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Soziales

Jobcenter muss Hartz IV-Empfänger Heizkosten nachzahlen

Heizkosten - ein oft strittiger Punkt zwischen Jobcentern und Hartz-IV-Empfängern. © Quelle: leuchtturm2013/fotolia.com

Ob die Heizkosten eines Hartz IV-Berech­tigten angemessen sind und das Jobcenter auch Nachzah­lungen zu übernehmen hat, wird anhand eines einheit­lichen Heizspiegels berechnet. Ein erhöhter Bedarf kann sich etwa wegen eines Kleinkinds ergeben. Auch muss das Jobcenter eine Kosten­sen­kungs­auf­for­derung erklären.

Jobcenter müssen die Heizkosten eines Hartz-IV-Empfängers mit Hilfe des „bundes­weiten Heizspiegels" berechnen. Das hat das Bundes­so­zi­al­gericht entschieden. Der „Heizspiegel“  basiert auf bundesweit erhobenen Heizdaten von rund 63.000 zentral beheizten Wohnge­bäuden und wird seit 2005 jährlich veröffentlicht.

Daraus ergeben sich Vergleichswerte für öl-, erdgas- und fernwär­me­be­heizte Wohnungen, gestaffelt nach der von der jeweiligen Heizungs­anlage zu beheizenden Wohnfläche, die hinsichtlich des Heizener­gie­ver­brauchs zwischen „optimal", „durchschnittlich", „erhöht" und „extrem hoch" unterscheiden.

Die Stadt Heilbronn verwandte ein selbst entwickeltes Computer­programm „Heikos 2.0" für die Berechnung der notwendigen Heizkosten. Bis jetzt, denn nun hat das Sozial­gericht Heilbronn am 23. Juni 2016 (AZ: S 15 AS 2759/12) dem Programm eine Absage erteilt, wie die Arbeits­ge­mein­schaft Sozialrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) mitteilt. Darüber hinaus hatte das Jobcenter weitere Gesichts­punkte nicht berück­sichtigt.

Jobcenter: Übernahme der Heizkosten für allein­er­ziehende Hartz IV-Empfängerin

Der Fall im Einzelnen: Eine 35-jährige Allein­er­ziehende zog nach der Trennung von ihrem Lebens­partner zusammen mit ihrem damals zweijährigen Sohn im März 2011 in eine rund 70 Quadratmeter große Wohnung in Heilbronn. Diese wird mit Öl beheizt. Die Warmwas­ser­be­reitung erfolgt über die Heizungs­anlage.

Das Jobcenter der Stadt Heilbronn bewilligte in der Folgezeit Grundsi­che­rungs­leis­tungen nach dem SGB II („Hartz IV"). Mit Verweis auf ihr Computer­programm „Heikos 2.0" lehnte es aber ab, eine Nachfor­derung aus einer Betriebs­kos­ten­ab­rechnung für das Jahr 2011 von rund 730 Euro zu übernehmen. Gegen die Nichtübernahme der Kosten richtete sich die Klage der Frau.

Hartz IV: Klage auf Übernahme der Heizkosten durch Jobcenter erfolgreich

Sie war vor Gericht erfolgreich. Das Jobcenter musste die Nachzahlung der Heizkosten übernehmen. Diese Entscheidung hatte mehrere Gründe:

1.    Das vom Jobcenter zur Berechnung der angemessenen Heizkosten herange­zogene Programm „Heikos 2.0" ist ungeeignet, die Kosten im Einzelfall zu bestimmen. Bei dem Programm handelt es sich um ein von der Stadt Heilbronn entwickeltes Modell zur Berechnung angemessener Heizkosten. „Heikos 2.0" erfasst nicht den konkreten Wärmebedarf einer Wohnung, sondern legt unzuläs­si­gerweise pauschale Werte eines idealen Heizver­haltens zugrunde. Stattdessen muss der erwähnte bundesweite „Heizspiegel" für die Feststellung der angemessenen Heizkosten zu Grunde gelegt werden.

2.    Die Zugehö­rigkeit eines Kleinkinds zum Haushalt muss berück­sichtigt werden.

Selbst wenn vorliegend – bei isolierter Betrachtung des Warmwas­ser­ver­brauchs – womöglich der zugrunde zu legende Vergleichswert überschritten wird, ist dies aufgrund der Zugehö­rigkeit eines Kleinkinds zum Haushalt gerecht­fertigt.

Das Jobcenter muss aufklären: Die Frau konnte selbst dann die Übernahme diese Kosten verlangen, wenn man davon ausgeht, dass die Heiz- und Warmwas­ser­kosten unange­messen waren. Das Jobcenter hatte sie nämlich vorher nicht über ihre Verpflichtung aufgeklärt, diese Kosten zu senken (so genannte Kosten­sen­kungs­auf­for­derung). Über die Hälfte der Klagen gegen Entschei­dungen der Jobcenter bei Hartz IV sind erfolgreich. DAV-Sozial­rechts­an­wäl­tinnen und -anwälte helfen, berechtigte Ansprüche durch zu setzen.

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red/dpa
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Arbeitslos Arbeits­lo­sengeld 2 Hartz IV Jobcenter

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