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Angebote, Inhalts­stoffe, Superkräfte: Was darf Werbung?

Im Ausverkauf ist Werbung häufig besonders aggressiv. © Quelle: DAV

Werbung ist im Fernsehen, im Internet und in Printmedien allgegen­wärtig. Doch auch für Werbung gibt es gibt Grenzen: Irrführende Beschrei­bungen oder Aussagen dürfen die Werbemacher nicht verwenden. Was darf Werbung nun und was nicht? Wir fassen die wichtigsten Urteile der vergangenen Monate zusammen.

„Nur natürliche Zutaten“, „bekömmlich“, „fördert das Lernen“ – glaubt man der Beschriftung auf den Produkt­ver­pa­ckungen und der dazuge­hörigen Werbung, sind alle im Supermarkt erhält­lichen Lebens­mittel gesund und machen schlau. Da allerdings immer noch viele Menschen erkranken, wird klar: Irgendetwas stimmt da nicht. Jeder weiß zwar, dass Werbung die Realität schön färbt. Immer wieder stärken aber auch die Gerichte die Rechte der Verbraucher und untersagen allzu irreführende Werbung. Die Deutsche Anwalt­auskunft zeigt Ihnen drei aktuelle Beispiele.

Bier und „bekömmlich“: Kann denn Bekömm­lichkeit Sünde sein?

Darf Bier als "bekömmlich" bezeichnet und beworben werden? Darum stritten der Berliner Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) und die Brauerei Härle aus Leutkirch in Baden-Württemberg. Die Brauerei hatte einige ihrer Biersorten mit dem Begriff „bekömmlich“ angepriesen. Der VSW fand jedoch, dass der Begriff die Gefahren des Trinkens von Alkohol verschweige und klagte dagegen.

EuGH-Urteil: „Pflanzenkäse“ darf nicht Käse heißen

Die Bezeich­nungen „Pflanzenkäse“, „Veggie-Cheese“ oder „Tofubutter“ sind für rein pflanzliche Produkte unzulässig. Zu diesem Urteil kam der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Juni 2017.

In diesem Zusammenhang wurde auf die Regelungen im europäischen Recht verwiesen, wonach die Bezeich­nungen „Käse“, „Butter“ und „Milch“ einzig Produkten vorbehalten seien, die aus echter Tiermilch gewonnen werden. Gleiches gilt für „Rahm“, „Sahne“ und „Joghurt“.

Geklagt wurde gegen das Unternehmen Tofutown, welches rein pflanzliche Lebens­mittel wie etwa „Soyato-Tofu-Butter“ herstellt und unter dieser Bezeichnung auch vertreibt. Laut dem EuGH führe dies bei den Verbrauchern zu Irreführung und so müssen rein pflanzliche Lebens­mittel ab sofort klar benannt werden.

Allerdings gibt es auch Ausnahmen. Lebens­mittel, die aufgrund ihrer traditio­nellen Art und Verwendung bekannt sind, dürfen auch nicht beinhaltete Zutaten in der Bezeichnung tragen. Somit sind die Bezeich­nungen „Leberkäse“ oder „Teewurst“ weiterhin zulässig.

Bier darf nicht als "bekömmlich" beworben werden

Die Richter des Oberland­ge­richts (OLG) Stuttgart gaben dem Verband Recht. Der Begriff "bekömmlich" sei mit "gesund" oder "leicht verdaulich" gleich­zu­setzen. Er könne so verstanden werden, dass das Getränk auch bei langfristigem Gebrauch keinen Schaden anrichte. Sie entschieden, dass Bier nicht so beworben werden darf.

Bei dem Rechts­streit ging es im Grunde um die Auslegung der sogenannten Health-Claims-Verordnung. Sie regelt EU-weit, wann Lebens­mittel als "kalorienarm" oder "reich an Vitaminen" und damit als gesund­heits­fördernd beworben werden dürfen. Das EU-Recht verbietet für Getränke mit mehr als 1,2 Prozent Alkohol Angaben, die eine Verbes­serung des Gesund­heits­zu­stands suggerieren.

Zum Schutz der Verbraucher dürfen Hersteller weder auf dem Etikett noch in der Werbung solche Begriffe verwenden. Der VSW hatte sich außerdem auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2012 berufen. Demnach dürfen Winzer nicht mit den Begriffen "bekömmlich" oder "sanfte Säure" für ihren Wein werben.

