
Wer im Internet Videos schaut, kommt an YouTube nicht vorbei. Der erst zehn Jahre alte Videodienst hat heute nach eigenen Angaben mehr als eine Milliarde Nutzer, die pro Minute mehr als 300 Stunden Material hochladen.
YouTube verdient sein Geld mit Werbespots vor den Videos und ist deshalb daran interessiert, die eigenen Inhalte möglichst weit zu verbreiten. Dementsprechend leicht macht der Dienst es seinen Nutzern, YouTube-Videos zu teilen, zu versenden – und sie auf anderen Internetseiten einzubinden.
Einbinden bedeutet, dass der Nutzer Videos nicht selbst auf seiner Seite hoch lädt, sondern quasi einen digitalen Fernseher einbaut, der dann das Video direkt von YouTube empfängt. Dieses auch als „Framing“ bekannte Prinzip ist nicht nur für eigene Webseiten und Blogs relevant, sondern auch für soziale Netzwerke: Wer ein Video bei Facebook teilt, bindet es damit schließlich auf der persönlichen Facebook-Seite ein.
EuGH: Legale Videos darf man einbinden
Das Einbetten von Videos wirft rechtliche Fragen auf. Schließlich kann sich ein urheberrechtlich geschütztes YouTube-Video durch das Einbetten nahezu unbegrenzt im Internet verbreiten – ohne dass der Rechteinhaber darüber eine Kontrolle hätte. Die Frage nach den rechtlichen Folgen des Einbindens hat die Juristen lange beschäftig.
Im Jahr 2014 schuf der Europäische Gerichtshof (EuGH) schließlich Klarheit (AZ: C-348/13). Er entschied: Das bloße Einbinden von YouTube-Videos stellt keine Urheberrechtsverletzung dar. „Das gilt aber nur dann, wenn man nicht selbst ein Vervielfältigungsstück des urheberrechtlich geschützten Werks herstellt oder andere urheberrechtliche Nutzungshandlungen vornimmt“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ansgar Koreng, der Mitglied im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist.
Dabei gelten vor allem zwei Bedingungen:
- Es dürfen keine „neuen“ Zuschauer erreicht werden, die das Video nicht ohnehin schon auf YouTube hätten sehen können. Man darf also beispielsweise ein „privat“ eingestelltes Video nicht einfach neu einstellen und für alle YouTube-Nutzer zugänglich machen.
- Es darf keine neue Technik verwendet werden.
Beide Bedingungen sind ist beim gewöhnlichen Einbinden eines öffentlichen YouTube-Videos erfüllt.
Die europäischen Richter klärten die Frage auf Wunsch des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH). „Es handelte sich dabei um ein sogenanntes Vorabentscheidungsverfahren. Das heißt, dass der Bundesgerichtshof dem EuGH eine Rechtsfrage gestellt hat, die für den BGH von entscheidungserheblicher Bedeutung war“, so Rechtsanwalt Dr. Koreng.
Der BGH brauchte die Einschätzung der europäischen Kollegen, um über die Klage eines Herstellers von Wasserfiltern zu entscheiden. Dieser hatte einen Kurzfilm über Wasserverschmutzung produziert. Zwei Konkurrenten des Unternehmens entdeckten den Film auf YouTube und banden ihn auf ihren eigenen Webseiten ein. Dagegen wehrte sich die Wasserfilter-Firma und zog bis vor den BGH.
Nach der EuGH-Entscheidung war klar, dass das Einbetten des Videos durch die Konkurrenten urheberrechtlich grundsätzlich zulässig war. Allerdings gab es in diesem Fall eine nicht ganz unwichtige Besonderheit: Der Film des Wasserfilter-Unternehmens war angeblich ohne dessen Einwilligung auf YouTube gelangt. Auf der Videoplattform ist das keine Ausnahme. So finden sich dort immer wieder Inhalte bis hin zu ganzen Spielfilmen, die ohne Erlaubnis des Rechteinhabers hochgeladen wurden.
BGH: Wer illegale Videos einbindet, verletzt das Urheberrecht
Ob das Framing auch bei solchen illegal veröffentlichten Videos erlaubt ist, ging aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nach Meinung vieler Experten nicht eindeutig hervor. Die Bundesrichter in Karlsruhe sahen das anders. In ihrer jüngsten Entscheidung zu dem Fall des Wasserfilter-Unternehmens interpretierten die Bundesrichter ihre europäischen Kollegen so, dass das Einbetten eines Videos „das Urheberrecht am Film verletzt, wenn dieser ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bei ‚YouTube’ eingestellt war“ (AZ: I ZR 46/12).
Da die Zustimmung in dem Wasserfilter-Fall strittig war, verwies der BGH die Sache zwar an das zuständige Gericht zurück. Die Aussage ist aber eindeutig: Wer illegal bei YouTube hochgeladene Videos einbindet – auch in sozialen Netzwerken – könnte künftig Ärger bekommen. Eine endgültige höchstrichterliche Klärung wird wohl erst eine weitere Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs bringen, die nicht vor 2016 zu erwarten ist.
Fazit
- Videos, die eindeutig legal bei YouTube hochgeladen wurden, darf man – unter den oben genannten Bedingungen – einbinden und teilen.
- Videos, die illegal auf YouTube stehen, sollte man in keinem Fall einbinden, auch nicht in sozialen Netzwerken. Bei Spielfilmen und Serien ist besondere Vorsicht geboten.
- Bei den genannten Entscheidungen geht es ausdrücklich nur um das Urheberrecht. „Bei anderen Rechtsverletzungen – zum Beispiel des Persönlichkeitsrechts – kann man für das Einbetten durchaus haftbar gemacht werden“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ansgar Koreng. Grundsätzlich sollte man sich deshalb vor dem Einbetten des Videos dessen Inhalt genau anschauen.
- Datum
- Aktualisiert am
- 09.07.2015
- Autor
- pst