Dürfen Krankenkassen und die Pflegeversicherung die Beiträge erhöhen, weil jemand wegen einer Behinderung finanziell unterstützt wird? Für das Landesblindengeld hat das Landessozialgericht in Baden-Württemberg am 26. Januar 2016 (AZ: L 11 KR 888/15) entschieden, dass sie das nicht dürfen. Das Blindengeld wird speziell für behinderungsbedingte Mehraufwendungen gezahlt. Es soll die Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen. Es wird jedoch nicht gezahlt, um den gewöhnlichen Lebensbedarf zu decken, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Welche Einnahmen sind beitragspflichtig für die Krankenversicherung?
Maßgeblich für die Beitragsbemessung bei freiwillig versicherten Rentnern sind solche Einnahmen, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds bestimmen. Dazu gehören die Rente, andere Versorgungsbezüge, unter Umständen Arbeitseinkommen und sonstige Einkünfte bis zur sogenannten Beitragsbemessungsgrenze.
Im konkreten Fall erhält der 85-jährige, freiwillig gesetzlich kranken- und pflegeversicherte Rentner seit 2012 monatlich 234 Euro Blindenhilfe. Als die Kranken- und Pflegekasse im Jahr 2013 Kenntnis hiervon erhielt, erhöhte sie die laufenden Versicherungsbeiträge um monatlich rund 30 Euro und erhob für die Vergangenheit eine Nachforderung von rund 200 Euro.
Gericht: Keine Beitragspflicht für Blindengeld
Sowohl das Sozialgericht in Mannheim als auch das Landessozialgericht in Stuttgart gaben der Klage des Mannes statt. Das Landesblindengeld ist damit nicht beitragspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.
Nach Auffassung der Gerichte deckt das Landesblindengeld nicht wie andere Einkünfte den gewöhnlichen Lebensbedarf. Es werde vielmehr gezahlt, um speziell behinderungsbedingte Mehraufwendungen zu decken. Blinde Menschen sollten die Möglichkeit haben, die für ihre Teilhabe an der Gesellschaft erforderlichen besonderen Mittel anschaffen zu können. Dies seien zum Beispiel blindengerechte Computer oder Lesehilfen. Blinden Menschen solle die Möglichkeit eröffnet werden, sich trotz Blindheit mit ihrer Umgebung vertraut zu machen, mit eigenen Mitteln Kontakt zur Umwelt zu pflegen und am kulturellen Leben teilzunehmen.
Daher sei die Regelung in den sogenannten Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler (§ 4 Nr. 4), die das Blindengeld den beitragspflichtigen Einnahmen hinzurechnet, unwirksam. Das Blindengeld bestimme gerade nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Berechtigten.
Das Landessozialgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
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- red/dpa