Mitte Februar in der Kabinetts­sitzung der Bundes­re­gierung vorgestellt hat.

Demnach sollen Verhei­ratete künftig berechtigt sein, für ihren Partner Entschei­dungen über Untersu­chungen, Behand­lungen und Operationen zu treffen, „wenn der andere Ehegatte aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer körper­lichen, geistigen oder seelischen Behinderung diese Angele­gen­heiten nicht besorgen kann“. Bislang ist dafür eine schriftliche Vollmacht oder eine Betreuung erforderlich.

Die geplante Neuregelung soll dem Bericht zufolge auch für eingetragene Lebens­partner gelten. Sie geht zurück auf eine Initiative des Bundesrats. Entgegen dem von den Ländern vorgelegten Entwurf wolle die Bundes­re­gierung die Vertretung durch den Ehegatten allein auf Gesund­heits­an­ge­le­gen­heiten beschränken. (dpa)

4. Wer kann Betreuer werden?

Vertreten kann ein Erwachsener einen anderen nur dann, wenn zum Beispiel ein  Betreu­ungs­gericht ihn zum Betreuer bestimmt. Diese Aufgabe können Ehepartner oder andere Famili­en­mit­glieder übernehmen, aber auch Rechts­anwälte, Betreu­ungs­vereine oder Berufs­be­treuer kommen dafür in Frage.

5. Bleiben Betreute geschäftsfähig?

Menschen, die ihr Leben teils nicht mehr selbst­ständig führen können, aber noch in der Lage sind, mitzuent­scheiden, bekommen einen Betreuer für die „proble­ma­tischen“ Bereiche. Dabei bleiben die Menschen in der Regel geschäftsfähig und können zum Beispiel Verträge abschließen, heiraten oder Testamente aufsetzen. „Es gibt aber auch Betreuungen für alle Aufgaben­be­reiche“, sagt Rechts­anwalt Dr. Dietmar Kurze. „Diese werden angeordnet, wenn jemand so krank ist, dass er keinen Bereich seines Lebens mehr selbst organi­sieren kann.“ Der Mensch ist dann unter Umständen zwar noch geschäftsfähig, tatsächlich verwaltet dann aber der Betreuer sämtliche Lebens­be­reiche.

6. Wann greifen rechtliche Betreuungen?

Eine rechtliche Betreuung muss gut begründet sein. Sie ist nicht schon dann gerecht­fertigt, wenn jemand zum Bespiel seinen Haushalt nicht mehr alleine führen kann oder sich weigert, sich von einem Arzt behandeln zu lassen. Sich zu weigern hat erst einmal keinen Krankheitswert. Anders sieht es aber aus, wenn renitentes Verhalten etwa Folge einer Demenz ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) nennt in Paragraph 1896 die Kriterien, die rechtliche Betreuungen legiti­mieren: geistige oder psychische Behinde­rungen oder psychische Krankheiten, zu denen neben Demenz zum Beispiel auch Neurosen oder Schizo­phrenie gehören.

7. Wo stellt man einen Antrag auf Betreuung?

Eine Betreuung beantragen manchmal die Betroffenen, manchmal wendet sich aber auch ihre Familie an die Betreu­ungs­ge­richte und stellt dort einen Antrag. Betreu­ungs­ge­richte gehören zu den örtlichen Amtsge­richten, sie sind Dreh- und Angelpunkt im Betreu­ungs­ver­fahren. Dieses beginnt, sobald ein Antrag bei dem Betreu­ungs­gericht eingeht. In dem Verfahren bestimmen die dort tätigen Richter etwa, wer rechtlicher Betreuer wird und wie lange die Betreuung dauern soll. Über besondere Sachbe­ar­beiter, die Rechts­pfleger, kontrol­lieren die Richter, wie gut die rechtlichen Betreuer ihre Arbeit machen.

Die Kosten für die rechtliche Betreuung zahlt übrigens der Betreute selbst. Nur wenn er das Geld dafür nicht aufbringen kann, übernimmt die Staatskasse die Kosten.

