Die meisten Deutschen wollen nach ihrem Tod ihr Gewebe oder ihre Organe spenden, um kranken Menschen zu helfen. Zumindest sind 70 Prozent der Deutschen im Todesfall dazu bereit, wie eine Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigt. Trotz dieser Zahlen verfügen aktuell aber nur 22 Prozent der Bundesbürger über einen Organspendeausweis, die meisten von ihnen stimmen darin einer Organspende zu.
Um mehr Menschen dazu zu motivieren, im Todesfall Organe zu spenden und dies zu Lebzeiten rechtlich bindend in einem Organspendeausweis zu dokumentieren, hat die Politik 2012 das „Gesetz zur Regelung der Entscheidungslösung“ verabschiedet. Dem Gesetz nach soll die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) die Versicherten regelmäßig über das Thema Organspende aufklären.
Informationen und Aufklärung über Organspende: medizinische und rechtliche Regelungen
Für eine Organspende gibt es medizinische und rechtliche Voraussetzungen: Wird ein Mensch etwa bei einem Unfall schwer verletzt, müssen die Ärzte alle möglichen Maßnahmen ergreifen, um ihn zu retten. Gelingt dies nicht, sind Ärzte nach dem Transplantationsgesetz zunächst verpflichtet, den Hirntod des Menschen festzustellen, bevor sie seinem Körper Organe entnehmen dürfen. Die Spenderorgane transplanieren andere Ärzte in einen fremden Körper (siehe Info-Box). Aber: „Ohne eine rechtlich verbindliche Zustimmung dürfen Ärzte einem Verstorbenen keine Organe entnehmen“, sagt der Münchener Rechtsanwalt Dr. Rudolf Ratzel von der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Deshalb sollte man, wenn man nach seinem Tod Organe spenden möchten, eine rechtlich verbindliche Erlaubnis für die Organentnahme fixieren und einen Organspendeausweis ausfüllen. Doch auch wer eine portmortale Organentnahme ablehnt sollte dies in einem Ausweis festzuhalten. „Es gibt zwar keinen rechtlichen Zwang, sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden. Aber ein Organspendeausweis schafft in jedem Fall juristische Klarheit“, sagt Rechtsanwalt Dr. Ratzel.
Regeln der Organ- und Gewebespende in Deutschland
Das Transplantationsgesetz regelt die Voraussetzungen, unter denen einem Verstorbenen Organe und Gewebe entnommen dürfen. Für die Entnahme, Vermittlung und Transplantation von Organen sind verschiedene Institutionen zuständig, die personell und organisatorisch voneinander getrennt sind: So ist die Deutsche Stiftung Organtransplantation für die Organisation und die medizinischen Maßnahmen der Organspende verantwortlich. Die Stiftung Eurotransplant vermittelt die Organe, die Ärzte in verschiedenen Transplantationszentren übertragen. Der Handel mit Organen ist in Deutschland verboten.
Transplantation von Organen: Was ist die erweiterte Zustimmungsregelung?
Juristische Klarheit ist deshalb wichtig, weil bei fehlender Zustimmung oder Ablehnung die engsten Familienangehörigen entscheiden müssen, ob sie die Organentnahme erlauben. Das sieht die erweiterte Zustimmungsregelung vor. Die Vorgaben der Zustimmungsregelung belasten Familien stark und lassen sich häufig auch nicht erfüllen: „Bevor die Angehörigen eine solche Entscheidung treffen können, müssen sie den mutmaßlichen Willen des Verstorbenen herausfinden“, sagt Dr. Ratzel. „Das ist in der Praxis häufig sehr schwierig.“
Verwandte wissen nämlich selten, wie der Verstorbene über eine Organentnahme gedacht hat und kennen seinen „mutmaßlichen Willen“ nicht. Belastend für Familien ist darüber hinaus, dass sie ihre Entscheidung sehr schnell treffen müssen, da es für die Entnahme und Transplantation von Organen medizinisch sonst zu spät ist.
Was kann man in einem Organspendeausweis definieren?
Solche Situationen kann man seiner Familie ersparen, wenn man zu Lebzeiten eine persönliche Entscheidung trifft, einen Organspendeausweis ausfüllt und dort festhält, ob man nach seinem Tod Teile seines Körpers spenden möchte. Einen Organspendeausweis anlegen können bereits Minderjährige ab 16 Jahren und damit rechtlich verbindlich einer Organspende zustimmen. Ab dem 14. Lebensjahr ist es Jugendliche möglich, einer solchen Spende zu widersprechen.
Inhaltlich ist man in einer Organspendeerklärung frei: Man kann sich dort für eine generelle Organ- und Gewebespende aussprechen. Man kann festlegen, dass man nur bestimmte Organe spenden will oder andere ganz ausschließen. Auch kann man einer Organ- und Gewebespende komplett widersprechen.
Das, was man in dem Organspendeausweis bestimmt, kann man jederzeit wieder ändern. Dazu muss man nur einen neuen Organspendeausweis ausfüllen und den alten vernichten. Registrieren lassen muss man einen Organspendeausweis nicht.
Regelungen: Braucht man für die Zustimmung oder Ablehnung einer Organspende immer einen Organspendeausweis?
Nein. Man kann die Zustimmung oder Ablehnung einer Organspende auch formlos auf ein Blatt Papier schreiben. In diesem Fall muss man nur dafür sorgen, dass das Papier im Notfall gefunden wird. Abzuraten ist, sie in einem Testament festzuhalten, da dieses meist zu einem Zeitpunkt eröffnet wird, an dem es zu spät ist, um Organe zu entnehmen.
Können sich die Inhalte des Organspendeausweises und der Patientenverfügung widersprechen?
Eine weitere Variante ist, einer Organspende in einer Patientenverfügung zuzustimmen oder diese abzulehnen. Generell legt man solche Dokumente in gesunden Zeiten und für den Fall an, dass man irgendwann nicht mehr selbst für sich entscheiden kann. Für diesen Fall definiert man in einer Verfügung, ob und wie man in bestimmten Situationen medizinisch behandelt werden will. Lesen Sie mehr über das Thema Patientenverfügung.
Allerdings: Wer seine Haltung zur Organspende nicht in einer Verfügung niederschreibt, sondern in einem Organspendeausweis, muss aufpassen, dass die Inhalte der Dokumente sich nicht widersprechen. Wer sich in einem Organspendeausweis als Organspender definiert, in seiner Verfügung aber alle intensivmedizinischen Maßnahmen ablehnt, sorgt für rechtliche Unklarheit bei Ärzten und Familienangehörigen.
Um solche Unklarheiten zu vermeiden und auf der rechtlich sicheren Seite zu stehen, sollte man sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt für Medizinrecht beraten lassen. Denn sie oder er informiert darüber, wie man eine Patientenverfügung aufsetzt und wie man diese und seinen Organspendeausweis inhaltlich aufeinander abstimmt.
- Datum
- Aktualisiert am
- 11.10.2016
- Autor
- ime