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BGH-Urteil

Tierarzt und Behand­lungs­fehler: Der Tierarzt ist in der Beweis­pflicht

In der menschlichen Medizin längst im Einsatz: Die Beweispflicht des Arztes. © Quelle: dadoodas/fotolia.com

Eine Pferde­be­sitzerin aus Bramsche hat für eine Klärung in der Rechtsprechung der Arzthaftung gesorgt. Der Bundes­ge­richtshof hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass der Tierarzt nach einem groben Behand­lungs­fehler nun in der Beweis­pflicht ist. Was bereits seit längerer Zeit in der Humanmedizin die Regel ist, gilt nun auch für Tierärzte.

Der Bundes­ge­richtshof gestern hat ein Urteil gefällt, auf das besonders Tierfreunde wohl schon lange gewartet haben.

Den Karlsruher Richtern lag folgender Fall vor: Das Pferd der Klägerin wurde von einem anderen Pferd gegen das rechte Hinterbein getreten. Die Halterin rief einen Tierarzt, der zunächst die offene Wunde versorgte. Weitere Untersu­chungen wurden nicht vorgenommen.

Er übersah daher, dass das Bein des Pferdes bedingt durch den Tritt angebrochen war. Der Spalt im Knochen vergrößerte sich, so dass letztlich der Knochen beim Aufstehen des Pferdes brach. Die anschließend durchge­führte Operation misslang, weshalb das Pferd letztlich erlöst werden musste.

Die Pferde­halterin machte nun dem Tierarzt den Vorwurf, er habe ihr Pferd falsch behandelt und verlangte daher von ihm Schadens­ersatz in Höhe von 100.000 Euro. Der Tierarzt war jedoch der Auffassung, das Bein des Pferdes wäre sowieso gebrochen.

Die Pferde­halterin konnte nicht beweisen, dass der Tierarzt durch eine entspre­chende Behandlung den Bruch hätte verhindern können. Der Tierarzt konnte im Gegenzug nicht beweisen, dass das Bein sowieso gebrochen wäre. Entscheidend für den Rechts­streit war daher die Beweis­last­ver­teilung. Wer musste also was in diesem Rechts­streit beweisen?

Tierarzt und Beweislast: Bei wem liegt sie?

Grundsätzlich trifft den Kläger die volle Beweislast. Handelt es sich jedoch um einen groben Behand­lungs­fehler, so tritt eine Beweis­last­umkehr ein. Grob sind solche Behand­lungs­fehler, die sich als Verstöße gegen elementare Behand­lungs­regeln, gegen elementare Erkenntnisse der Medizin darstellen, es sich demnach um Fälle handelt, die aus objektiv ärztlicher Sicht nicht mehr verständlich sind, weil sie einem Arzt schlech­terdings nicht unterlaufen dürfen.

Bei der Beurteilung, ob ein Behand­lungs­fehler als grob einzuordnen ist, handelt es sich um eine durch ein Gericht vorzunehmende juristische Wertung. Diese wertende Entscheidung hat auf tatsäch­lichen Anhalts­punkten zu beruhen, die sich in der Regel aus der medizi­nischen Bewertung des Behand­lungs­ge­schehens durch einen Sachver­ständigen ergeben. So urteilten dem Grunde nach bereits das LG Oldenburg im Jahre 2007 sowie das OLG Frankfurt am Main 2011. Wenn die Beweis­last­umkehr eintritt, muss der Arzt beweisen, dass sein Fehler nicht die Ursache nachfol­gender Gesund­heits­schäden war.

Dieser in der Humanmedizin seit langer Zeit geltende Grundsatz gilt nun nach der gestrigen Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs (BGH) auch für Tierärzte (Urteil vom 10. Mai 2016, AZ: VI ZR 247/15).

Der BGH führt in seiner Begründung aus, dass sich die Tätigkeiten der Humanärzte wie diejenigen der Tierärzte auf einen lebenden Organismus beziehen. Die Auswir­kungen eines Behand­lungs­fehlers sind daher ähnlich. Der Fehler sei eine wichtige mögliche Ursache, die gleich­zeitig „die Beweisnot auf Seiten des Geschä­digten vertieft“. Die Beweis­last­umkehr zu Lasten des Tierarztes ist daher nach Auffassung der Richter gerecht­fertigt.

Andreas Ackenheil ist Anwalt mit dem Schwerpunkt Tierrecht (Hunderecht, Pferderecht, Recht rund um das Tier) und betreibt einen eigenen Blog, der unter http://www.der-tieranwalt.de aufzurufen ist. Auch für die Deutsche Anwalt­auskunft bloggt Andreas Ackenheil regelmäßig zum Thema Tierrecht.

Datum
Aktualisiert am
11.05.2016
Autor
Andreas Ackenheil
Bewertungen
4789
Themen
Arzt Haftung Tiere

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