Rosie S. leidet seit ihrer Kindheit an einer starken Nussallergie. Die meisten süßen und salzigen Snacks sind für sie tabu, genauso wie einige Soßen und Salate. In Cafés und Restaurants ist sie darauf angewiesen, dass ein Kellner oder ein Koch ihr die Zutaten der Gerichte nennen kann. Eines Tages läuft aber etwas schief: Ausgerechnet in ihrem Lieblingsrestaurant gibt ein Kellner ihr eine falsche Auskunft. Sie erleidet einen allergischen Schock und muss ins Krankenhaus eingeliefert werden. Nun fragt sie sich, ob das Restaurant ihr Schmerzensgeld schuldet.
Restaurants haben Kennzeichnungspflicht
Wichtig für Allergiker: Bei den wichtigsten Allergenen müssen Restaurants ihre Gäste darüber aufklären, ob diese in ihren Gerichten enthalten sind oder enthalten sein könnten. Allergene sind Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe, die allergische Reaktionen auslösen können.
Gekennzeichnet werden müssen jene Allergene, die im Anhang II der EU-Lebensmittel-Informationsverordnung (VO (EU) Nr. 1169/2011) aufgeführt sind. Bei unverpackten Lebensmitteln – zum Beispiel in Restaurants – sind die Allergene nach einer deutschen Ergänzungsverordnung in der Speisekarte oder in einem Aushang zu kennzeichnen oder müssen dem Gast mündlich mitgeteilt werden.
Welche Zutaten kenntlich gemacht werden müssen
„Es genügt also unter Umständen, wenn die Kellner den Gästen auf Nachfrage erklären, welche Zutaten für die Gerichte verwendet werden“, informiert Rechtsanwältin Jana Grieb, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Dann müsse das Restaurant allerdings in einem Aushang darauf hinweisen, dass die Angabe der Zutaten mündlich erfolgt und eine schriftliche Auflistung auf Nachfrage zugänglich ist.
Und welche Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe müssen nun gekennzeichnet werden? „Viele Arten von Nüssen sowie Milch beziehungsweise Laktose fallen immer unter die Kennzeichnungspflicht“, sagt die Expertin aus München. Bei Zucker sei das nur der Fall, wenn es sich um Glukosesirup auf Weizen- oder Gerstebasis oder um Maltodextrine auf Weizenbasis handele.
Allergischer Schock: Werden die Aufklärungspflichten nicht erfüllt, kann das Restaurant haften
Informieren Restaurants, Cafés oder Gaststätten ihre Gäste nicht oder nicht richtig über die Inhaltsstoffe und erleidet ein Gast deshalb einen anaphylaktischen Schock, können sie dafür unter Umständen haftbar gemacht werden. Rosie S. hätte gegebenenfalls also einen Anspruch auf Schmerzensgeld gegen ihr Lieblingsrestaurant.
Fragt ein Gast nicht nach oder nimmt er die Informationen der Kellner nicht ernst, haftet die Gaststätte allerdings nicht, wenn er einen allergischen Schock erleidet.
Die rechtlichen Grundlagen für die Haftung ist zunächst der Vertrag, den der Gast und das Restaurant eingehen. Darüber hinaus kommt auch eine Haftung aus §823 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Betracht. Danach ist derjenige zu Schadenersatz verpflichtet, der die Gesundheit eines anderen vorsätzlich oder fahrlässig schädigt. Das gilt aber bei Verschulden eines Kellners nur, wenn das Restaurant sich nicht exkulpieren, also keinen entlastenden Beweis vorbringen kann.
Allergischer Schock beim Geschäftsessen kann Arbeitsunfall sein
Nun kann es sein, dass ein solcher allergischer Schock im Restaurant im beruflichen Umfeld stattfindet, zum Beispiel bei einem Geschäftsessen oder einer Weihnachtsfeier. „Unter Umständen kann es sich dabei um einen Arbeitsunfall handeln“, sagt Rechtsanwältin Grieb. Mit Blick auf eine Weihnachtsfeier gelte das allerdings nur, wenn der Unfall während des offiziellen Teils geschehe.
Bei einem Geschäftsessen oder während einer Geschäftsreise kommt es darauf an, ob für ein Essen betriebliche Gründe vorliegen. So hat das Bundessozialgericht am 30. Januar 2007 entschieden (AZ: B 2 U 8/06 R).
Erleidet ein Arbeitnehmer dann einen allergischen Schock, kann es sich um einen Arbeitsunfall handeln. Ein Essen aus betrieblichen Gründen kann zum Beispiel in Geschäftsessen sein, zu dem ein Arbeitnehmer sich mit einem potenziellen Kunden trifft, um Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zu besprechen.
- Datum
- Aktualisiert am
- 01.04.2016
- Autor
- vhe