
Freies WLAN in der ganzen Stadt, egal ob im Café, auf der Straße oder im Park: Was in Metropolen wie Tel Aviv oder Hongkong schon weit verbreitet ist, gibt es in Deutschland bisher nur selten. Der Ausbau öffentlicher Funknetze mit freiem Internetzugang geht nur sehr langsam voran. Ein Grund dafür ist, dass Betreiber von freien Funknetzen noch immer damit rechnen müssen, beim Fehlverhalten eines Nutzers haftbar gemacht zu werden – zum Beispiel bei illegalem Filesharing. Die Regierungskoalition plant deshalb ein Gesetz, mit dem für die Betreiber öffentlicher WLAN-Netze die Haftung gelockert werden soll.
EuGh-Urteil hebt Störerhaftung auf
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 15. September entschieden, dass Gewerbetreibende nicht für Urheberrechtsverletzungen haften, die Kunden in ihrem WLAN-Netz begehen. Der WLAN-Anbieter kann allerdings verpflichtet werden, seinen Internetzugang mit einem Passwort zu sichern. Mehr über das EuGH-Urteil zur Störerhaftung lesen Sie hier.
Auf die Rechtslage bei privaten WLAN-Netzen zu Hause wird das neue Gesetz aber keinen Einfluss haben. Wer privat andere Personen freiwillig oder versehentlich über sein WLAN surfen lässt, kann für deren Fehlverhalten belangt werden, wenn sie beispielsweise illegal Filme oder Musik downloaden – auch dann, wenn der Anschlussinhaber gar nichts davon wusste.
Das Prinzip der sogenannten Störerhaftung geht davon aus, dass der Inhaber des Internetanschlusses alleine dadurch zu einer Rechtsverletzung beitragen kann, dass er den Zugang bereitstellt. Zudem treffen ihn Prüfungs- und Belehrungspflichten. „Das heißt, er muss in einem zumutbaren Rahmen persönlich dafür Sorge tragen, dass sein Netz nicht illegal genutzt wird. Und er muss Nutzer darauf hinweisen, dass sie über seinen Anschluss keine Rechtsverletzungen begehen dürfen“, sagt der Berliner Rechtsanwalt Dr. Ansgar Koreng.
Tut der Anschlussinhaber das nicht, kann er abgemahnt und auf Unterlassung in Anspruch genommen werden – beispielsweise vom Rechteinhaber eines illegal heruntergeladenen Musikstücks. „Schadensersatz für die illegalen Downloads muss man in einem solchen Fall als Störer zwar nicht zahlen, dafür aber die Abmahnkosten“, sagt Rechtsanwalt Dr. Koreng.
Wie muss man sein WLAN gegen Fremde schützen?
Wer verhindern möchte, unverschuldet ins Fadenkreuz der Musik- und Filmindustrie zu geraten, sollte zunächst die Sicherheitseinstellungen seines WLANs überprüfen. „Wer sein WLAN nicht ausreichend schützt und es damit Fremden ermöglicht, sich einzuwählen und Rechtsverletzungen zu begehen, haftet mit“, sagt Dr. Koreng vom DAV.
Zum Sichern des Netzes reicht es in der Regel aus, bei der Einrichtung des WLANs eine Verschlüsselung einzurichten und den Router mit einem Passwort zu schützen. Allerdings muss das Passwort ausreichend lang und die Verschlüsselungsmethode bei der Einrichtung auf dem aktuellen Stand der Technik sein – die Standard-Einstellungen des Herstellers reichen nicht aus. Das geht aus der "Sommer unseres Lebens"-Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH) von 2010 hervor (AZ: I ZR 121/08 ).
Derzeit sollte mindestens der „WPA-2“-Standard aktiviert sein. Eine einfache „WEP“-Verschlüsselung gilt nicht als ausreichend.
Was gilt bei einem gemeinsam genutzten WLAN
Häufiger als ein WLAN-Missbrauch durch Fremde sind jedoch Fälle, in denen Rechtsverstöße durch Personen begangen, denen man sein Netz freiwillig überlassen hat – zum Beispiel bei einer gemeinsamen Nutzung in einer Wohngemeinschaft.
Der Anschlussinhaber haftet in solchen Fällen nicht immer – zumindest, wenn er glaubhaft machten kann, dass er von der Rechtsverletzung nichts wusste und er auch nicht überprüfen konnte, was seine Mitnutzer im Netz anstellen. Das Landgericht Köln sprach beispielsweise einen Studenten von der Haftung frei, dessen Untermieter illegales Filesharing betrieben hatten (AZ:
Auch eine Belehrungspflicht sahen die Richter Gericht in diesem Fall nicht, da in der Wohngemeinschaft etwa gleichaltrige Studenten zusammengewohnt hatten. Deshalb sei nicht von einem Informationsvorsprung des Anschlussinhaber gegenüber den Mitnutzern auszugehen. Aus den gleichen Gründen haften Anschlussinhaber auch keineswegs in jedem Fall für das Fehlverhalten ihres Ehepartners im Internet.
Diese Entscheidungen lassen sich aber nicht ohne weiteres auf alle Formen der gemeinsamen WLAN-Nutzung übertragen. „Deshalb ist es empfehlenswert, immer eine Belehrung auszusprechen, bevor man jemanden in sein WLAN lässt“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ansgar Koreng. Dabei sollte man darauf hinweisen, dass Downloads von urheberrechtlich geschütztem Material und Filesharing ausdrücklich untersagt sind. Gerade bei einer längeren gemeinsamen Nutzung empfiehlt es sich, diese Vereinbarung schriftlich festzuhalten und unterzeichnen zu lassen.
Eltern müssen Kinder über verbotene Downloads aufklären
Auch Eltern minderjähriger Kinder sollten über so eine schriftliche Vereinbarung nachdenken. Denn sie sind ebenfalls verpflichtet, über verbotene Downloads aufzuklären, wenn die Kinder einen Internetanschluss mitnutzen. Ansonsten können die Eltern bei einer Abmahnung für das Fehlverhalten des Nachwuches haftbar gemacht werden. Das geht aus dem sogenannten Morpheus-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2012 hervor (AZ: I ZR 74/12).
Sind die Kinder volljährig, trifft die Eltern nach einer anderen BGH-Entscheidung hingegen keine besondere Aufklärungspflicht. Der Internetanschluss werde den Angehörigen in so einem Fall aufgrund der familiären Verbundenheit überlassen. In einer Familie herrsche ein besonderes Vertrauen und Volljährige trügen bereits Eigenverantwortung. Eine Aufklärung muss erst erfolgen, wenn die Eltern konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass ihr Kind bereits an derartigen Tauschbörsen teilnimmt oder dort künftig aktiv werden will.
- Datum
- Aktualisiert am
- 15.09.2016
- Autor
- pst