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Soziale Netzwerke

Klarna­men­pflicht bei Facebook: löschen erlaubt?

Sa Bine - diese fiktive Nutzerin von Facebook könnte bald gesperrt werden, da sie nicht ihren Klarnamen angegeben hat. Aber widerspricht das nicht deutschem Recht? © Quelle: DAV/pederk/gettyimages.de

Wer bei Facebook ein Pseudonym verwendet, wird unter Umständen gelöscht – von Facebook selbst. Denn hier herrscht Klarna­men­pflicht. In Deutschland werden weiterhin Accounts gesperrt und seit Jahren regt sich Wiederstand. Mittlerweile schießt auch die Rechts­sprechung gegen den US-Konzern. Anwalt­auskunft.de beantwortet mit Unterstützung eines Medien­anwalts die wichtigen Fragen rund um die Klarna­men­pflicht für das soziale Netzwerk.

Warum will Facebook Klarnamen?

Offiziell begründet Facebook die Klarna­men­pflicht damit, dass es zur Sicherheit der Community beitrage, wenn Nutzer ihren echten Namen angeben. Denn sie würden besonnener agieren und in ihren Beiträgen seltener ausfallend werden.

Kritiker dieses Vorgehens vermuten dagegen ganz andere Motive. Gerade in Verbindung etwa mit Kredit­karten und Payback-Systemen, ließen sich eine ganze Menge an Informa­tionen zum Kaufver­halten der Nutzer heraus­finden und gezielter zugeschnittene Anzeigen verkaufen, so die Kritik.

Immerhin hat das milliar­den­schwere Unternehmen jüngst kleine Zugeständnisse gemacht. Denn Künstlernamen will Facebook künftig zulassen. In den USA gab es darüber vergangenes Jahr mit Drag Queens Streit. Nachdem Facebook zig Accounts sperrte, entschuldigte sich Facebook-Manager Chris Cox schließlich und sicherte zu, dass mit Künstlernamen versehene Accounts aktiv bleiben dürfen.

Verstößt die Klarna­men­pflicht gegen deutsches Recht?

„Ja“, sagt Christian Solmecke, Kölner Rechts­anwalt für IT-, Medien- und Internetrecht. Denn das Teleme­di­en­gesetz erlaube es, Angebote wie Facebook auch anonym beziehungsweise unter der Verwendung eines Pseudonyms zu nutzen.

Warum hält sich Facebook dann nicht daran?

Das am häufigsten genutzte Argument ist jenes des Server­standorts. Denn aus der Europäischen Datenschutz­richtlinie und dem Bundes­da­ten­schutz­gesetz geht hervor, dass das deutsche Recht keine Anwendung findet, wenn personen­be­zogene Daten durch eine Nieder­lassung in einem anderen EU-Mitgliedstaat erhoben und verarbeitet werden – und Facebooks europäischer Sitz ist in Irland. „Der Standort des Servers ist entscheidend bei der Frage, welches Recht anwendbar ist“, erklärt Solmecke.

Aus diesem Grund hat das Oberver­wal­tungs­gericht Schleswig-Holstein in einem Verfahren gegen Facebook entschieden, dass auf deutsche Nutzer nicht deutsches, sondern irisches Datenschutzrecht anwendbar ist – und damit Facebook bei der Klarna­mens­pflicht den Rücken gestärkt (Entscheidung vom 22. April 2013; AZ: 4 MB 10/13).

Doch ein im Januar 2018 gefälltes Urteil des Landge­richts Berlin widerspricht dieser Ansicht ganz klar. Die Entscheidung ist klar: Facebook muss die Vorein­stel­lungen für seine Dienste in Deutschland verändern und darf seine Anwender nicht länger zwingen, sich mit ihrem echten Namen anzumelden.

Facebook war vom Verbrau­cher­zentrale Bundes­verband (VZBV) verklagt worden. In dem noch nicht rechts­kräftigen Urteil wurden Teile der Nutzungs- und Datenschutz­be­din­gungen für unzulässig erklärt. Die nötigen Einwil­li­gungen zur Datennutzung, die sich das Unternehmen Facebook einholt, seien nach Ansicht des LG Berlins teilweise unwirksam, heißt es in dem Urteil  (Az. 16 O 341/15).

Facebook legte gegen das Urteil Berufung ein. Der Konzern verwies in einer Stellungnahme darauf, dass sich die Produkte und Richtlinien von Facebook seit Beginn des Verfahrens im Jahr 2015 sehr verändert hätten. Außerdem nehme man 2018 angesichts der bevorste­henden Gesetzes­än­de­rungen weitere Änderungen an den Geschäfts­be­din­gungen und Datenschutz­richt­linien vor.

Sollten Facebook-Nutzer, die ein Pseudonym verwenden, ihren Account vorsichts­halber auf Klarnamen umstellen?

„Aus meiner Sicht ist das nicht nötig“, sagt Rechts­anwalt Christian Solmecke und ergänzt: „Im Gegenteil, die Nutzung eines Pseudonyms steht im Einklang mit den deutschen Gesetzen.“

Wem der Account gesperrt wird, muss seinen Personal­ausweis zur Reakti­vierung vorlegen. Gibt es hierzu noch andere Möglich­keiten?

Als Identi­täts­nachweis lässt Facebook neben einem Personal­ausweis auch Reisepässe und Führer­scheine zu.

Ist diese Praxis überhaupt erlaubt?

Facebook darf nicht einfach eine Kopie dieser Dokumente verlangen. So wurde bei der Gesetzes­be­gründung des Personal­aus­weis­ge­setzes festgelegt, dass das Scannen des Ausweises im Normalfall ausdrücklich ausgeschlossen werden soll. Internet­rechts­experte Solmecke: „Der Grund ist das Prinzip der Datenspar­samkeit, das in Bezug auf personen­be­zogene Daten gilt. Auf einem Personal­ausweis befinden sich zahlreiche sensible personen­be­zogene Daten, die nicht einfach so kopiert und gespeichert werden dürfen.“ Auf den Führer­schein sei die Gesetzes­be­gründung zwar nicht direkt anwendbar, jedoch könnte hier mit den gleichen Argumenten eine Kopie für rechts­widrig erklärt werden, so Solmecke.

Eine Klage rund um diese konkrete Frage  hat es bis dato indes nicht gegeben.

Wie wahrscheinlich ist es, dass Facebook ausgerechnet meinen Account „findet“ uns sperrt?

Nach Einschätzung Christian Solmeckes ist die Wahrschein­lichkeit eher gering,  „gerade wenn Kürzel oder zweige­teilte Vornamen genutzt werden“.

Datum
Aktualisiert am
13.02.2018
Autor
ndm
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Themen
Datenschutz Facebook Internet

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