So hat das Landgericht München am 18. Februar 2016 (AZ: 9 O 20894/14) eine Klage des Freistaates Bayern gegen einen Landgerichtsarzt abgewiesen. Der Freistaat verlangte die Rückzahlung von 2004 bis 2006 gezahlten ärztlichen Honoraren in Höhe von knapp 90.000 Euro.
Gutachterliche Tätigkeit des Arztes oder Behandlung
In dem von der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall wurde ein Facharzt für Psychiatrie verklagt, der als Landgerichtsarzt beim Landgericht Ingolstadt tätig ist.
Seine Aufgabe war es, auf gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Auftrag hin so genannte Drogenscreening-Untersuchungen vorzunehmen. Diese werden üblicherweise bei Personen durchgeführt, die sich im Rahmen von Bewährungsauflagen Drogentests unterziehen müssen. Bis November 2004 erbrachte der Arzt die Laborleistungen hierfür selbst, danach beauftragte er damit eine Laborpraxis. Der Landgerichtsarzt stellte dem Freistaat Bayern die jeweils durchgeführten Laboruntersuchungen als ärztliche Laborleistungen gemäß GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte) in Rechnung.
Der Freistaat forderte die Rückzahlung der so abgerechneten Laborleistungen, da der Mediziner, der kein Laborarzt sei, diese ohne den erforderlichen Fachkundenachweis erbracht habe. Daher hätten sie nicht nach der GOÄ in Rechnung gestellt werden dürfen.
Honoraranspruch eines als Gutachter tätigen Arztes
Der Arzt hatte bei Gericht Erfolg. Die Richter entschieden, dass ein Rückzahlungsanspruch nicht besteht. Der Umstand, dass der Mediziner bei den Laborleistungen außerhalb seiner formellen fachärztlichen Kompetenz gehandelt habe, führe nicht zur Unwirksamkeit seines Gutachtensauftrags.
Für das Gericht war entscheidend, dass der Arzt mit dem Land keine Behandlungsverträge, sondern Gutachtensaufträge abgeschlossen hatte. Zwar entfiele bei einem ärztlichen Behandlungsvertrag der Honoraranspruch des Arztes, wenn er Leistungen erbringe, für die er nicht ausgebildet sei. Dies gelte aber nicht für die Beauftragung im Sachverständigenverhältnis. Denn die Tätigkeit des Sachverständigen sei eine andere als die eines behandelnden Arztes, und der Empfänger eines Gutachtens nicht im selben Maße schutzwürdig wie ein Patient.
Auch könne der Arzt die Leistungen des Labors direkt selbst abrechnen. Die Parteien hätten sich auf die Gutachtenerstellung gegen Abrechnung der durchzuführenden Laboruntersuchungen nach der GOÄ verständigt. Damit sei es dem Arzt gestattet gewesen, die Untersuchungen eigenverantwortlich zu organisieren und so im Idealfall einen Gewinn bei der Eigendurchführung der Untersuchungen zu erzielen. Ihm sei aber auch freie Hand gelassen worden, die Untersuchungen in anderer Weise sicherzustellen. Voraussetzung sei lediglich gewesen, dass er die vereinbarte Abrechnung weiterhin nach der GOÄ vornehme und den Honorarrahmen nicht überschreite.
Das Gericht hielt eine Rückforderung der gezahlten Honorare darüber hinaus für treuwidrig, weil dem Freistaat von Anfang an der fehlende Fachkundenachweis des Mediziners bekannt gewesen war. Gleichwohl habe er sich entschlossen, den Arzt zu beauftragen, weil er auf dessen zuverlässige Aufgabenerfüllung vertraut habe.
Es lohnt sich, bei einer Beauftragung Verträge anwaltlich überprüfen zu lassen. Dann kann sich später kein Streit darüber ergeben. Anwältinnen und Anwälte im Medizinrecht findet man in der Anwaltssuche.
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- red/dpa