Brauereichef Gottfried Härle hat gegen dieses Urteil Revision eingelegt. In nächster Instanz kam der Streit vor den Bundes­ge­richtshof. Den Karlsruher Richtern bekam die Werbung der Brauerei ebenfalls nicht. Sie entschieden zugunsten des VSW: Bier darf nicht mit dem Begriff "bekömmlich" beworben werden (Urteil vom 17. Mai 2018, AZ: I ZR 252/1).

Himbeer-Vanille-Tee ohne Himbeeren und Vanille: Schöne Verpackung und nichts dahinter?

Streit im Werbeslogans gibt es nicht nur beim Bier: Kürzlich entschied der Bundes­ge­richtshof (BGH) über die zulässige Beschriftung auf der Verpackung eines Früchtetees für Kinder, dem „Felix Himbeer-Vanille Abenteuer“ von Teekanne (Urteil vom 2. Dezember 2015, AZ: I ZR 45/13). Auf der Verpackung prangte die beliebte Kinder­buchfigur mit Skateboard. Verfüh­re­rische Himbeeren und eine Vanilleblüte machten das Bild komplett. Dazu war folgender Hinweis prominent platziert: „nur natürliche Zutaten“.

Der Tee enthielt allerdings weder Himbeeren noch Vanille, sondern nur Aromen mit Vanille- und Himbeer­ge­schmack. Solche Aromen werden laut Verbrau­cher­schützern aus Rohstoffen wie Holzspänen gewonnen, das Aroma Vanillin etwa aus Öl, Nelken oder Zuckerrüben.

Aufschrift darf nur Zutaten aufzählen, die das Produkt auch enthält

Der Verbrau­cher­zentrale Bundes­verband (vzbv) bezeichnete dies als Werbelüge und Irreführung der Verbraucher – und klagte gegen Teekanne. Im Februar 2014 landete der Fall beim BGH, der ihn dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorlegte. Die Luxemburger Richter entschieden im Juni 2015, dass Hersteller grundsätzlich nicht mit Bildern von Zutaten auf der Verpackung werben dürfen, die gar nicht im Produkt enthalten sind (Rechtssache C 195/14).

Es war dann am BGH, den Luxemburger Spruch in deutsches Recht umzusetzen. Er verbot die Aufschrift auf der Verpackung des Tees als irreführende Werbung. Teekanne nahm das Tee-Abenteuer daraufhin aus dem Sortiment.

Rotbäckchen „Lernstark“: Konzen­trierter Saft für konzen­trierte Kinder?

Der vzbv hatte gegen Rabenhorst geklagt, den Hersteller des Rotbäckchen-Saftes. Dieser hatte einen seiner Säfte mit dem Begriff „lernstark“ beworben, da er „Eisen zur Unterstützung der Konzen­tra­ti­ons­fä­higkeit“ enthalte. Dem vzbv zufolge verstößt dies gegen die europäische Health-Claims-Verordnung. Sie regelt, welche nährwert- und gesund­heits­be­zogenen Angaben die Hersteller bei der Werbung für ihre Produkte machen dürfen und welche nicht.

Damit sollen Verbraucher vor irrefüh­renden, wissen­schaftlich nicht belegten und nicht zugelassenen Angaben geschützt werden. Bei der Entwicklung und Gesundheit von Kindern ist die Verordnung besonders streng.

Kindersaft mit Eisen darf als lernfördernd bezeichnet werden

Der BGH gab dem Safther­steller aber am 10. Dezember recht (AZ: I ZR 222/13). Den Richtern zufolge sind die Werbeaussagen von der Verordnung gedeckt. Denn diese lässt folgende Aussage zu: „Eisen trägt zur normalen kognitiven Entwicklung von Kindern bei“. Der von Rabenhorst gewählte Slogan: „Mit Eisen zur Unterstützung der Konzen­tra­ti­ons­fä­higkeit“ sei daher zulässig.

Ab wann dürfen Schlaf­zim­mermöbel als vollständige Ausstattung bezeichnet werden?

Geht es um größere Anschaf­fungen als den Kauf von Bier, Saft oder einer Packung Teebeutel, darf Werbung etwas mehr als bei Lebens­mitteln. Und zwar weil man bei einer teureren Anschaffung davon ausgehen kann, dass der Verbraucher sich den kompletten Text der Anzeige durchliest oder zumindest genau nachfragt, was im Preis enthalten ist. So hat der BGH im vergangenen Jahr entschieden (Urteil vom 18. Dezember 2014, AZ: I ZR 129/13).

