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Wikipedia: Wer haftet für falsche Einträge?

Gegen falsche Einträge bei Wikipedia können Betroffene vorgehen. © Quelle: Kemp/corbisimages.com

Wikipedia ist eine Fundgrube des Wissens. Millionen Nutzer greifen daher jeden Monat auf die Artikel in der Online-Enzyklopädie zu. Die Inhalte liefern vor allem freiwillige Autoren, die ihre Texte anderen Nutzern kostenlos zur Verfügung stellen. Was geschieht aber, wenn in den Artikeln falsche Fakten notiert sind oder sogar Persön­lich­keits­rechte verletzt werden?

Atze Schröder will eine Kunstfigur bleiben. Deshalb hat sich der TV-Komiker in der Vergan­genheit mit Händen und Füßen dagegen gewehrt, dass sein bürger­licher Name in der Presse zu lesen ist und bekannt wird. 2007 erwirkte Schröder vor dem Landgericht Berlin zum Beispiel eine einstweilige Verfügung gegen eine Zeitung, um zu verhindern, dass sein wahrer  Namen in einem Artikel publiziert wird (AZ: 27 O 72/07). Im Jahr zuvor wollte der Entertainer die Online-Enzyklopädie Wikipedia zwingen, seinen echten Namen aus einem Artikel über ihn zu löschen. Diese Klage zog Schröder allerdings wieder zurück. Der Grund dafür: Nach Auffassung des Landge­richts Hamburg, wo Schröder die Klage angestrengt hatte, war in der Veröffent­lichung des Namens eine Persön­lich­keits­rechts­ver­letzung nicht zu erblicken.

Der stets mit Spiegel­son­nen­brille und 70er Jahre-Locken­frisur auftretende Atze Schröder ist nicht der einzige Prominente, der juristisch gegen Artikel über ihn auf Wikipedia vorgegangen ist. Auch andere bekannte Menschen nutzten und nutzen den Klageweg, um Texte über sich in dem Online-Nachschla­gewerk ändern oder löschen zu lassen, weil sie ähnlich wie Schröder glauben, dass ihre Privat­sphäre und Persön­lich­keits­rechte verletzt sind.

Haften die Autoren?

In der Online-Enzyklopädie Wikipedia schreiben freiwillige Autoren. In den meisten Fällen schreiben sogar mehrere an einem Eintrag. Die Versions­ge­schichte eines Textes zeigt, welcher Autor was geschrieben oder verändert hat. Wikipedia überprüft die Texte nicht daraufhin, ob dort etwa die Persön­lich­keits­rechte von Menschen verletzt oder andere Rechts­verstöße begangen werden. Das muss die Enzyklopädie nach einem Urteil von 2013 des Oberlan­des­ge­richts Stuttgart aber auch nicht. Das OLG hat in seinem Urteil darauf verwiesen, dass Wikipedia den Nutzern lediglich die Plattform und den Speicherplatz zur Verfügung stellt (AZ: 4 U 78/13).

„Für die Texte auf Wikipedia haftet zunächst die Person, die die Inhalte geschrieben hat. Das ist der Autor“, erklärt der Berliner Rechts­anwalt Thorsten Feldmann von der Arbeits­ge­mein­schaft Geistiges Eigentum und Medien des Deutschen Anwalt­verein (DAV), der anwaltlich für die Betreiber der Enzyklopädie tätig ist und auch den Wikimedia Deutschland e.V. vertritt. Beleidigt ein Autor in seinem Text zum Beispiel jemanden oder stiehlt Inhalte anderer und verstößt damit gegen das Urheberrecht, haftet der Autor.

Daher müssten sich Menschen, die Einträge über sich auf der Wikipedia ändern oder löschen lassen wollen, eigentlich zunächst an den Autor wenden und von ihm zum Beispiel fordern, es zu unterlassen, bestimmte Äußerungen weiter zu verbreiten. Der Knackpunkt dabei ist aber, dass die Wikipedia-Autoren nicht verpflichtet sind, unter ihren Klarnamen zu schreiben und deshalb in der Realität kaum zu identi­fi­zieren sind.

Wie kann man gegen falsche Einträge vorgehen?

In den Fällen, in denen die Autoren nicht ausfindig zu machen sind, sollten sich Betroffene an die Betreiberin von Wikipedia wenden. Diese ist etwa in Deutschland nicht, wie viele irrtümlich glauben, der Wikimedia Deutschland e.V. Diese Organi­sation hat lediglich fördernde Funktion, haftet aber nicht für die Inhalte. Diese Rechts­auf­fassung hat das Landgericht Hamburg 2010 in einem Urteil bestätigt (AZ: 325 0 321/08).

