Schwei­ge­pflicht

Nach Unfall: Auskunft im Krankenhaus nur für Famili­en­an­ge­hörige?

Liegt der Partner oder ein Angehöriger im Krankenhaus, möchte man schnellstmöglich wissen, wie es ihm oder ihr geht. © Quelle: Cirou/gettyimages.de

Es ist einer der Anrufe, die jeder fürchtet: Ein Krankenhaus oder die Polizei meldet sich und informiert einen darüber, dass der Partner oder ein Angehöriger einen Unfall hatte und schwer verletzt in der Klinik liegt. Viele wollen dann sofort erfahren, wie es dem Unfallopfer geht und was sie tun können. Vor dem Kranken­zimmer kommt dann womöglich die Ernüch­terung – wenn die Ärzte keine Auskunft geben. Wer darf überhaupt etwas über den Gesund­heits­zustand eines Patienten erfahren?

Aus Filmen und Serien kennt man verzweifelte Menschen, die vor dem OP warten, in dem ein geliebter Mensch operiert wird. Sobald der gehetzte Kranken­pfleger oder die übermüdete Ärztin herauskommt, werden sie mit Fragen bestürmt. Und fragen erst einmal ihrerseits, ob der Fragende denn ein Angehöriger ist. Als nahes Famili­en­mitglied scheint es einfacher zu sein, im Ernstfall eine Auskunft zu bekommen. So leicht ist das in der Praxis jedoch nicht.

Schwei­ge­pflicht: Ärzte dürfen keine Auskunft geben

Zunächst einmal ist wichtig: Ärzte haben eine Schwei­ge­pflicht über alle Belange, die ihre Patienten betreffen. Das geht sowohl aus § 203 Strafge­setzbuch als auch aus den Berufs­ord­nungen der Landes­ärz­te­kammern hervor. Verstoßen Ärzte gegen ihre Schwei­ge­pflicht, droht ihnen im schlimmsten Fall ein Jahr Haft.

„Über den Gesund­heits­zustand eines Patienten dürfen Ärzte nur dann Auskunft geben, wenn der Patient sie ausdrücklich oder mutmaßlich von ihrer Schwei­ge­pflicht entbunden hat“, informiert Rechts­an­wältin Babette Christophers, Mitglied des Geschäfts­füh­renden Ausschusses der Arbeits­ge­mein­schaft Medizinrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV).

Sei ein Patient nicht in der Lage, einen Willen zu äußern, und habe er keine Schwei­ge­pflich­tent­bin­dungs­er­klärung abgegeben oder eine Patien­ten­ver­fügung hinterlegt, könne es kompliziert werden.

Entscheidung über Behand­lungs­me­thoden: Ehepartner oder Angehörige

Das gilt zum Beispiel, wenn ein Patient im Koma liegt. Das stellt Ärzte vor allem deshalb vor Schwie­rig­keiten, weil es oft nicht nur um Information geht, sondern auch um wichtige Entschei­dungen über die Behandlung. Im schlimmsten Fall geht es darum, ob sie überhaupt weiter­geführt wird.

„In diesen Fällen ist der Arzt verpflichtet, die mutmaß­lichen Interessen des Patienten zu wahren. In der Praxis wendet sich der Arzt dann an Ehepartner oder Famili­en­an­ge­hörige, zumindest wenn dazu noch genügend Zeit ist. Gemeinsam wird versucht, den mutmaß­lichen Willen des Patienten heraus­zu­finden“, sagt Rechts­an­wältin Christophers. Ein gesetz­liches Recht auf Information oder darauf, eine Entscheidung zu treffen, hätten Partner und Angehörige jedoch nicht.

Bei Angehörigen könnten sich Ärzte in der Regel aber sicher sein, dass der Patient wolle, dass sie über seinen Gesund­heits­zustand Bescheid wissen – es sei denn, besondere Umstände des Einzelfalls würden darauf hindeuten, dass er nicht damit einver­standen sei.

Patien­ten­ver­fügung bietet Sicherheit

Wer sichergehen möchte, dass im Ernstfall die richtigen Menschen Auskunft bekommen, sollte eine Schwei­ge­pflich­tent­bin­dungs­er­klärung hinterlegen. „Mit einer Patien­ten­ver­fügung kann man hingegen festlegen, wer im Ernstfall entscheiden darf. Diese und eine Schwei­ge­pflich­tent­bin­dungs­er­klärung zu verfassen, ist auch für junge und gesunde Menschen empfeh­lenswert“, rät die Rechts­an­wältin aus Münster. Solche Verfügungen böten Ärzten zudem Rechts­si­cherheit.