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Billigsilikon

BGH setzt Verfahren um Brustim­plantate aus

Haben die von mangelhaftem Silikon betroffenen Frauen Anspruch auf Schmerzensgeld? © Quelle: poplasen/fotolia.com

Billiges Industrie­silikon steht am Anfang des Skandals um den franzö­sischen Brustim­plantate-Hersteller Poly Implant Prothèse. 5.000 Frauen sollen allein in Deutschland betroffen sein. Mit ihren Klagen scheiterten sie bislang vor den hiesigen Gerichten, immer wieder gegen die Prüfstelle TÜV Rheinland. Der Bundes­ge­richtshof hat das Verfahren heute vorerst ausgesetzt.

Der Bundes­ge­richtshof (BGH) hat heute keine Entscheidung darüber gefällt, welche Verant­wortung den TÜV Rheinland in der Frage mangel­hafter Brustim­plantate trifft, und ob einer davon betroffenen Frau Schmer­zensgeld zusteht. Die Karlsruher Richter haben das Verfahren heute ausgesetzt, weil sie dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor einem Urteil einige Fragen zur Auslegung europäischen Rechts vorlegen wollen. Es geht dabei vor allem um die Auslegung der europäischen Richtlinie 93/42/EWG, die Medizin­produkte regelt (AZ: VII ZR 36/14).

Bislang haben deutsche Gerichte die Verant­wortung des TÜV Rheinlands für den Brustim­plantate-Skandal verneint. Die Prüfstelle habe ihre Pflichten eingehalten und sei vom franzö­sischen Hersteller Poly Implant Prothèse (PIP) aktiv getäuscht worden, so die einhellige Meinung der Richter. Der PIP-Gründer war Ende 2013 von einem Gericht in Marseille zu vier Jahren Haft wegen Betrugs verurteilt worden.

Der TÜV-Rheinland geriet unterdessen ins Visier der Justiz, weil die Prüfstelle seinerzeit von der inzwischen insolventen PIP beauftragt worden war, die Qualitäts­si­cherung und die Produkt­aus­legung des Unternehmens zu überwachen und zu prüfen.

Der Fall vor dem Bundes­ge­richtshof

Mit der Argumen­ta­ti­onslinie, der TÜV Rheinland habe seine Pflichten als beauftragte Prüfstelle verletzt, hat eine Klägerin nun erstmals versucht, in der Revision vor dem Bundes­ge­richtshof (BGH) die Prüfstelle in die Pflicht zu nehmen. Die Klägerin hatte sich 2008 Brustim­plantate des franzö­sischen Herstellers einsetzen lassen. Sie fordert 40 000 Euro Schmer­zensgeld vom TÜV. Außerdem soll geprüft werden, inwieweit ihr Schaden­ersatz für „materielle Zukunfts­schäden“ zustehen, wie es in der Presse­mit­teilung des BGH heißt. Die ersten beiden Instanzen hatten die Klage abgewiesen.

Schmer­zens­geld­for­de­rungen betroffener Deutscher bislang ohne Erfolg

Schmer­zens­geld­for­de­rungen Betroffener waren von Gerichten hierzulande bislang abgewiegelt worden. Im Hinblick auf die Brustim­plantate verarbeitende Mediziner oder Kliniken sei das zu Recht geschehen, sagt Rudolf Ratzel im Interview mit der Deutschen Anwalt­auskunft. Der Rechts­anwalt ist Vorsit­zender der Arbeits­ge­mein­schaft Medizinrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV): „Kliniken sollten sich darauf verlassen dürfen, dass Implantate gewissen Qualitäts­standards entsprechen, wenn sie dementsprechend gekenn­zeichnet sind“

Kranken­kassen müssen für Herausnahme der PIP-Brustim­plantate aufkommen

Das Sozial­gericht Berlin stellte darauf für deutsche Betroffene fest, deren Kranken­kassen müssten für die Herausnahme der Implantate aufkommen. Zumindest in solchen Fällen, in denen aus medizi­nischen Gründen operiert worden sei. Für Patien­tinnen, die sich aus ästhetischen Gründen für die Implantate entschieden hätten, müssten die Versiche­rungen zumindest anteilig aufkommen.

2010 war bekannt geworden, dass weltweit etlichen Frauen billiges Industrie­silikon anstelle hochwertiger Brustim­plantate eingesetzt worden war. Die Silikon­kissen des Herstellers PIP seien überdurch­schnittlich oft gerissen und haben bei zahlreichen Patien­tinnen Entzün­dungen verursacht, hieß es. Nachdem franzö­sische Behörden den Skandal losgetreten hatten, wurde den betroffenen Frauen empfohlen, sich die Implantate heraus­nehmen zu lassen.

Datum
Aktualisiert am
26.01.2016
Autor
kgl/ime
Bewertungen
114
Themen
Gesundheit Schadens­ersatz Schmer­zensgeld

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