Überschreiten Vertragsärzte das Richtgrößenvolumen der Krankenkassen für die Behandlungen von Patienten um mehr als 25 Prozent, müssen Ärzte unter Umständen Kosten übernehmen und den Krankenkassen den sich daraus ergebenden Mehraufwand erstatten. Dies stellt dann eine Prüfungsstelle fest. Ausnahmen für die Pflicht von Ärzten, bei Überschreitungen von Budgets Kosten übernehmen zu müssen, können in Praxisbesonderheiten begründet sein.
Eine weitere Ausnahme könnte auch dann gegeben sein, wenn eine Krankenkasse die Behandlung eines Patienten über den Regelbedarf hinaus genehmigt hat. Darauf weist die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltsvereins (DAV) hin. Sie verweist auf ein Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 4. Mai 2016 (AZ: S 16 K A 658/13).
Kostenerstattung durch Krankenkasse: Was gilt, wenn eine Krankenkasse die Kostenübernahme über den Regelbedarf hinaus zusagt?
Die Frau arbeitet seit dem Jahr 2005 als Internistin in einer Einzelpraxis. Sie nimmt als hausärztlich tätige Internistin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen teilte ihr mit, dass gegen sie ein Verfahren wegen Überschreitens der Größenvolumina im Jahr 2010 eingeleitet wird. Die Überschreitung betrage 35,85 Prozent. Man bat die Internistin um eine Stellungnahme.
Die Ärztin wies auf eine Vorabgenehmigung einer Krankenkasse hin. Des Weiteren vertrat sie die Auffassung, dass es im Hinblick auf einzelne Patienten Praxisbesonderheiten anzuerkennen gebe. Dennoch blieb nach Auffassung der Prüfstelle eine Richtgrößenüberschreitung von 26,48 Prozent für die Behandlung von Patienten.
Kosten für ärztliche Behandlungen: Ärzte dürfen auf Zusage der Kostenübernahme durch Krankenkasse vertrauen
Die Klage der Ärztin war erfolgreich. Im Ergebnis kam das Gericht letztlich auf eine Budgetüberschreitung für die Behandlung von Patienten von 23,39 Prozent. Damit müsse die Internistin der Krankenversicherung nichts erstatten.
Im Wesentlichen berücksichtigte das Gericht die Zusage einer IKK gegenüber der Ärztin. Diese schrieb unter dem Betreff „Heilmittelverordnung außerhalb des Regelbedarfs für den Patienten X“:
„Guten Tag, sehr geehrte Frau Doktor Y., wir können Ihnen mitteilen, dass wir im Rahmen einer Einzelfallentscheidung die Kosten für die erforderliche Ergotherapie mit Hausbesuch auch außerhalb des Regelfalls bei X. übernehmen, ohne dass Sie hierfür bei einer eventuellen Wirtschaftlichkeitsüberprüfung in Regress genommen werden.“
Aufgrund dieser Zusage der Krankenkasse für eine Kostenübernahme für die Behandlung eines Patienten habe die Ärztin darauf vertrauen können, dass bei einer Überprüfung diese Kosten nicht berücksichtigt würden. Rechne man diese Kosten für die Behandlung heraus, komme man auf eine Überschreitung von weniger als 25 Prozent. Dies müsse die Prüfstelle berücksichtigen, so das Gericht.
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für Medizinrecht helfen Ärzten bei Konflikten mit Krankenkassen
Dieser Fall zeigt, dass auch Ärzte sich erfolgreich gegen fehlerhafte Überprüfungen durch die Krankenkassen wehren können. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für Medizinrecht in der Nähe findet man in der Anwaltssuche auf dieser Website.
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