
Anna Merseburg meldete sich im Oktober 2015 bei der Berliner Fitnessstudiokette Hard Candy an, für die Sängerin Madonna wirbt. Das Angebot war günstig: Ein Fünfjahresvertrag für knapp 500 Euro plus eine jährliche Gebühr von 49 Euro. Doch schon wenige Monate später zeigten sich immer mehr Mängel: Die Trainingsräume und Duschen waren schmutzig, kaputte Geräte wurden nicht repariert, Kurse fielen aus. Immer mehr Studios waren geschlossen. Über den Kundenservice beziehungsweise über die Verwaltung war niemand erreichbar. Dann erfuhr Anna aus der Presse, dass die Kette insolvent sei, die Eigentümer hätte Insolvenzanträge gestellt. Welche Rechte hat die Kundin nun?
Insolvenz: Antrag, Eröffnungsverfahren, Insolvenzverfahren
Zunächst ist wichtig: Ist ein Unternehmen nicht mehr in der Lage, seine Rechnungen zu bezahlen und seine Dienstleistungen wie vereinbart bereitzustellen, kann ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahren gestellt werden. Das kann das Unternehmen selbst tun oder einer seiner Kreditgeber, auch Gläubiger genannt. Danach prüft der Richter im Eröffnungsverfahren, ob das Verfahren eröffnet wird.
Das hängt auch davon ab, ob im Unternehmen noch genügend Vermögenswerte vorhanden sind, um zumindest die Verfahrenskosten zu decken. Vermögenswerte können zum Beispiel die Geschäftseinrichtung oder die Sportgeräte sein.
Wird das Verfahren eröffnet, setzt das zuständige Insolvenzgericht in der Regel einen Insolvenzverwalter ein. Er kümmert sich darum, dass möglichst viel vom Vermögen erhalten bleibt und versucht, den laufenden Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Nach Abschluss des Verfahrens sorgt der Insolvenzverwalter dafür, dass das verbleibende Vermögen gerecht unter den Gläubigern aufgeteilt wird. Wird das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durchgeführt, kann statt einem Insolvenzverwalter ein Sachverwalter eingesetzt werden. Für Verbraucher hat das aber kaum rechtliche Relevanz.
Fitnessstudio ist insolvent: Presseberichte keine rechtliche Relevanz
Kunden eines insolventen Fitnessstudios machen sich in erster Linie Sorgen um ihr Geld – und wünschen sich verlässliche Informationen. Man möchte schließlich wissen, wie es um das Unternehmen steht, dem man regelmäßig Geld überweist. Dr. Martin Prager ist Rechtsanwalt für Insolvenzrecht und Vorsitzender des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Er sagt: „Die Anordnung der vorläufigen Insolvenz und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden unter www.insolvenzbekanntmachungen.de bekannt gegeben – darüber hinaus besteht keine rechtliche Pflicht zur Information.“ In der Praxis gelte es jedoch als guter Stil, wenn die Kunden informiert würden.
Presseberichte über eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz eines Fitnessstudios oder anderen Unternehmens haben alleine rechtlich keine Relevanz. Hier ist also Vorsicht geboten – Kunden des betreffenden Studios sollten also auf der Plattform nachprüfen, die übrigens frei zugänglich ist, ob an den Presseberichten oder Gerüchten etwas dran ist.
Vorläufige Insolvenz keine Auswirkung auf Fitnessstudio-Vertrag
Hat das Fitnessstudio offiziell Insolvenz angemeldet, muss der Insolvenzverwalter entscheiden, ob er den Betrieb fortführt. Hält er den Betrieb aufrecht, bedeutet auch die vorläufige Insolvenz nicht unbedingt, dass sich am Vertragsverhältnis mit dem Kunden etwas ändert. „Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, kann der Insolvenzverwalter entscheiden, ob der Vertrag fortgeführt wird oder nicht“, erklärt Rechtsanwalt Prager. Ein Sonderkündigungsrecht habe der Kunde nicht automatisch. Er könne den Verwalter aber auffordern zu erklären, ob er den Vertrag fortführt.
Nicht immer gibt es Geld zurück
Der Vertrag kann also trotz eines eröffneten Insolvenzverfahrens erst einmal weiter laufen. Doch wie sieht es nun mit dem Geld aus: Bekommen die Kunden etwas zurück? Das ist vor allem für jene interessant, die – wie Anna Merseburg – den Mitgliedsbeitrag für einen längeren Zeitraum im Voraus bezahlt haben. Im Falle einer Insolvenz spielt das aber kaum eine Rolle: „Wer von dem insolventen Fitnessstudio Geld zurück will, aus welchem Grund auch immer, gilt in der Regel als normaler Insolvenzgläubiger“, erklärt der Rechtsanwalt aus München. Er könne seine Forderung zur Insolvenztabelle anmelden. Die entsprechenden Fristen seien im Eröffnungsbeschluss zu finden, der wiederum auf dem genannten Portal zu finden ist.
Der Insolvenzverwalter bekommt damit einen Überblick, welche Gläubiger noch Forderungen an das insolvente Fitnessstudio haben. Er muss dann die bekannten Gläubiger anschreiben und ihnen den Eröffnungsbeschluss zustellen. Kommt es am Ende des Insolvenzverfahrens zu einer Verteilung des verbleibenden Vermögens unter den Gläubigern, erhalten die Kunden die gleiche Quote wie die restlichen ungesicherten Gläubiger. Im schlimmsten Fall beträgt diese Quote Null: Die Gläubiger gehen leer aus.
Vor Insolvenzantrag: Rechte einfordern
Viele Fitnessstudios und andere Unternehmen geraten allerdings schon in Schieflage, bevor sie oder ein Gläubiger offiziell Insolvenz anmelden. So geschehen im Fall von Hard Candy. Kunden haben dann die Möglichkeit, den Betreiber des Studios schriftlich per Einschreiben aufzufordern, das Studio wieder zu öffnen beziehungsweise die Mängel zu beheben. Dazu sollten Sie ihm eine realistische Frist einräumen, ratsam sind mehrere Wochen. Tut sich nichts, können Sie ihr Geld zurückfordern, zum Beispiel den anteiligen Mitgliedsbeitrag für die Monate, in denen das Studio geschlossen war.
- Datum
- Aktualisiert am
- 09.08.2016
- Autor
- vhe