Statt an Wikimedia Deutschland müssen sich Betroffene an die Anbieterin der Wikipedia wenden, also an die in Florida registrierte US-amerika­nische Wikimedia Foundation. „Die Stiftung haftet aber nur dann für Rechts­ver­let­zungen, nachdem ihr diese Verstöße gemeldet wurden und sie nach dieser Inkennt­nis­setzung untätig bleibt“, sagt der Internet­rechts­experte Thorsten Feldmann. „Betreiber von Angeboten mit nutzer­ge­ne­rierten Inhalten haften meistens nur nach der vom Bundes­ge­richtshof entwickelten Störer­haftung.“ Diese Regeln gelten Feldmann zu Folge nicht nur für Wikipedia, sondern zum Beispiel auch für Hostprovider und soziale Medien wie Twitter oder Facebook.

Im Falle von Wikipedia müssen Betroffene also die Wikimedia Foundation anschreiben und ihr eine angemessene Frist setzen, um falsche Fakten zu korrigieren oder Einträge zu löschen. Wann eine Frist angemessen ist, hängt vom Einzelfall ab. In der Regel wird man von einer Woche auszugehen haben, denn die Frist soll dem Betreiber die Möglichkeit geben, selbst zu recher­chieren, ob die Fakten wirklich falsch sind, und den Autoren um Stellungnahme zu bitten. In ihrem Schreiben an den Betreiber müssen Betroffene genau darlegen, was an dem Artikel falsch ist und dies im Streitfall nachvoll­ziehbar begründen, denn nach dem Äußerungsrecht unterliegen Betroffene einer erweiterten Darlegungslast, wie es in der juristischen Fachsprache heißt.

Gegen welche Einträge kann man vorgehen?

Nach dem Äußerungsrecht ist es eine komplexe Frage, gegen welche Fakten über die eigene Person man in der Wikipedia, aber auch in anderen Medien juristisch vorgehen kann. Diese Frage hängt oft vom Einzelfall ab. Dabei müssen Gerichte häufig abwägen, was schwerer wiegt: der Schutz der Persön­lichkeit oder das legitime Informa­ti­ons­in­teresse der Öffent­lichkeit und die Meinungs­freiheit. Klar ist zum Beispiel, dass man gegen Werturteile über die eigene Person rechtlich wenig ausrichten kann. Denn solche Urteile sind subjektive Wertungen, die von der Meinungs­freiheit gedeckt sind.

Juristisch wehren kann man sich hingegen, wenn man zum Beispiel in Texten beleidigt wird oder einer Schmäh­kritik ausgesetzt ist. Auch gegen falsche Tatsachen­be­haup­tungen kann man in der Regel vorgehen. Außerdem muss man es nicht immer hinnehmen, wenn über längst eingestellte Ermitt­lungen oder Strafver­fahren gegen die eigene Person geschrieben wird. Das hat etwa das Oberlan­des­gericht Stuttgart in einem Fall entschieden (AZ: 4 U 78/13). Hier hängt die Legitimität der Bericht­erstattung aber davon ab, ob man eine öffentliche Person ist und wie schwer­wiegend die Vergehen waren.

Welche Arten der Wieder­gut­machung es bei falschen oder illegitimen Aussagen gibt, zeigt das Äußerungsrecht ebenfalls. Möglich ist es zum Beispiel, auf Unterlassung zu klagen, es sind aber auch Geldent­schä­di­gungen möglich.

Fazit:

Vorgehen bei falschen Einträgen:

- Wenden Sie sich zunächst an den Autoren, wenn sie den Eintrag über sich ändern oder löschen lassen wollen.

- Ist der Autor nicht ausfindig zu machen, wenden Sie sich an die Betreiberin von Wikipedia, die in Florida registrierte US-amerika­nische Wikimedia Foundation.

- Schreiben Sie die Stiftung an und setzen Sie ihr eine angemessene Frist, um falsche Fakten zu korrigieren oder Einträge zu löschen. In Ihrem Schreiben müsssen Sie genau darlegen, was an dem Artikel falsch ist und dies im Streitfall nachvoll­ziehbar begründen.

Wogegen Sie vorgehen können:

- Gegen falsche Tatsachen­be­haup­tungen kann man in der Regel vorgehen.

- Man kann sich auch wehren, wenn man in Texten beleidigt wird oder einer Schmäh­kritik ausgesetzt ist.

- Außerdem müssen Sie es nicht immer hinnehmen, wenn über längst eingestellte Ermitt­lungen oder Strafver­fahren gegen die eigene Person geschrieben wird. Hier hängt die Legitimität der Bericht­erstattung davon ab, ob man eine öffentliche Person ist und wie schwer­wiegend die Vergehen waren.

- Gegen allgemeine Werturteile über die eigene Person kann man juristisch wenig ausrichten. Denn solche Urteile sind subjektive Wertungen, die von der Meinungs­freiheit gedeckt sind.

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Datum
Aktualisiert am
28.07.2014
Autor
ime
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Themen
Internet Persön­lich­keits­rechte

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