Ein Möbelhaus hatte eine Schlaf­zim­mer­ein­richtung, die aus einem Drehtü­ren­schrank, einem Doppelbett und Nachtkonsolen bestand, als „Schlaf­zimmer komplett“ und einer Abbildung beworben, auf der ein Bett mit Matratze und Lattenrost zu sehen war. Die Preisangabe war nicht mit einem Sternchen gekenn­zeichnet. Im erklärenden Text, der in der unteren Ecke in kleiner Schrift abgedruckt war, war allerdings angeführt, dass Lattenrost, Matratze, Decken und Kissen im Angebot nicht enthalten waren.

„Schlaf­zimmer komplett“ muss kein komplettes Schlaf­zimmer sein

Ein Verbrau­cher­schutz­verein hatte die Werbung als irreführend betrachtet und dagegen geklagt. Die Richter des BGH waren anderer Meinung: Bei einem Kauf in dieser Preisklasse würden sich die Kunden genau informieren und den kompletten Text lesen. Dennoch müssten Hersteller allerdings darauf achten, dass deutlich gekenn­zeichnet wird, was im Angebot enthalten ist und was nicht.

Tabakwerbung: Darf ein Tabakher­steller auf seiner eigenen Webseite für Tabak werben?

Werbung für Zigaretten und andere Tabakprodukte ist in Deutschland streng reguliert. Selbst auf der Webseite des Herstellers kann Tabakwerbung verboten sein. Das hat der BGH am 5. Oktober 2017 entschieden (AZ: I ZR 117/16).

Im genannten Fall ging es um ein mittel­stän­disches Tabakun­ter­nehmen. Die Inhalte auf seiner Webseite sind zwar nur nach einer elektro­nischen Alters­abfrage sichtbar. Auf der Startseite des war im November 2014 aber eine Abbildung zu sehen, die vier gut gelaunte, rauchende Personen zeigte. Ein Verbrau­cher­schutz­verband hatte das für unzulässig gehalten und geklagt. Er fordert von dem Hersteller, nicht mehr mit dem Bild zu werben und ihm die vorgericht­lichen Abmahn­kosten zu erstatten.

Der BGH gab dem Verband Recht. Für die Richter stellte das Bild auf der Startseite einen sogenannten Dienst der Informa­ti­ons­ge­sell­schaft dar. Das sind Dienste, die im Internet Informa­tionen zum Abruf bereit­stellen. Das zählen Suchma­schinen und Online-Werbung. Das Bild falle deshalb, so die Richter, unter das Takabwer­be­verbot.

Werbung für Tabakprodukte müsse auf diejenigen Magazine und Zeitschriften beschränkt werden, die sich nicht an die breite Öffent­lichkeit richten. Die Startseite der Unterneh­mens­webseite wende sich allerdings an die breite Öffent­lichkeit. Das genannte Bild sei daher verboten.

Darf ein Waschmit­tel­her­steller mit kostenlosen Proben werben?

In manchen Gerichts­ver­fahren um Werbung geht es gar nicht um die Slogans und Bezeich­nungen. Die Firma Procter & Gamble musste sich kürzlich vor dem Landgericht (LG) Frankfurt verant­worten. Sie hatte im Rahmen einer Werbeaktion Probepackung eines Flüssig­wasch­mittels in Briefkästchen verteilt. Einige Empfänger hatten sich bei der Verbrau­cher­zentrale darüber beschwert. Oft hätten Kinder Zugang zum Briefkasten. Sie dürften das Waschmittel aber nicht in die Hände bekommen, da es Augenschäden und Hautrei­zungen hervorrufen könne. Das LG Frankfurt entschied am 14. August 2018, dass die Werbeaktion unzulässig war (AZ: 3-06 O 8/18).

Was bedeutet das alles für Verbraucher?

Für Konsumenten gilt: Augen auf beim Einkaufen. Auch wenn Rabenhorst und der Möbelhändler Recht bekommen haben, heißt das nicht, dass in allen Produkten wirklich das enthalten ist, was die Packung oder die Werbeanzeige zeigt. Auch bei unerwünschten oder für Kinder möglicherweise gefähr­lichen Wurfsen­dungen können Verbraucher erfolgreich gegen das Unternehmen vorgehen. Werbung darf also einiges - aber nicht alles.

Datum
Aktualisiert am
18.05.2018
Autor
vhe/dpa
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Themen
Dienst­leis­tungen Geld Handel Kaufen Werbung

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