Eltern haften nicht automatisch für die Aktivitäten ihrer volljährigen Kinder in illegalen Internet-Tauschbörsen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch entschieden. Denn Eltern müssten ihre erwachsenen Kinder nicht generell darüber aufklären, dass solche Tauschbörsen illegal sind.
Eine Aufklärung müsse erst erfolgen, wenn die Eltern konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass ihr Kind bereits an derartigen Tauschbörsen teilnimmt oder dort künftig aktiv werden will. Die BGH-Richter wiesen damit die Klage von vier führenden Plattenfirmen gegen einen Polizisten ab, die hohe Abmahngebühren eintreiben lassen wollten.
Volljährige tragen Eigenverantwortung
Der Familienvater war 2007 abgemahnt worden, weil Monate zuvor sein damals 20 Jahre alter Stiefsohn illegal Musik heruntergeladen und damit gleichzeitig auch 3749 Musikdateien auf einer Internet-Tauschbörse zum Upload angeboten hatte. Die Musikfirmen wollten nun die Kosten für Abmahnungen wegen Verletzung ihrer Urheberrechte in Höhe von rund 3400 Euro von dem Anschlussinhaber erstattet bekommen. Der Familienvater habe den Internetanschluss zur Verfügung gestellt und nicht aufgepasst, argumentierten sie.
Der Bundesgerichtshof sah das anders: „Ein erwachsener Familienangehöriger muss nicht vorab belehrt werden“, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Büscher am Mittwoch. Der Internetanschluss werde den Angehörigen aufgrund der familiären Verbundenheit überlassen. In einer Familie herrsche ein besonderes Vertrauen, Volljährige trügen bereits Eigenverantwortung.
Anders sei der Fall aber zu beurteilen gewesen, wenn der Familienvater bereits Hinweise auf illegale Internet-Aktivitäten seines Stiefsohnes gehabt hätte, sagte Büscher. Etwa weil es bereits vorher Abmahnungen gegeben habe. Für die Richter spielte es offenbar keine Rolle, dass der Polizist auf Internetpiraterie und Onlinerecherche spezialisiert war.
Minderjährige über illegale Downloads aufklären
„Das Urteil bestätigt, dass Inhaber von Internetanschlüssen nicht für alle Aktivitäten von anderen Nutzern im Haushalt verantwortlich gemacht werden können und diese auch nicht immer über das richtige Verhalten im Netz aufklären müssen“, sagt Rechtsanwältin Nadja Lemke, Mitglied im Forum Junge Anwaltschaft des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Das Urteil lasse sich beispielsweise auch auf Ehepartner übertragen. Ob dies auch für Wohngemeinschaften gilt, bleibe abzuwarten; die Rechtsprechung einiger Gerichte spreche jedoch dafür.
„Eltern von Minderjährigen sollten ihre Kinder aber auf jeden Fall darüber aufklären, dass bestimmte Downloads illegal sind und ihnen diese ausdrücklich verbieten“, sagt Lemke.
Bereits Ende 2012 hatte der BGH in einem Präzedenzfall die Haftung von Eltern eingeschränkt, deren minderjährige Kinder illegal urheberrechtlich geschütztes Material herunterladen. Demnach müssen Eltern nicht zahlen – allerdings nur, wenn sie ihren Kindern illegale Downloads zuvor verboten haben.
- Datum
- Aktualisiert am
- 21.12.2016
- Autor
- red/dpa