8. Betreu­ungs­ver­fügung und Vorsor­ge­vollmacht

Wer ihr Betreuer sein soll, können die Betreuten mitbestimmen, wenn sie geistig und körperlich dazu noch in der Lage sind. Ist das nicht der Fall, hilft eine Betreu­ungs­ver­fügung nach § 1901c des Bürger­lichen Gesetz­buches. Darin legen Menschen in gesunden Zeiten fest, wen sie sich als Betreuer wünschen. Außerdem kann man festlegen, wie die Betreuung ausgeübt werden soll. Das Bundes­mi­nis­terium der Justiz und für Verbrau­cher­schutz bietet etwa Formulare für Betreu­ungs­ver­fü­gungen an.

Betreu­ungs­ver­fü­gungen unterscheiden sich von Vorsor­ge­voll­machten. Vorsor­ge­voll­machten sind weiter verbreitet als Betreu­ungs­ver­fü­gungen, denn sie haben eine gern gesehene Folge: Liegt eine wirksame Vorsor­ge­vollmacht vor, braucht der Betroffene grundsätzlich keine rechtliche Betreuung. 

9. Wie sehen die Aufgaben der Betreuer aus?

Betreuer übernehmen meist bestimmte „Aufgaben­kreise“, wie es im Betreu­ungsrecht heißt, und vertreten den Betreuten in diesen Belangen. So dürfen sie zum Beispiel Vermögen verwalten, die Gesund­heits­fürsorge übernehmen oder entscheiden, wo der Betreute künftig leben soll, in einem Pflegeheim etwa. Bei seiner Arbeit muss der Betreuer den Betreuten konsul­tieren, wenn er noch mitent­scheiden kann. Ist das nicht mehr möglich, entscheidet der Betreuer etwa über die gesund­heit­lichen Fragen. Berück­sichtigen muss er dabei aber immer den Willen, den der Betreute vielleicht in einer Patien­ten­ver­fügung festgelegt hat.

Übrigens: „Rechtliche Betreuer haften, wenn sie ihre Pflichten gegenüber dem Betreuten verletzen“, sagt Rechts­anwalt Dr. Kurze. „Sie müssen in solchen Fällen manchmal sogar Schadens­ersatz an den Betreuten leisten.“

10. Welche Mitspra­che­rechte haben Betreute?

Betreute haben zahlreiche Mitspra­che­rechte. So können sie zum Beispiel nicht nur bestimmen, wer sie sich um sie kümmern soll, sondern auch vom Betreu­ungs­gericht vorgeschlagene Betreuer ablehnen. Auch können sie beim Betreu­ungs­gericht beantragen, einen neuen Betreuer zu bekommen. Allerdings funktioniert ihre Mitsprache nur, wenn sie ihre Rechte kennen, was nicht immer der Fall ist - und Betreute müssen gesund­heitlich überhaupt dazu in der Lage sein, mitzube­stimmen.

Im Zusammenhang mit den Mitspra­che­rechten stellt sich häufig auch die Frage, wie eine Betreuung beendet werden kann. Gegen den freien Willen eines Menschen darf keine Betreuung eingerichtet oder aufrecht­erhalten werden. Über die Aufhebung einer Betreuung entscheidet ein Gericht, manchmal mit Unterstützung eines medizi­nischen Sachver­ständigen. Den Antrag auf Beendigung einer Betreuung kann der Betroffene selbst stellen. Begründen kann er den Antrag beispielsweise auch damit, dass er eine wirksame Vorsor­ge­vollmacht erteilt hat.

In vielen Fällen wollen die Betroffenen zwar die Betreuung behalten, aber den Betreuer wechseln. Auch für einen Betreu­er­wechsel muss der Betroffene einen Antrag beim Gericht stellen. Ob das Gericht dem Antrag zustimmt, liegt in dessen Ermessen. Um eine Betreuung von vornherein zu vermeiden, sollte man beizeiten eine wirksame Vorsor­ge­vollmacht erteilen, und sich dabei juristisch beraten lassen.

Datum
Aktualisiert am
03.09.2018
Autor
ime
Bewertungen
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Themen
Betreuung Entmün­digung Senioren

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