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Strafver­folgung

Die Fahndung bei Facebook

Die Reichweite sozialer Netzwerke ist für Ermittlungsbehörden interessant. © Quelle: DAV

Die Polizei soll künftig Facebook zur Fahndung nutzen können. Die Methode kann Ermitt­lungen beschleunigen, sie birgt aber auch Risiken - nicht nur mit Blick auf den Datenschutz.

Die Justiz­mi­nister der Bundes­länder sind sich einig: Die Polizei soll soziale Netzwerke wie Facebook für die Verfolgung von Straftaten nutzen können. Darauf haben sich die Minister bei Ihrer Konferenz am Donnerstag geeinigt.

Die Verbre­cherjagd im Internet wird in Nieder­sachsen und Hessen bereits erprobt. Dort nutzt die Polizei das soziale Netzwerk Facebook zur Fahndung.

Vor einer bundes­weiten Ausweitung der Methode wollen sich die Justiz­mi­nister noch mit den Datenschutz­be­auf­tragten von Bund und Ländern austauschen. Datenschützer haben immer wieder Bedenken gegen eine Nutzung sozialer Netzwerke zur Verbre­chens­auf­klärung angemeldet.

Datenschützer und Juristen sind besorgt

Der Bundes­da­ten­schutz­be­auftrage Peter Schaar hatte bereits im vergangenen Jahr geäußert, bei der Internet-Fahndung könne ein Zugriff auf Daten „weder zeitlich noch räumlich effektiv begrenzt werden.“ Schaar hatte auch „erhebliche Bedenken“ daran geltend gemacht, dass auf sozialen Netzwerken, deren Server im Ausland stehen, die Einhaltung der nötigen Datenschutz­vor­schriften nicht überprüft werden kann.

Auch der Kölner Anwalt und IT-Rechts­experte Christian Solmecke sieht die neue Fahndungs­methode kritisch. "Das große Problem bei der Veröffent­lichung von Fahndungsfotos, insbesondere in sozialen Netzwerken ist, dass die Persön­lich­keits­rechte der mutmaß­lichen Täter verletzt werden." Im deutschen Strafrecht gelte die Unschulds­ver­mutung. "Stellt sich nach der Veröffent­lichung des Fotos heraus, dass der mutmaßliche Täter unschuldig ist, bleibt das Problem, dass sein Bild oder andere persönliche Angaben im Zusammenhang mit einer Straftat der Öffent­lichkeit zugänglich gemacht wurden und kaum noch zurück­gerufen werden können", so der Anwalt Solmecke.

Die Justiz­mi­nister haben bereits festgelegt, dass personen­be­zogene Daten nur auf den eigenen Servern der Strafver­fol­gungs­be­hörden gespeichert werden dürfen – und nicht in den sozialen Netzwerken selbst gepostet werden. Außerdem müsse sicher­ge­stellt werden, dass die Fahndungs­aufrufe nach Abschluss der Ermitt­lungen wieder komplett aus dem Netz verschwinden.

Nieder­sachsen als Beispiel

In Nieder­sachsen läuft die Fahndung bereits über eine zentrale Facebook-Seite des Landes­kri­mi­nalamtes. Die Polizei sucht dort zum Beispiel nach flüchtigen Unfall­ver­ur­sachern oder Bankräubern. Die Facebook-Nutzer sind als Fahndungs­helfer mit Eifer bei der Sache: Die Fahndungs­aufrufe werden oft mehrere hundert Mal von den Nutzern „geteilt“ und damit verbreitet.In sieben Fällen habe Facebook nachweislich für einen Fahndungs­erfolg gesorgt, so das Landes­kri­mi­nalamt.

Kritische Daten wie Täterbe­schrei­bungen und Phantom­bilder werden in Nieder­sachsen auf einer eigenen Seite der Polizei veröffentlicht. Auf Facebook postet die Behörde lediglich eine kurze Beschreibung und einen Link zu ihrer Seite. Aus Sicht des Landes­kri­mi­nalamtes sind die Datenschutz­be­denken damit ausgeräumt.

Gefahr von Lynchjustiz

Doch nicht nur in datenschutz­recht­licher Hinsicht ergeben sich bei der Facebook-Fahndung Probleme.  In den sozialen Netzwerken – außerhalb der offiziellen Polizei-Seiten – nehmen Nutzer die Verbre­cherjagd immer wieder selbst in die Hand. In der aufgeheizten Stimmung schrecken manche Nutzer dabei nicht vor offenen Aufrufen zur Lynchjustiz und Verlet­zungen der Persön­lich­keits­rechte zurück.

Um solche Exzesse in den Kommentaren auf den eigenen Fahndungs­seiten zu verhindern, müssten die Behörden die Kommentare rund um die Uhr überwachen – mit entspre­chendem Personal­aufwand.

Die Polizei in Nieder­sachsen lässt auf ihrer bisherigen Facebook-Seite Kommentare zu. Die Behörde lobt die „direkte - positive -  Wirkung auf die Beziehung zwischen Polizei und Bevölkerung“.

Beleidigende oder hetzerische Kommentare werden nach eigenen Angaben von den Mitarbeitern gelöscht, „emotionale Äußerungen“ aber „grundsätzlich belassen“. Nutzer­kom­mentare wie „Hoffentlich finden die das Schwein“ sind ebenso auf der Seite zu lesen wie die folgende Mutmaßung eines Nutzers: „Wieder ein ‚Südländer’ komisch das bei 90% der Fahndungen solche Leute die Täter sind“.

Ob und in welcher Form die Fahndung im Netz deutsch­landweit zum Standard wird, ist noch offen. Die Prüfung durch die Justiz­mi­nister soll im Laufe des nächsten Jahres abgeschlossen sein. 

Datum
Aktualisiert am
27.06.2014
Autor
pst
Bewertungen
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Themen
Datenschutz Internet Polizei

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