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Allergiker

Allergischer Schock im Restaurant: Wer haftet?

Allergiker haben es in Restaurants oft schwer. © Quelle: bst2012/fotolia.com

Milchprodukte, Nüsse, Zitrus­früchte – viele Menschen reagieren auf diese oder andere Lebens­mittel allergisch. Während die entspre­chenden Inhalts­stoffe bei manchen nur leichtes Unwohlsein verursachen, sorgen sie bei anderen für starke allergische Reaktionen, die auch lebens­be­drohlich sein können. Gerade für diese Menschen sind Restau­rant­besuche kein Leichtes – immer müssen sie genau darauf achten, was sie zu sich nehmen. Angenommen, sie erleiden doch einen allergischen Schock in einem Restaurant: Kann es dafür haftbar gemacht werden?

Rosie S. leidet seit ihrer Kindheit an einer starken Nussallergie. Die meisten süßen und salzigen Snacks sind für sie tabu, genauso wie einige Soßen und Salate. In Cafés und Restaurants ist sie darauf angewiesen, dass ein Kellner oder ein Koch ihr die Zutaten der Gerichte nennen kann. Eines Tages läuft aber etwas schief: Ausgerechnet in ihrem Lieblings­re­staurant gibt ein Kellner ihr eine falsche Auskunft. Sie erleidet einen allergischen Schock und muss ins Krankenhaus eingeliefert werden. Nun fragt sie sich, ob das Restaurant ihr Schmer­zensgeld schuldet.

Restaurants haben Kennzeich­nungs­pflicht

Wichtig für Allergiker: Bei den wichtigsten Allergenen müssen Restaurants ihre Gäste darüber aufklären, ob diese in ihren Gerichten enthalten sind oder enthalten sein könnten. Allergene sind Zutaten und Verarbei­tungs­hilfs­stoffe, die allergische Reaktionen auslösen können.

Gekenn­zeichnet werden müssen jene Allergene, die im Anhang II der EU-Lebens­mittel-Informa­ti­ons­ver­ordnung (VO (EU) Nr. 1169/2011) aufgeführt sind. Bei unverpackten Lebens­mitteln – zum Beispiel in Restaurants – sind die Allergene nach einer deutschen Ergänzungs­ver­ordnung in der Speisekarte oder in einem Aushang zu kennzeichnen oder müssen dem Gast mündlich mitgeteilt werden.

Welche Zutaten kenntlich gemacht werden müssen

„Es genügt also unter Umständen, wenn die Kellner den Gästen auf Nachfrage erklären, welche Zutaten für die Gerichte verwendet werden“, informiert Rechts­an­wältin Jana Grieb, Mitglied der Arbeits­ge­mein­schaft Medizinrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). Dann müsse das Restaurant allerdings in einem Aushang darauf hinweisen, dass die Angabe der Zutaten mündlich erfolgt und eine schriftliche Auflistung auf Nachfrage zugänglich ist.

Und welche Zutaten und Verarbei­tungs­hilfs­stoffe müssen nun gekenn­zeichnet werden? „Viele Arten von Nüssen sowie Milch beziehungsweise Laktose fallen immer unter die Kennzeich­nungs­pflicht“, sagt die Expertin aus München. Bei Zucker sei das nur der Fall, wenn es sich um Glukosesirup auf Weizen- oder Gerstebasis oder um Maltodextrine auf Weizenbasis handele.

Allergischer Schock: Werden die Aufklä­rungs­pflichten nicht erfüllt, kann das Restaurant haften

Informieren Restaurants, Cafés oder Gaststätten ihre Gäste nicht oder nicht richtig über die Inhalts­stoffe und erleidet ein Gast deshalb einen anaphy­lak­tischen Schock, können sie dafür unter Umständen haftbar gemacht werden. Rosie S. hätte gegebe­nenfalls also einen Anspruch auf Schmer­zensgeld gegen ihr Lieblings­re­staurant.

Fragt ein Gast nicht nach oder nimmt er die Informa­tionen der Kellner nicht ernst, haftet die Gaststätte allerdings nicht, wenn er einen allergischen Schock erleidet.

Die rechtlichen Grundlagen für die Haftung ist zunächst der Vertrag, den der Gast und das Restaurant eingehen. Darüber hinaus kommt auch eine Haftung aus §823 des Bürger­lichen Gesetz­buches (BGB) in Betracht. Danach ist derjenige zu Schaden­ersatz verpflichtet, der die Gesundheit eines anderen vorsätzlich oder fahrlässig schädigt. Das gilt aber bei Verschulden eines Kellners nur, wenn das Restaurant sich nicht exkulpieren, also keinen entlas­tenden Beweis vorbringen kann.

Allergischer Schock beim Geschäftsessen kann Arbeits­unfall sein

Nun kann es sein, dass ein solcher allergischer Schock im Restaurant im beruflichen Umfeld stattfindet, zum Beispiel bei einem Geschäftsessen oder einer Weihnachtsfeier. „Unter Umständen kann es sich dabei um einen Arbeits­unfall handeln“, sagt Rechts­an­wältin Grieb. Mit Blick auf eine Weihnachtsfeier gelte das allerdings nur, wenn der Unfall während des offiziellen Teils geschehe.

Bei einem Geschäftsessen oder während einer Geschäftsreise kommt es darauf an, ob für ein Essen betriebliche Gründe vorliegen. So hat das Bundes­so­zi­al­gericht am 30. Januar 2007 entschieden (AZ: B 2 U 8/06 R).

Erleidet ein Arbeit­nehmer dann einen allergischen Schock, kann es sich um einen Arbeits­unfall handeln. Ein Essen aus betrieb­lichen Gründen kann zum Beispiel in Geschäftsessen sein, zu dem ein Arbeit­nehmer sich mit einem potenziellen Kunden trifft, um Möglich­keiten einer Zusammen­arbeit zu besprechen.

Datum
Aktualisiert am
01.04.2016
Autor
vhe
Bewertungen
6146
Themen
Gesundheit Lebens­mittel Schadens­ersatz

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